Wehrt euch gegen konfessionalisierten Hass!

Nach den Angriffen auf Drusen im Süden Syriens, steht nicht nur Syrien vor der Zerreißprobe, sondern auch die syrischen Communitys in Europa.
Von Thomas Schmidinger
neue-redaktion@neue.at
Das Assad-Regime nutzte systematisch die Furcht religiöser Minderheiten vor der sunnitischen Mehrheit, um an der Macht zu bleiben. Das funktionierte eine Zeit lang, trug aber auch dazu bei, einen politischen Konflikt zu konfessionalisieren. Spätestens mit der Machtübernahme sunnitischer Islamisten im vergangenen Dezember, den Massakern an Alawiten im März und den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Milizen und den Drusen in Suwaida, hat sich in Syrien die Logik konfessionalisierter Gewalt durchgesetzt.
Dass das neue Regime versucht hat, einen lokalen Konflikt zwischen sunnitischen Beduinen und Drusen zu nutzen, um das überwiegend von Drusen bewohnte Suweida unter Kontrolle zu bekommen und ausgerechnet Israel den Drusen zur Hilfe kam, hat das gesellschaftliche Klima in Syrien zusätzlich vergiftet. Die Weigerung des selbsternannten Übergangspräsidenten Ahmed al-Sharaa, auch nur irgendeine Dezentralisierung des Landes zuzulassen und die Ankündigung von Wahlen für ein Parlament, für das der nicht gewählte Präsident gleich ein Drittel der Abgeordneten selbst aussuchen will, trägt nicht im Geringsten dazu bei, das Vertrauen der Minderheiten in das neue Syrien zu gewinnen.
Tragisch ist dabei auch, dass diese Konfessionalisierung auch auf die syrische Diaspora in Europa übergreift. Auch in Europa kam es die letzten zwei Wochen verstärkt zu Hasspostings sunnitischer Islamisten aus Syrien und zu Demonstrationen, verbalen und teilweise physischen Angriffen auf Minderheiten. Bei einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus in Berlin haben syrische Islamisten zu Mord und Vergewaltigung von Drusen aufgerufen. In Wien kam es zu verbalen Angriffen syrischer Islamisten auf eine drusisch-kurdische Gedenkkundgebung.
Allein mit polizeilichen Maßnahmen wird man dem wachsenden Hass allerdings nicht Herr werden. Es wird Zeit, dass sich auch in Europa die vernünftigen Kräfte in der syrischen Diaspora organisieren und dagegen wehren, dass Minderheiten auch hier angegriffen werden.
