Wälderhalle: Suche nach Schuldigen ist sinnlos

NEUE-Sportchef Hannes Mayer hat sich Gedanken zum Aus der Wälderhalle gemacht.
Die Wälderhalle wird nicht gebaut. Diese Klarheit herrscht nach den öffentlichen Reaktionen auf die NEUE-Berichterstattung vom Dienstag: Das Projekt ist tot. Rund drei Millionen Euro ist die Finanzlücke aktuell groß, nach dem Winter wäre der Fehlbetrag ob der Inflation und des gestiegenen Baukostenindex abermals deutlich größer gewesen. Für den EC Bregenzerwald ist das Scheitern der Wälderhalle eine verpasste Jahrhundertchance, deshalb kann man aus emotionaler Sicht die Verantwortlichen vom EC Bregenzerwald durchaus verstehen, wenn sie Schuldige suchen und dabei bei der Regio Bregenzerwald landen: Weil eben die 24 Wälder-Gemeinden die Finanzierungslücke der Wälderhalle nicht stopfen wollten.
Aber eben auch nicht konnten, da die Kassen einfach leer sind. Die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg und die damit verbundene Kostenexplosion haben tiefe Krater in die Budgets der Kommunen gerissen. Der Bau einer Eishockeyhalle genießt keine Priorität, wenn die Grundversorgung der Bevölkerung infrage steht. Darum greift der ECB-Vorwurf an die Regio zu kurz. Denn die öffentlichen Förderungen für die Wälderhalle hätten mit 6,5 Millionen vom Land und 600.000 von der Regio in Summe 7,1 Millionen Euro betragen, zudem hätte die Regio Bregenzerwald den Projektbetreibern gar noch eine Million Euro obendrauf an Bedarfszuweisung zukommen lassen – das ist ein Finanzierungszuschuss aus Sondertöpfen von Land und Bund an die Gemeinden.
Bei solchen Förderungszusagen in Krisenzeiten wie diesen von einer zu geringen öffentlichen Unterstützung zu sprechen, ist eine sehr offensive Vorgehensweise, zumal ECB-Präsident Guntram Schedler auf Facebook die 600.000 Euro von der Regio als „keine Unterstützung“ einstuft. So macht man sich keine Freunde. Andererseits gilt es zu verstehen, was das Scheitern der Wälderhalle für den EC Bregenzerwald bedeutet: Der Verein wird bis zum letzten Puckeinwurf seiner Klubgeschichte Gast in einer fremden Halle sein. Dass ob solch einer Aussicht die Verzweiflung groß ist, muss man bei der Bewertung der Vorwürfe schon auch mitbedenken, zumal die Investorengruppe um Hans Metzler bereits eine Million Euro in das Projekt investiert hat. Das Geld ist weg. Soll heißen: Bei so einer Gemengelage eine ausschließlich sachliche Diskussion von den betroffenen Personen einzufordern, wäre vermessen. Der EC Bregenzerwald steht vor dem Nichts.

