Klimaziele bremsen die Investitionslust

Der Wassersport-Journalist Andreas Kling spricht auf der 64. Interboot in Friedrichshafen von großer Verunsicherung. Österreichische Aussteller wie Sunbeam Yachts orten Aufbruchstimmung.
Von Jochen Dedeleit
neueredaktion@russmedia.com
Andreas Kling machte gute Miene zum bösen Spiel. Der Journalist aus Kiel, der den Messerundgang der Friedrichshafener Wassersportmesse Interboot moderierte, betonte im NEUE-Gespräch, dass „eine große Verunsicherung aufgrund der großen Preissteigerung“ herrsche. Beim Rundgang sollte Optimismus verbreitet werden und einige wie Sunbeam Yachts vom Mattsee sehen auch Licht. „Wir sind seit 60 Jahren auf der Interboot, waren jetzt zwei Jahre nicht hier und haben gesehen, dass es ohne Interboot nicht geht. Wir haben schon 20 Gespräche terminiert“, so Vertriebsleiter Günter Ambrosi.

Bis zu 50 Prozent Preissteigerung
350 Aussteller aus 15 Nationen sind es heuer in den acht Messehallen, auf dem Freigelände, dem Messe-See und im Interboot-Hafen. Vor Corona waren es rund 450. „Deutschland befindet sich wirtschaftlich im Tal, in der Industrie fallen Arbeitsplätze weg, hohe Zölle drohen. Seit Corona sind es 30, teilweise 50 Prozent Preissteigerungen. Der Käufer fragt sich: Was finanziert er denn da?“, sagt Kling. Auch im Dreiländereck überlege sich ein Schweizer eine hohe Ausgabe drei Mal. „Die Investitionsbereitschaft ist nicht da, das Geld wohl schon. Und eine Überlegung ist auch: Was darf ich auf dem See in Zukunft?“, so der 62-Jährige. Er spielt damit auf die Klimaneutralität bis 2040 an.

Nachhaltigkeit
„Wenn Deutschland hustet, bekommt Österreich die Grippe“, sagt Ambrosi, der vergangenes Jahr keine Anfragen aus der Bodenseegegend hatte. Die Hauptkundschaft melde sich über das Internet, vergangenes Jahr mit 1200 Anfragen. „Die Interboot ist eine lokale Messe mit Produkten, die auf den See passen.“ Seit 1967 ist die Firma aus dem Flachgau dabei, heuer in Halle A3. Mit der Sunbeam 29.1. (Premiere/um 130.000 Euro, ausgerüstet um 180.000) setzt die Werft auf Nachhaltigkeit: Elektro-Antrieb als Standard, Teakholz ersetzt durch ein Naturprodukt aus Reishülsen, Flächen für Solarpaneele. Ambrosi: „Aber wir haben auch Einsteigerboote um 30.000, 40.000 Euro. Mit unseren Booten segeln die Leute über 50 Jahre. Gebrauchtboote machen mittlerweile ein Viertel unseres Business aus.“

Auch bei René Mureny und der Fun Products Handels-GmbH hat sich der Markt um 25 Prozent reduziert. „Aber die letzten Wochen waren sehr motivierend“, sagt der Reifnitzer. „Wir haben 400 Boote im Winterlager eingestellt.“ Aufträge für 2026 gebe es, „aber eben nicht so viele wie sonst“. Neue Modelle der Mastercraft NXT- und XT-Serie sind in Halle B2 ausgestellt, in B1 die Lasai Solar-Elektroboote, die 180 Kilometer schaffen. „Wir haben für Anschlussleistungen von 100 kW 1700 Meter Kabel für 50 Boote verlegt. Das war eine Investition von 100.000 Euro“, so Mureny. Am Wörthersee sei man mit 500 E-Boot-Zulassungen gut aufgestellt. Darum sagt er: „Das wird hier mit der Klimaneutralität bis 2040, wenn man sich die Infrastruktur ansieht, nicht funktionieren.“

Aussteller aus Vorarlberg
Das sagt auch der Lustenauer Harald Kräutler, der mit seinen Elektromaschinen wieder auf der Interboot ist. Die Firma Kräutler Elektromotoren ist neben den Unterstützern des MS Österreich der einzige Aussteller aus Vorarlberg und hat das MS Insel Mainau mit Ruderpropeller ausgerüstet. Neu ist heuer der E-Antrieb für die Beneteau First 30, den Kräutler mitentwickelt hat: eine elektrische Wellenanlage mit 5 kW für Motorboote bis 5 Tonnen Verdrängung, lautlos und emissionsfrei. „Von einer radikalen Umstellung bis 2040 halte ich nichts. Ich bin für eine vernünftige Mischung. Bei jedem Segelboot könnte die Umstellung schon passieren, das Problem sind die schnellen Boote“, so Kräutler.

Mehr als 20 Einsteigerboote in der Sonderschau „Mein erstes Boot“ oder ein America’s Cup-Simulator sind weitere Highlights. Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke stellt am Samstag seine ZDF-Dokureihe über Oktopusse vor. Skimboarding kehrt in die Halle A5 zurück. Beratung für Bootsurlaube gibt es in Halle A3, in Halle B4 Reisemobile und Zugfahrzeuge. Auf dem Messe-See zeigt Kitesurfer Ben Beholz Pump- und Wingfoiling, Jetski-Freestyle-Europameister Niels Willems sorgt für Action.

Und dann war da noch die Twiel Z7. Ihre schnabelartige Front erinnert an einen Kompressor-Sportwagen der 1930er-Jahre. Der emissionsfreie chinesische ePropulsion-Antrieb beschleunigt den Doppelrümpfer mit zwei Mal 20 kW auf fast 40 Knoten. Der Preis: 387.000 Euro.

