Vorarlberg

Razzia beim Public Viewing: “Zeitpunkt hat mich überrascht”

28.06.2024 • 16:58 Uhr
Razzia beim Public Viewing: "Zeitpunkt hat mich überrascht"
Marcel Lerch bekam während der EM-Übertragung Besuch von der Finanzpolizei. Privat/Paulitsch

Die Finanzpolizei sprengte am Dienstag das Public Viewing der EM-Übertragung in der Pizzeria Azzurra in Lustenau.

E uropameisterschaft, Österreich spielt gegen die Niederlande. Es steht 2:1 für die Burschen in Rot-Weiß-Rot. Spannung liegt in der Luft bei den Gästen der Pizzeria Azzurra am Blauen Platz in Lustenau. Dort wird das EM-Spiel auf einem großen Bildschirm übertragen. Dann geschieht etwas Unerwartetes. „Um die 70. Minute stand auf einmal die Finanzpolizei mit drei Mann in der Küche“, berichtet „Azzurra“-Inhaber Marcel Lerch.

Vorarlberger Marcel Lerch
Marcel Lerch betreibt die Pizzeria Azzurra am Blauen Platz in Lustenau.Paulitsch

Die Beamten der Finanzaufsicht kontrollierten die Ausweise sämtlicher Mitarbeiter der Pizzeria. „Eine Person nach der anderen“, erklärt Lerch. „Außerdem fragten sie, ob ich Eintritt für das Public Viewing kassiere, wahrscheinlich, um eine Steuerhinterziehung zu prüfen. Eintritt verlange ich aber keinen.“ Auch die Registrierkasse überprüften die Beamten laut dem „Azzurra“-Betreiber. „Die Finanzpolizisten stellten fest, dass alles in Ordnung ist und alle Mitarbeiter bewilligt sind“, bestätigt Lerch, dass alles in seiner Pizzeria rechtens ist.

Kellner bei der Kontrolle

Von der Kontrolle selbst bekamen die Gäste des Public Viewings wenig mit. „Wir sind zu acht am Tisch gesessen und haben uns nichts gedacht“, berichtet Peter Pregler, der mit seinen Freunden das spannende EM-Spiel am Blauen Platz verfolgte. Allerdings fehlte das Servicepersonal, da dieses sich in der Küche der Kontrolle unterziehen musste.

„Wenn man vor dem Match kontrolliert, ist es etwas Anderes, aber so ist die Razzia nur noch Schikane.“

Peter Pregler

„Es ist ein Wahnsinn“, echauffiert sich Pregler im Telefonat mit der NEUE. „Man redet immer vom Gasthaussterben. Dann gibt sich jemand mit einer Veranstaltung so viel Mühe und wird von den Behörden geplagt.“ Die Gäste seien 20 Minuten auf dem Trockenen gesessen. „Die haben den Betrieb vorübergehend stillgelegt. Wenn man vor dem Match kontrolliert, ist es was anderes, aber so ist das nur noch Schikane.“

“Auf einmal war das Bier leer”

Preglers Kollege Andreas Adam, der an besagtem Abend auch vor Ort war, bekam von der Kontrolle ebenfalls erst mit, als Lerch ihm davon berichtete. „Wir saßen an einem Tisch vorne und die Finanzpolizei ist über die Hintertür hineingekommen“, erzählt der Lustenauer. „Auf einmal war das Bier leer und keine Bedienung war mehr da.“ Die Beamten hätten vor oder nach dem Match kommen können, befindet Adam, aber zur Hauptstoßzeit sei es eine Katastrophe.

Public Viewing
Andreas Adam beim Public Viewing. Privat

Pregler und Adam, die als Bäcker beziehungsweise Elektrotechniker selbstständig sind, berichten beide von eigenen Erfahrungen mit Kontrollbehörden. „Am Kilbisonntag um acht Uhr morgens kam die Lebensmittelkontrolle bei mir am Stand vorbei“, erinnert sich Pregler. Adam erzählt, die Krankenkasse habe einst in seinem Drei-Personen-Betrieb die Mitarbeiter einer kostenintensiven Prüfung unterzogen. Die beiden Fußballfans sind sich einig: „Man muss froh sein, wenn sich jemand noch den Aufwand mit dem Public Viewing antut.“

Marcel Lerch bringt dagegen Verständnis auf: „Ich habe keinen Groll auf die Finanzpolizei. Die Beamten machen ja auch nur ihren Job. Nur der Zeitpunkt der Razzia hat mich überrascht.“

Kontrollen angekündigt

Tatsächlich gibt es eine auf den 9. Juni datierte Presseaussendung des Finanzministeriums, in der Kontrollen bei Public Viewings „nicht ausgeschlossen“ werden. Die Security-Branche und Gastronomielokale seien „oft anfällig“, wenn es um Verstöße beim Abgabenrecht und Sozialversicherungsrecht gehe.

ABD0019_20240612 – WIEN – …STERREICH: Finanzminister Magnus Brunner (…VP) am Mittwoch, 12. Juni 2024, im Rahmen des Ministerrats in Wien. – FOTO: APA/EVA MANHART
In einer Aussendung kündigte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Kontrollen auch bei Public Viewings an. APA/EVA MANHART

Auf Anfrage teilt das Finanzministerium mit, dass man laufend Großveranstaltungen, darunter auch Public Viewings, kontrolliere. „Bei sämtlichen Kontrollen wird darauf geachtet, dass der jeweilige Veranstaltungsbetrieb möglichst ungestört weiter laufen kann, was beim Großteil der Einsätze auch sehr gut gelingt.“ Gelegentlich käme es beim Eintreffen der Finanzpolizei zu Fluchtversuchen, weshalb man möglichst unauffällig kontrollieren will.

Eine Bilanz zu den Überprüfungen existiert laut Ministerium aktuell nicht: „Da die Kontrollen der Public Viewings noch laufen, gibt es zu den Einsätzen noch keine Auswertung, wobei zu konkreten Betrieben aufgrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Auskunft erteilt werden darf.“