Einfache Formel
Trotzdem ist es aus neutraler Sicht wichtig, klar zu benennen, dass die Regio Bregenzerwald und ganz konkret deren Obfrau Bianca Moosbrugger-Petter weder die Schuld noch die Verantwortung für das Scheitern der Wälderhalle trägt. Die Verantwortung für ein gescheitertes Bauvorhaben trägt immer der Bauherr. Die Formel ist ganz einfach: Wer bauen will, muss dafür sorgen, den Bau auch umsetzen und bezahlen zu können.
Zumal die nun klaffende Finanzierungslücke nicht zuletzt auf ein schweres Versäumnis der Investoren zurückgeht: Metzler und Co. hatten nämlich über ein halbes Jahrzehnt lang vergessen, die Kosten für die technische Ausrüstung der Halle den aktuellen Preisen anzupassen. Diesen gravierenden Fehler blenden Schedler und Metzler bei ihrer aktuellen Bewertung völlig aus, obwohl dafür niemand was kann außer sie selbst. Letzten Endes hätte es die Investorengruppe der Wälderhalle selbst in der Hand, die fehlenden knapp drei Millionen auf den Tisch zu legen und damit alle Diskussionen recht einfach zu beenden. Klar, das sagt sich leicht, aber umgekehrt macht es sich ja auch Schedler leicht, wenn er verlangt, dass die Regio Bregenzerwald das Budgetloch stopft. Sportlandesrätin Martina Rüscher machte schon vor zwei Monaten im NEUE-Interview einen Perspektivwechsel: „Es obliegt der Investorengruppe zu entscheiden, ob sie das Projekt unter den gegebenen Umständen umsetzen wollen und können oder nicht.“ Weiters sagte Rüscher: „Und ja, ich verstehe Hans Metzler. Je mehr Zeit verstreicht, desto höher werden in Anbetracht der Inflation die Kosten. Ich verstehe, warum die Investoren zögern.“
Die Landesrätin hat also die Projektbetreiber als entscheidenden Faktor benannt – und eben nicht die Regio, bestimmt im Wissen, dass die Regio Bregenzerwald einfach nicht mehr beisteuern kann: Wo kein Geld ist, kann kein Geld verteilt werden.
Politisch wird ja ohnehin genau andersrum ein Schuh draus: Ohne den großen persönlichen Einsatz von Landesrätin Rüscher wäre das Projekt Wälderhalle wohl schon vor Jahren gestorben. Rüscher, die in Andelsbuch lebt, setzte sich für eine massive Förderungserhöhung ein und bewirkte eine Subventionsaufstockung des Landes Vorarlberg von 4,2 Millionen Euro auf 5,1 Millionen Euro und letztendlich 6,5 Millionen Euro. Gegenüber der NEUE bezeichnete die Sportlandesrätin die Wälderhalle gar als „Herzensprojekt“. Rüschers Verbundenheit unterstreicht ein noch weiterer Blick zurück in die Vergangenheit: Als am 12. September 2019 bei einem Pressegespräch in Andelsbuch der vermeintliche Startschuss für den Bau der Wälderhalle fiel, moderierte Rüscher damals noch als Leiterin der Kommunikationsagentur VIA3 gar die Pressekonferenz.

Explodierende Kosten
Diese große emotionale Verbundenheit Rüschers zur Wälderhalle war sicherlich kein Nachteil für die Projektverantwortlichen um Investorensprecher Hans Metzler. Kein Nachteil bei den Verhandlungen mit dem Land Vorarlberg war sicherlich auch Hans Metzlers Nähe zur heimischen Politik. Das alles lindert freilich nicht die Enttäuschung des EC Bregenzerwald und der gescheiterten Investorengruppe. Doch wenn der ECB einerseits die aus seiner Sicht zu geringe Förderung der Regio kritisiert, gilt es auch, die loyal und üppig zugesagte Landesförderung zu thematisieren, die im laufenden Jahr trotz Landesbudgetloch und massiver Kürzungen im Sport unangetastet blieb – was viele in der Vorarlberger Sportszene nicht verstanden haben. Dass in der Wälderhalle eine Disco untergebracht werden sollte, werteten viele heimische Sportfunktionäre als Kalkül, als Mittel zum Zweck viel Fördergeld einzuheimsen – und um die Diskussion zu emotionalisieren. Wobei das freilich eine nicht zu beweisende Unterstellung ist.
Klarheit schaffen wie immer Fakten, wie der Blick auf die Kostenentwicklung: 2016 ging man von 7 Millionen Euro Baukosten für die Wälderhalle aus, als dann bei der besagten Pressekonferenz im September 2019 das finalisierte Projekt vorgestellt wurde, betrugen die Kosten bereits 10 Millionen Euro. Es folgten weitere Kostensprünge auf 13 Millionen Euro, 14,7 Millionen Euro und nun 18,8 Millionen Euro. Und das, obwohl man die Zuschauerkapazität im Laufe der Jahre um ein Drittel von 1800 auf 1200 Plätze verringerte und aus dem architektonisch wertvollen Rundbau ein konventionelles Rechteck wurde. Das lichtdurchlässige Dach wurde durch ein gewöhnliches Flachdach ersetzt, das 2019 eingeplante Restaurant überhaupt ersatzlos gestrichen.

