Vorarlberg

Welt-Aids-Tag: „Mythen gibt es leider weiterhin viele“

30.11.2023 • 23:00 Uhr
Manuela Köhler in der Anlaufstelle in Bregenz, die am 1. Dezember umbenannt wird.<span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Manuela Köhler in der Anlaufstelle in Bregenz, die am 1. Dezember umbenannt wird.Klaus Hartinger

Immer noch gibt es viel Stigmatisierung im Zusammenhang mit dem HI-Virus. Der heutige Welt-Aids-Tag am 1. Dezember soll die Rechte der HIV-Positiven bestärken.

Ein bis zwei Personen infizieren sich in Österreich pro Tag mit dem HI-Virus. Österreichweit leben etwa 1000 Menschen mit HIV (Stand 2022), 260 davon in Vorarlberg. „Eine sexuell übertragbare Erkrankung kann jeden treffen, der sexuell aktiv ist, unabhängig von der sexuellen Orientierung“, sagt Manuela Köhler, Geschäftsführerin der Aids-Hilfe-Vorarlberg, welche ab 1. Dezember in Sexuelle Gesundheit Vorarlberg umbenannt wird. Diese Namensänderung soll die Zielgruppe der Anlaufstelle in Bregenz erweitern. Trotzdem bleibt das Thema HIV ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, da immer noch viel Informationsarbeit und Arbeit gegen Diskriminierung notwendig ist.

Neuinfektionen seit 2000. <span class="copyright">Apa</span>
Neuinfektionen seit 2000. Apa

Denn es haben sich immer noch falsche Mythen in der Gesellschaft gehalten, zum Beispiel, dass HIV hauptsächlich homosexuelle Männer betreffe und etwa, dass HIV und Aids das gleiche seien. „Dank verbesserter Therapie haben HIV-positive Menschen die Perspektive, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das bedeutet aber nicht, dass sie dadurch weniger diskriminiert werden“, so Köhler. Daher ist laut Köhler die Unterstützung und die gesellschaftliche Solidarität mit den HIV-positiven Menschen wichtig, um einer Diskriminierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken. Neben der täglichen präventiven Arbeit von „Sexuelle Gesundheit Vorarlberg“, erinnert der Welt-Aids-Tag im Dezember an die Erkrankung und die Rechte der Infizierten.

Testmöglichkeiten

Sexuelle Gesundheit Vorarlberg

Wann? Dienstag zwischen 17 und 19 Uhr

Was? Anonyme Testungen zu HIV und anderen sexuell übertragbare Erkrankungen

Wo? Sexuelle Gesundheit Vorarlberg (AIDS-Hilfe), Kaspar-Hagen-Straße 5, 6900 Bregenz

neue Website: sg-voarlberg.at


HIV-Infizierte werden in der Gesellschaft nämlich oft noch diskriminiert, obwohl heutzutage HIV-positive Menschen unter einer effektiven Therapie nicht mehr infektiös sind. Das bedeutet laut Köhler konkret, dass das Virus nicht weitergegeben werden kann, nicht beim Sex, nicht in der Schwangerschaft, nicht bei der Geburt. Eine HIV-Infektion sei zwar immer noch nicht heilbar, aber müsse nicht mehr tödlich verlaufen. Dank verbesserter Therapien hätten Infizierte eine Lebensperspektive. Die Medikamente der HIV-Therapie verhindern die Vermehrung von HI-Viren und drücken die Viruslast unte die Nachweisgrenze, wodurch sich das Immunsystem stabilisieren kann und funktionsfähig bleibt.

40 Prozent zu spät

Dafür ist aber eine frühe Diagnose ausschlaggebend. „Nach wie vor werden fast 40 Prozent aller HIV-Diag­nosen in Österreich zu einem späten Zeitpunkt gestellt“, so Köhler. „Eine frühzeitige Diag­nose der HIV-Infektion ist essentiell, um den individuellen, aber auch gesellschaftlichen Verlauf der Infektion positiv zu beeinflussen: HIV ist zwar nicht heilbar, aber heute sehr gut behandelbar.“

Experten berichten laut Köhler von einer Steigerung sexuell übertragbarer Infektionen. Diese würden vermehrt asymptomatisch verlaufen. Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit verstreichen meist Jahre. Deswegen sollte nicht auf Symptome gewartet werden, sondern nach Risikobegegnungen bald getestet werden.

Forderungen aus der Politik

Noch wichtiger ist Prävention. Impfung und Heilungsmöglichkeiten gibt es nämlich noch keine, wodurch es um Schutz vor einer Infektion geht. „Ich appelliere zum Safer Sex! Dies bedeutet, sich und das Gegenüber beim Sex konsequent zu schützen und die eigene Sexualität verantwortungsvoll zu leben“, rät Köhler. Neben Kondomen ist das vorbeugende HIV-Medikament PrEP, eine präventive Maßnahme. Sie kann von HIV-negativen Menschen eingenommen werden, um einer Ansteckung vorzubeugen.


Diese kosten ab 59 Euro pro Packung zuzüglich der erforderlichen Untersuchung bei einem HIV-Spezialisten. „Damit ist dieses wirkungsvolle, präventive Medikament für viele, besonders vulnerable Gruppen nicht oder schwer leistbar und der Zugang damit sehr hochschwellig“, kritisiert Köhler. Die Aids-Hilfen Österreich setzen sich aktiv für einen kostenfreien Zugang ein. Ebenso forderten die Vorarlberger Grünen gestern in einer Aussendung einen kostenlosen und niederschwelligen Zugang. Die Gesundheitsprecherin der Grünen, Nadine Kasper, verweist dabei auf Vorbilder wie Deutschland und Australien. „HIV soll und kann der Vergangenheit angehören“, fordert sie und bezeichnet die kostenlose Abgabe von PrEP als Chance dafür.

Drei Fragen an

1 Was sind HIV und Aids und welche Symptome gibt es?

Manuela Köhler: HIV ist eine chronische Erkrankung, welche durch ein Virus ausgelöst wird. HIV ist die Abkürzung für Humanes Immunschwäche-Virus. Eine HIV-Infektion geht kurz nach der Ansteckung (bis zu zwei Wochen) üblicherweise mit grippeähnlichen Symptomen einher. Diese sind so unspezifisch, dass sie meist nicht erkannt werden. Dann kommt es nach unterschiedlicher Zeit zu einer Schwächung des Immunsystems und zum Auftreten von bestimmten Erkrankungen. Das Virus kommt bei infizierten Menschen im Blut, Sperma, Scheidenflüssigkeit, Gehirnflüssigkeit und Muttermilch vor.

2 Wie wird der HI-Virus übertragen?

Köhler: Durch ungeschützten vaginalen und analen Geschlechtsverkehr und bei Oralverkehr, wenn Sperma oder Blut in den Mund gelangt. Es wird durch infiziertes Blut bei offenen Wunden, beim needle sharing oder der Menstruation übertragen. Die Mutter kann es auf das ungeborene Kind übrertagen.

3 Welche Testmöglichkeiten werden angeboten?

Köhler: Der HIV-Antikörpertest ist bei uns kostenlos. Dadurch kann festgestellt werden, ob eine HIV-Infektion stattgefunden hat oder nicht. Dazu ist eine Blutabnahme notwendig. Zwischen der potentiellen Risikosituation und der Blutabnahme sollten mindestens sechs Wochen liegen. Wir bieten auch Tests anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen an.