„Kinderschutz beginnt damit, hinzusehen“

Beim Spaziergang im Kinderdorf Kronhalde wird sichtbar, wie feinfühlig der Alltag für Kinder gestaltet werden muss und welchen Beitrag Menschen wie Kathrin Stocker dazu leisten.
in Besuch im Vorarlberger Kinderdorf Kronhalde zeigt, wie breit der Alltag im Kinderschutz heute geworden ist und warum diese Einrichtungen darauf angewiesen sind, sensibel auf die einzelnen Personen einzugehen und gleichzeitig klare Strukturen im Alltag zu leben.
Beim Kinderschutz-Spaziergang führten vergangenen Freitag Mitarbeitende durch das Gelände, erzählten von herausfordernden Situationen und von Momenten, in denen Schutz, Nähe und Grenzen präzise ausbalanciert werden müssen. Kathrin Stocker, Stabstelle Kinderschutz im Kinderdorf Vorarlberg, begleitet diesen Weg beruflich seit knapp zwei Jahren.

Zuvor war sie, ebenfalls im Kinderdorf, in der Elternberatung tätig und seit Anfang 2024 gestaltet sie den Kinderschutzbereich für die gesamte Einrichtung mit. „Ich unterstütze Fachbereiche dabei, Prozesse zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln, damit Kinderschutz immer besser gewährleistet werden kann“, sagt sie. Ein Arbeitsfeld, das Schulungen, Risikoanalysen und viel Reflexion umfasst.
Durch das Dorf
Der Rundgang führt an Wohngruppen vorbei, in denen Kinder und Jugendliche leben, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können. Hier wird der Alltag geprägt von individueller Betreuung, aber auch von Regeln, die für Sicherheit sorgen sollen. Die Türen bleiben zum Beispiel offen, wenn ein Betreuer einem Kind eine Gutenachtgeschichte vorließt. Aufsicht ist hier Pflicht, doch gleichzeitig wünschen sich die Kinder ab und zu etwas mehr an Freiraum.

Langsam gewachsen
Die Geschichte des Kinderdorfs Vorarlberg zeigt, dass sich die Haltung zu Kinderschutz über die letzten Jahrzehnte entwickelt hat. Erste interne Leitlinien dazu entstanden bereits im Jahr 2003; seither wurden die Konzepte laufend überarbeitet. Heute arbeiten über 300 Mitarbeitende im Kinderdorf. Insgesamt werden mehr als 3200 Kinder und Jugendliche von der Organisation betreut. Allein in den Wohngruppen, welche quer durch Vorarlberg verteilt sind, werden über 70 Kinder stationär betreut.

Allgemeine Aufgabe
Der Spaziergang macht sichtbar, wie stark sich Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe versteht und wie wichtig es ist, offen über Fehler oder historische Missstände zu sprechen. Stocker beschreibt diesen Mut als zentralen Teil guter Arbeit: Dinge benennen, Verantwortung übernehmen und daraus lernen. „Kinderschutz bedeutet für mich, genau hinzusehen, zuzuhören und Kindern Sicherheit zu geben“, sagt sie.

Dass der Bedarf an professioneller Haltung heute höher denn je ist, zeigt sich in vielen Gesprächen entlang des Weges. Stocker sieht Bildungseinrichtungen, Politik und jede einzelne Person in der Verantwortung. Denn Kinderschutz ist kein isoliertes Fachthema.