Rückblick
Klar ist: Jede neue Eisfläche ist gut für das Vorarlberger Eishockey. Klar ist auch, dass eine Eishalle in Andelsbuch dem EC Bregenzerwald einen enormen Schub gegeben hätte. Aus sportlicher Sicht ist das Aus der Wälderhalle ein Drama, der EC Bregenzerwald hat ohne eigene Heimstätte zumindest in der semiprofessionellen Alps Hockey League wohl keine große Zukunft mehr. Der 1985 gegründete Wälder Eishockeyverein stand schon Anfang der 2010er-Jahre vor der Existenzfrage, als man nur noch dank einer Sondergenehmigung in der Freiluftarena Alberschwende an der Nationalliga teilnehmen konnte. 2011 bekam man von der Gemeinde Alberschwende einen letzten Aufschub von einer weiteren Spielzeit – ehe der marode Freiluftplatz im Jahr 2012 abgerissen wurde.
Auch damals gab es seitens Schedlers Vorwürfe an den Bürgermeister samt Rechenspiele, wie der Abriss zu verhindern gewesen wäre; und dass man in Alberschwende, was im Nachhinein eine gewisse Tragik hat, mit der Entscheidung warten hätte sollen, bis der ECB einen Standort für die Wälderhalle gefunden hätte. Damals sollte die Wälderhalle noch knapp vier Millionen Euro kosten. Zwei Millionen wollte man mit Investoren und Krediten finanzieren, die anderen zwei Millionen Euro, „eineinhalb Fußballplätze“, wie Schedler betonte, sollten aus öffentlichen Mitteln kommen, für ein Projekt, das auch für Sportarten wie Klettern, Inline, Streetfußball, Volleyball oder Basketball eine Heimat schaffen würde. Allein: Das Projekt überzeugte niemanden.

Nach dem Abriss der Freiluftarena übersiedelten die Wälder nach Dornbirn, wo sie seit 2012 zu Gast sind. Bis 2022 kooperierte man mit dem Dornbirner EC, nach dem ICE-Ausstieg der Bulldogs ging der EC Bregenzerwald eine Partnerschaft mit den Pioneers ein. Im Grunde war man beim ECB immer heimatlos oder dort, wo man Heimat wähnte, eher doch nur geduldet, sowohl in Alberschwende als auch in Dornbirn, was die Sehnsucht nach einer eigenen Halle noch deutlicher macht. Das alles macht betroffen, denn beim ECB haben sie, wenn es um Eishockey an sich geht, das Herz wirklich auf dem rechten Fleck. Dem gegenüber stehen allerdings in all den Jahren viele Attacken gegen andere Vorarlberger Eishockeyvereine, die ausländischen Konkurrenten in der Alps Hockey League, der Ligaführung, dem Verband und weiteren Obrigkeiten. Der ECB hat sich ein Profil mit sehr vielen scharfen Ecken und Kanten gezimmert.
In den sozialen Netzwerken rechnet ECB-Boss Schedler derweil mit vielen Rufzeichen vor, wie die fehlenden 2,9 Millionen Euro für die Wälderhalle aufzubringen wären: 500.000 Euro soll die Standortgemeinde Andelsbuch übernehmen sowie 400.000 Euro Erschließungskosten nachlassen, die Regio Bregenzerwald soll 200.000 Euro für die Bushaltestelle und die Müllentsorgung übernehmen, die zwei Wälder Marktgemeinden Bezau und Egg sollen je 190.000 Euro übernehmen, die vier großen Tourismusgemeinden je 180.000 Euro und alle anderen 17 Gemeinden je 41.200 Euro. Bei aller Hoffnung, dass sich in letzter Sekunde vielleicht doch noch eine Lösung auftut und bei allem Verständnis für die Wut und Verzweiflung beim ECB: Mit einer solchen Selbstverständlichkeit Millionenbeiträge von der öffentlichen Hand einzufordern, kommt vielerorts nicht gut an. Zumal nicht zu vergessen ist, wie schwer sich eben der EC Bregenzerwald tat, überhaupt ein Grundstück für die Eishalle zu finden. Neun Projekte in sechs verschiedenen Gemeinden scheiterten, was, so hart das klingt, aufzeigt, wie überschaubar letztendlich die Bedeutung ist, die der EC Bregenzerwald außerhalb seiner Klubblase in seiner Heimatregion hat.
Nach 22 Jahren Standortsuche für die Wälderhalle blieb einzig Andelsbuch als letzte Option übrig. 2018 wickelte die Gemeinde nach kontroversen Diskussionen schließlich den Grundstücksverkauf ab. Dass die Andelsbucher nun via Facebook von Schedler dafür ausgerichtet bekommen, dass man knapp eine Million beisteuern müsse, weil man nur Vorteile durch die Halle hätte, ist eine sehr aggressive Strategie. Wobei Schedler da grundsätzlich durchaus einen Punkt hat: Das Betriebsgebiet im Andelsbucher Ortsteil Sporenegg, dort, wo die Wälderhalle entstehen hätte sollen, wurde nur durch die Planungen der Halle möglich.
Andererseits war der EC Bregenzerwald überall sonst nicht gewollt. Dass die Andelsbucher bei der Zusage für die Wälderhalle auch anderweitige Interessen verfolgten, kann man ihnen kaum vorwerfen. Ohne diese Eigeninteressen hätten sie den Wälderhalle-Betreibern womöglich das Grundstück gar nicht verkauft. Was den Kreis schließt: Dass die Wälderhalle nicht ausfinanziert ist, liegt nicht im Verantwortungsbereich der Gemeinde Andelsbuch und auch nicht der Regio. Ein höherer direkten Beitrag der Regio Bregenzerwald als die nunmehrigen 600.000 Euro stand nie zur Debatte, im Gegenteil, der Beitrag wurde von 300.000 auf 600.000 Euro verdoppelt. Daher muss man zweifeln, ob Schedlers Vorhaltungen an die regionale Politik zielführend sind, auch was das Wettern gegen Auflagen betrifft: So wurde seinem Empfinden nach eine überdimensionierte Bushaltestelle vor der Wälderhalle gefordert, womit er den Eindruck vermittelt, es besser zu wissen als die Sachverständigen.

