Sport

„Da reden Sie aber mit der Falschen!“

21.10.2025 • 18:42 Uhr
Hanna Devigili
Karate Austria

HINTERGRUND. Karate-Ass Hanna Devigili kämpfte sich in Paris souverän durch die WM-Qualifikation. Die Ex-Kadetten-Europameisterin aus Fraxern freut sich nun auf die Pyramiden, nachdem der Eiffelturm abge­hakt werden konnte. Die 22-Jährige will die fünf Wochen bis zur WM nutzen, um ihre Stärken auszubauen.

Lejla Topalovic (- 61 kg) und Lora Ziller (+ 68 kg) hatten sich beim WM-Qualifikations-Turnier in Paris an den ersten beiden Wettkampftagen schon die Tickets für die Karate-Weltmeisterschaft Ende November in Kairo gesichert, dann erst durfte die ehemalige Kadetten-Europameisterin Hanna Devigili aus Fraxern auf die Matten des Stade Pierre de Coubertin. In der Gewichtsklasse bis 68 Kilogramm wurde die 22-Jährige, die sich zuletzt beim Series-A-Finale in Kuala Lumpur/Malaysia bis ins Halbfinale kämpfte, in eine kleine Gruppe gelost, in der sich im Round-Robin-System lediglich die Gruppensiegerin für das dann entscheidende Match qualifizieren konnte. Die NEUE fragte bei der Tochter des ehemaligen Karate-Welt- und Vizeweltmeisters Daniel Devigili (54) nach, wie sie die Tage in Frankreich erlebt hat und ob die Gefreite des Heeresleistungssportzentrums in Dornbirn, das ihr Vater leitet, ihr Ziel nun schon erreicht hat.

Gratulation, der Eiffelturm ist – sinnbildlich – erklommen, die Pyramiden warten. Sie waren mit ihrer Gewichtsklasse wie immer am Schlusstag einer Meisterschaft im Einsatz, das Warten war wohl noch unerträglicher als sonst?
Hanna Devigili:
Dankeschön! Ja, die Frage ist, wann der Druck weniger groß ist: wenn sich bis am letzten Tag noch niemand qualifiziert hätte und alles an dir hängt oder wenn sich schon zwei Athletinnen qualifizieren konnten und du, die als heißestes Eisen galt, wie in der Mitteilung von karate-austria zu lesen war, erst in den Wettkampf gehst. Und ich muss sagen: ich war so glücklich, dass es die beiden schon geschafft hatten. Es ist einfach schade, wenn die eine der anderen etwas nicht gönnen kann. Ich wollte es nun umso mehr. Lejla und Lora haben mir gesagt, dass ich körperlich so gut beieinander bin, da könne nichts schiefgehen, wenn dir der Kopf keinen Streich spielt.

In Ihrer Gewichtsklasse befanden sich 58 Teilnehmerinnen, es gab zwölf Gruppen …
Devigili: …
und ich wurde in eine Dreiergruppe gelost, in der sich nur die Gruppensiegerin für das dann entscheidende Match qualifizieren konnte. Gegen die Russin Yana Golubova, die ja nicht unter der russischen Flagge startete und somit kein klassisches Kämpferprofil einzusehen war und zudem etwa fünf, sechs Zentimeter größer als ich ist und damit Reichweitenvorteile hatte, konnte ich einen 9:6-Erfolg einfahren. Die Chilenin Anastasiia Velozo, die eigentlich aus der Ukraine stammt, konnte ich mit 3:0 besiegen. Gegen die Dänin Line Zacho gewann ich 6:4, wobei ich nach einer 1:0-Führung nach einem Ippon mit 1:3 in Rückstand geriet. Am Ende konnte ich das Match drehen. Mir war natürlich klar, dass das Ganze nicht einfach werden sollte. (lacht)

Hanna Devigili
Hanna Devigili präsentiert stolz ihr Ticket für Kairo. Privat

Alle drei rot-weiß-roten Kumite-Kämpferinnen konnten sich qualifizieren, ein Quartett hat es nicht nach Ägypten, wo erstmals in der WM-Geschichte nur 32 Athletinnen und Athleten pro Gewichtsklasse antreten dürfen, geschafft.
Devigili:
Es haben nicht so viele an uns geglaubt. Auch in unserem Verband wären sie über eine WM-Teilnehmerin schon froh gewesen, bei zwei hätten sie gesagt: ‚Super!‘ Jetzt sind es drei. Das hat nochmal einen fetten Motivationsschub gegeben. Jetzt weiß ich, dass die Arbeit erst richtig losgeht.

Dafür bleiben fünf Wochen Zeit. Was ist in dieser Zeit überhaupt möglich?
Devigili:
Wir arbeiten ja mit einem belgischen Coach zusammen, der kommt etwa mit Quentin Mahauden, der bei Series-A-Turnieren schon Gold, Silber und Bronze gewonnen hat und Achter des Worldrankings ist. Ich weiß, wer sich für Kairo qualifiziert hat, diese Mädels sind einfach unglaublich. Unter anderem die Olympiasiegerin und die Zweitplatzierte von Tokio. Die sind teilweise über 30 Jahre alt und extrem erfahren. Aber ich freue mich, mit ihnen in den Wettkampf zu treten. Nach der Qualifikation folgt jetzt die Draufgabe, in der alles möglich ist. Das hat mein Vater schließlich auch schon bewiesen.

Es ist also nicht so, dass das Ziel schon erreicht ist, und die Teilnahme bei der WM nach dem Motto erfolgt: Was wollt ihr denn, ich bin doch hier?
Devigili:
Da reden Sie aber mit der Falschen. Eine WM ist nur alle zwei Jahre, das ist mein bisheriges Karrierehighlight. Dass mit der Quali alles vorbei ist, denke ich nun wirklich nicht. Wir haben uns ein halbes Jahr auf Paris vorbereitet, das war tough. Jetzt folgen fünf Wochen, in denen die Stärken stärker gemacht werden sollen und das Vertrauen in diese in Kairo auch vorhanden sind. Auch wollen wir kleine Fehler weiter ausmerzen, was nach Kuala Lumpur bis Paris auch schon in einigen Bereichen geklappt hat.

Einen Besuch der Pyramiden gönnen Sie sich aber?
Devigili:
Wir haben auch den Eiffelturm gesehen, in der Nacht, wenn er glitzert. Statt Medaillen hat es einen Boarding Pass gegeben, auf dem der Eiffelturm und die Pyramiden zu sehen sind. Das hat ja alles gepasst. Die Spannung werde ich auch in Kairo hochhalten können, mit Pyramiden wäre es stimmiger.

Von Jochen Dedeleit