Erstmals bestätigt: In Altach wurde mehr Kies abgebaut als bewilligt

Der Bürgermeister bestätigte der Gemeindevertretung, dass “im Interesse des Landes” mehr Kies aus der Aushubgrube der Firma Kopf entnommen wurde, als von der Bezirkshauptmannschaft genehmigt.
Nicht erst seit kurzer Zeit wirbelt der Kiesabbau in Altach im wahrsten Sinne des Wortes Staub auf. Die Diskussion um ein neues Abbaugebiet im Sauwinkel beschäftigt die Gemeinden Altach und Götzis schon lange. Nun sorgt eine Anfragebeantwortung der Bürgerliste Altach und Grüne (BLA.G) für Aufsehen: Bei der bereits bestehenden Aushubgrube des Kieswerks Kopf am Alten Rhein wurde mehr Kies abgebaut und verkauft, als von der Bezirkshauptmannschaft genehmigt.
36.000 Kubikmeter mehr als bewilligt
Konkret wurden statt der genehmigten Menge von 230.000 Kubikmetern 266.000 Kubikmeter Kies entnommen – 36.000 Kubikmeter mehr als im Bescheid bewilligt. Sinngemäß habe Bürgermeister Markus Giesinger (ÖVP) in einer Gemeindevertretungssitzung im September dazu gesagt: “Nachdem beim Kiesabbau festgestellt wurde, dass mehr Kies vorhanden ist als im Bescheid bewilligt, wurde auch mehr abgebaut. Schließlich ist es auch im Interesse des Landes, die wichtige Ressource Kies regional abzubauen.” Das entnimmt man einem Rundschreiben, das BLA.G-Gemeindevertreter Bernhard Weber am Mittwoch an Medienvertreter schickte.

Brisant: Zur Zeit der Überschreitung war Kieswerkbetreiber Franz Kopf Vizebürgermeister und der jetzige Bürgermeister Markus Giesinger Amtsleiter der Gemeinde Altach. “Alle Beteiligten wussten Bescheid”, ist sich die BLA.G laut Rundschreiben sicher.
Hochwasserschutz
“Kieshaltiger Boden ist ein wichtiger Hochwasserschutz. Für die Gewinnoptimierung eines Altacher Familienunternehmens und unter der Mitwisserschaft des damaligen Amtsleiters und jetzigen Bürgermeisters wurde dieser Schutz zurückgestellt”, lautet der abschließende, schwerwiegende Vorwurf in dem Schreiben.

Ähnliche Töne schlägt Bernhard Weber auch im Telefonat mit der NEUE an: “Es ist ungeheuerlich, dass in unserem Naherholungsgebiet mehr als bewilligt vom Kieskörper abgebaut wurde, der so wichtig für den Hochwasserschutz ist. Das ist eine massive Beeinflussung der Umwelt – und das in Zeiten, in denen Starkregenereignisse immer häufiger werden.”
“Wahlkampf ist eröffnet”
Auf Nachfrage der NEUE zeigt sich Bürgermeister Markus Giesinger unzufrieden über die Art und Weise der Vorwürfe: “Ich finde es dreist, wie von der BLA.G Ängste in der Bevölkerung geschürt werden. Wie ich bereits mehrfach in den Gremien erklärt habe, hat der Abbau keine negative Auswirkung auf den Hochwasserschutz. Der Wahlkampf für die Gemeindewahlen ist damit wohl eröffnet.”

Giesinger bestätigt, dass mehr als die besagten 230.000 Kubikmeter abgebaut wurde, da “der Kieskörper mächtiger als angenommen” sei. “Es ist auch im Interesse des Landes, dass die Rohstoffversorgung gesichert ist”, verweist der Bürgermeister auf ein Arbeitsübereinkommen der Landesregierung. “Zudem ist im Bescheid die Rede von ‘circa 230.000 Kubikmeter'”, fügt er hinzu.
Abbaubescheid
Der Abbaubescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch für die Kiesgrube der Firma Kopf aus dem Jahr 2009 liegt der NEUE vor. Der zweiten Seite entnimmt man: “Durch den geplanten Abbau von ca. 230.000 Kubikmeter Rohstoff kann im lokalen Vorarlberger Umfeld der Kies- und Sandbedarf für die Dauer von ca. 8 Jahren abgedeckt werden.”

Allerdings steht bereits auf der ersten Seite im Bescheid: “Die Gemeinde Altach hat um die Erteilung der Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes […] für den Abbau von Kies und Sand (Nassbaggerung) im Umfang von 230.000 Kubikmetern mit anschließender Wiederverfüllung […] angesucht.” Das heißt, diese exakte Menge wurde angesucht und auch bewilligt.
Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands
Was bedeutet diese Überschreitung nun rechtlich? “Jedenfalls muss ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden”, erklärt Bezirkshauptmann Herbert Burtscher der NEUE. Das könne durch eine nachträgliche Genehmigung geschehen, oder durch Rückbaumaßnahmen. Entsprechende Maßnahmen seien beim Kieswerk Kopf schon in Gange, bestätigt der Bezirkshauptmann. Ob es auch zu strafrechtlichen Konsequenzen kommen wird, lässt Burtscher offen.

Ebenso wird zu klären sein, ob dies Konsequenzen auf den Kiesabbau im Sauwinkel haben wird. Der Kooperationsvertrag zwischen der Gemeinde Altach, auf deren Gemeindegebiet das Abbaugebiet liegt, und der Marktgemeinde Götzis als Grundeigentümerin, ist noch nicht unterschrieben.