Der ECB-Präsident schreibt auch, die Gemeinde Andelsbuch sei „in den letzten acht, neun Jahre für die massiven Verzögerungen verantwortlich“. Schon im Laufe des Sommers erhöhte Schedler und seine Gefolgschaft beim ECB, zu der auch der Präsident des Vorarlberger Eishockeyverbands, Florian Kleber, zählt, mit diversen Postings den Druck auf die Regio Bregenzerwald. So postete Florian Kleber ein Video, das mit einer Szene der Simpsons beginnt, bei der Homer eine Flasche Bier in seiner Hand mit den Worten anbetet: „Erweitere mein Gehirn, Lernsaft.“ Es folgt ein Schnitt auf Kleber, der wie Homer aus der Bierflasche trinkt, unterlegt von Homers gierigen Schluckgeräuschen, und nach dem Absetzen sagt: „Wer sonst noch einen guten Lernsaft brauchen könnte, ist unsere Regionalpolitik.“
Die Frage des Stils darf freilich nicht über Förderungszusagen entscheiden, aber dass die Wälder mit solchen Aktionen die politischen Vertreter fünf Minuten nach zwölf noch umzustimmen vermögen, ist eher nicht zu erwarten. Wobei, und das ist auch klar, entweder jetzt oder wohl nie mehr was passiert.
Laut Regio-Obfrau Moosbrugger-Petter gibt es ohnehin keinen Ausweg mehr, da alle Beteiligten, also auch die Betreiber um die Investorengruppe von Hans Metzler, das Aus des Projekts gemeinsam beschlossen hätten. Was bleibt ist: Die Frage nach dem Schuldigen stellt sich einfach nicht. Letztendlich ist es vielleicht einfach so, dass der EC Bregenzerwald am Ende einer Odyssee angekommen ist, auf der man zu wenig Mitstreiter und Argumente sammeln konnte, auch wenn der sportliche Erfolg in der Alps Hockey League in Anbetracht der Möglichkeiten beachtlich ist und viele junge Österreicher für den ECB spielen. Dazu passt ins Bild, dass ein kollektiver Aufschrei der Bregenzerwälder Bevölkerung nach dem Aus der Wälderhalle bislang ausblieb, es abgesehen vom engsten ECB-Kreis nur vereinzelte öffentliche Kritik gab.

Liebe kann man eben nicht erzwingen. Und vielleicht ist genau diese fehlende breite Zuneigung und Begeisterung für den ECB im Bregenzerwald neben all den budgetären Erklärungen auch ein kleiner Grund, weshalb Schedler und Co. so oft und scheinbar jetzt final gegen eine verschlossene Tür gerannt sind.
Um es überspitzt mit Wolfgang Ambros zu sagen: Vielleicht war man in all den Jahren ein wenig zu goschert, um wirklich dazuzugehören. Soll heißen: Mitunter hat man beim ECB mit seiner Verbissenheit viele einfach auch abgeschreckt. Mit einer Charmeoffensive und positiven Zeichensetzungen hätte man wahrscheinlich mehr erreicht.

Wie es auch sei, es ist schade, dass die Wälderhalle nicht gebaut wird, weil der EC Bregenzerwald ein Farbtupfer in der österreichischen Eishockeylandschaft ist. Aber vielleicht sind das Eishockey-Potenzial und die Nachfrage nach Eishockey im Bregenzerwald letztendlich einfach nicht so groß, wie das Schedler und seine Mitstreiter glauben. Die Hoffnungen auf ein Happy End sind jedenfalls am Nullpunkt.