Welt-Autismus-Tag: “Wir wünschen uns mehr Akzeptanz für Maximilian”

Maximilian Reininger ist elf Jahre alt und Autist. Seine Eltern erzählen, wo die Familie im Alltag auf Grenzen stößt und warum ihr Sohn mit „Rain Man“ nichts zu tun hat.
Schätzungen zufolge tritt Autismus bei rund einem Prozent der Weltbevölkerung auf. Einer von ihnen ist der elf Jahre alte Maximilian Reininger. Er hat eine Autismus-Spektrumsstörung und einen seltenen Gendefekt, das STXBP1-Syndrom. Anlässlich des heutigen Welt-Autismus-Tags hat die NEUE seine Familie in Dornbirn besucht.
Frühkindliche Epilepsie
Dass Maxi – so nennt ihn seine Familie – anders ist als andere Kinder, erfuhren seine Eltern Sebastian Reininger und Jésica Kohs schon früh. „Innerhalb der ersten drei Monate wussten wir, dass etwas nicht stimmt“, erzählt seine Mutter Jésica. „Maxi hatte Krampfanfälle – wie wir nach einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus Feldkirch erfuhren, hatte er das West-Syndrom.“ Dabei handelt es sich um eine frühkindliche, schwere Form der Epilepsie. Dadurch brauchte Maximilian länger, um Dinge wie das Laufen zu erlernen. Sprechen kann der Elfjährige nicht – stattdessen lautiert er, äußert Laute oder Rufe ohne sprachliche Bedeutung. Die Krampfanfälle ist er mittlerweile los: „Maxi hat zwei Therapien gemacht: Eine mit Medikamenten und eine Kortisonstofftherapie. Die Ärzte wissen nicht welche, aber eine von beiden hat geholfen“, berichtet Jésica.

Mit fünf Jahren, vor seinem Schuleintritt, erhielt Maximilian die Diagnose Autismus-Spektrumsstörung. Im Alltag ist er rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen. „Da er sich nicht mitteilen kann, hat Maxi seit dem Kindergarten ein Gutachten für eine Eins-zu-eins-Betreuung. Er braucht Unterstützung auf der Toilette, wenn er isst, eigentlich bei allem“, führt Jésica Kohs aus. Unter der Woche besucht Maximilian die Allgemeine Sonderschule in Dornbirn, wo er lernt, alltägliche Situationen zu meistern. „In der Schule hat er zum Beispiel gelernt, zu warten, etwa wenn wir im Restaurant sind. Er versteht auch einige Kommandos“, erklärt sein Vater Sebastian Reininger.

Am Anfang von Maximilians Leben sei die Situation schwierig gewesen, berichten die Eltern. „Wir wussten nicht, was auf uns zukommt. Dadurch, dass er unser erstes Kind war, sind wir aber schnell in die Situation hineingewachsen“, erklärt Sebastian.
Mit Vorliebe im Wasser
Maximilians Lieblingsbeschäftigung ist das Schwimmen. „Im Wasser fühlt sich Maxi richtig wohl“, scherzt Sebastian, und Jésica ergänzt: „Er hat sich selbst beigebracht, im Wasser zu treiben.“ Wenn die Familie Urlaub am Meer macht, teilen sich die Eltern auf: Ein Elternteil bleibt mit ihrem jüngeren Sohn Kilian am Strand, der andere geht mit Maximilian ins Wasser – „so lange, bis wir Schwimmhäute bekommen“, stellt Sebastian scherzhaft fest.

Auf die Frage, wie sie Maximilians Charakter beschreiben würden, sagen die Eltern: „Er ist ein sehr ausgeglichenes Kind, meistens ist er glücklich.“ Liebevoll fügt Sebastian hinzu: „Er ist wie ein großer Teddybär.“
Böse Blicke und Kommentare
Da Maximilians Gendefekt und seine Autismus-Spektrumsstörung äußerlich nicht erkennbar sind, ist er oft mit verwunderten Blicken konfrontiert, wenn er beispielsweise in der Öffentlichkeit lautiert. Jésica berichtet: „Bei einem ehemaligen Arbeitsplatz von Sebastian waren wir zu einem Grillabend eingeladen. Maxi isst, hinterlässt er einen Saustall, deshalb haben wir uns auch angewöhnt, nach dem Essen seinen Platz aufzuräumen. Aber ein Mensch hat sich bei diesem Grillabend total darüber aufgeregt, wie wir unser Kind erziehen würden und dass er keine Manieren habe. Er hat Maxi dann sogar angeschrien.“

Auch Maximilians erster Besuch im Hallenbad war für seine Mutter schwierig: „Maxi mag es, wenn er lautiert und der Schall von den Wänden widerhallt. Aber die Leute waren deswegen sehr böse, das hat mich zum Weinen gebracht. Und wenn wir Eltern gestresst sind, reflektiert Maxi diesen Zustand.“ Die Familie appelliert daher: „Wir würden uns mehr Verständnis und Akzeptanz wünschen.“ Auch dafür gibt es den Welt-Autismus-Tag.
Kein “Rain Man”
Zum Abschluss entkräftet Jésica Kohs noch ein altes Stereotyp. Wenn es um Autismus geht, denken viele Menschen zuerst an den Film „Rain Man“ und den von Dustin Hoffman verkörperten Raymond Babbitt, der eine Inselbegabung und Schwierigkeiten bei sozialer Interaktion hat. Mit Maximilian hat das wenig zu tun, weiß seine Mutter: „Das, was bei „Rain Man“ gezeigt wird, ist Asperger Autismus. Maximilian hat frühkindlichen Autismus, eine andere Form.“ Mit dem stereotypischen Autisten hat Maximilian also nichts zu tun.
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welt-autismus-tag
Jedes Jahr am 2. April findet der Welt-Autismus-Tag (englisch: World Autism Awareness Day) statt. Dieser Tag soll für die Bedürfnisse von Autisten sensibilisieren, aber auch auf ihre Fähigkeiten und Talente aufmerksam machen. Er steht heuer unter dem Motto: „Not Invisible“ – zu deutsch „Nicht unsichtbar.“