Kultur

Hedvig Haugerud mit nordischer Liedkunst in Bregenz

04.08.2025 • 13:10 Uhr
Im Sturm der Sehnsucht
Sopranistin Hedvig Haugerud. koehler

Mit Liedern von Grieg, Rangström und Sibelius entfaltete sie im Seestudio emotionale Tiefe.

Was für eine junge, frische und doch schon große Stimme! Im Seestudio präsentierte die 30-jährige norwegische Sopranistin Hedvig Haugerud an der Seite des erfahrenen schwedischen Liedpianisten Mats Knutsson ein Programm „Lieder aus dem Norden“ mit Werken von Edvard Grieg, Ture Rangström, Gösta Nyström und Jean Sibelius, natürlich alle in der norwegischen bzw. schwedischen Originalsprache: Unter dem Motto „Im Sturm der Sehnsucht“ entfalteten die beiden einen Reigen oft melancholischer, dann wieder warm glühender Emotionen, passend zum wolkenverhangenen Festspielabend und zeitlich angepasst, um vor der „Freischütz“-Aufführung fertig zu sein.

Im Sturm der Sehnsucht
Mats Knutsson begleitet sie am Klavier. koehler

“Flügel der Nacht”

Aus Skandinavien kommen große leuchtende Stimmen und auch Hedvig Hagerud, die vielfach ausgezeichnet wurde und große Erfolge als Salome feierte, ist auf Videomitschnitten bereits mit Wagner-Partien zu erleben. In den Liedern mit Griegs blühender Romantik, drängenden Aufschwüngen und der intensiven Steigerung von „Eros“ kann sie ihre große Stimme aber auch fein zurücknehmen. Interessant sind die spätromantischen Lieder des Schweden Ture Rangström: „Pan“ erinnert mit hellen Trillern über dunklen Akkorden an Debussys „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“, das unlängst im ersten Orchesterkonzert zu erleben war. Er erzählt von Verlust, dunkler Dramatik in „Flügel der Nacht“, Phantasien und einem Tanz zweier Seelen, in den der Komponist eine Mazurka einbindet.

Im Sturm der Sehnsucht
koehler

Kraft des Meeres

Die Natur und die Kraft des Meeres besingt Gösta Nyström in seinem kleinen Zyklus „Draußen in den Schären“ – bald mit silbrigem Wasserglitzern im Klavier, zauberisch in einer „Nocturne“, vollgriffig aufgewühlt oder fein zurückgenommen: Selbst in der etwas moderneren Tonsprache des 1966 verstorbenen Gösta Nyström ist die Vokalmusik von großer Klanglichkeit und Sinnlichkeit. Hochromantisch und reich an Farben sind die Lieder von Jean Sibelius, mit denen Hedvig Haugerud und Mats Knutsson ihr offizielles Programm beenden: Hier stechen die dunkle Dramatik von „Schwarze Rosen“ und der lebhafte Mutter-Tochter-Dialog  in „Das Mädchen kehrte von ihrem Geliebten zurück“ hervor, bevor das innige „War es ein Traum“ den rauschenden Schlusspunkt setzt.

Im Sturm der Sehnsucht
koehler

Herzlicher Beifall

Mit ihrer zurückhaltenden mädchenhaften Ausstrahlung, den kurzen persönlichen Moderationen und einer Stimme, die sich mühelos aufschwingt, aber auf einer kraftvollen Mittellage und Tiefe beruht, wirkt die Norwegerin sehr authentisch und sympathisch, natürlich wird sie dabei vom farbenreichen Spiel des Pianisten Mats Knutsson getragen. Der herzliche Beifall des Publikums und zwei Zugaben rundeten den nordischen Abend ab, von denen es dank der finnischen Intendantin Lilli Paasikivi in Zukunft vielleicht mehr geben wird.

Katharina von Glasenapp