Wie die Charity Heroes Kinderaugen strahlen lassen

Die „Charity Heroes“ helfen Kindern in Ausnahmesituationen, ihre Superhelden treffen zu können. Die ehrenamtliche Arbeit erfordert viel Herzblut und nicht zuletzt auch Spontanität.
Die meisten Kinder träumen davon, einmal ihre Helden im realen Leben zu treffen. Egal, ob Disney-Charakter, Marvel-Figur oder Plüschtier: Eine Interaktion mit dem Komfort-Charakter steht auf der Wunschliste meist weit oben. Die Charity Heroes sind im ganzen deutschsprachigen Raum ehrenamtlich tätig und machen genau solche Begegnungen möglich. Die Anlässe dafür sind jedoch weniger erfreulich. Denn die Prinzessinnen und Co. kommen immer nur dann zu Besuch, wenn Kinder sich in Ausnahmesituationen befinden. „Das können beispielsweise Kinder sein, die Erfahrungen mit Mobbing machen, oder Angst haben, zur Schule zu gehen. Aber auch Kindern mit Beeinträchtigungen und schweren Erkrankungen, oder schweren familiären Situationen und Sterbefällen helfen wir“, erklärt Martina Kleinfercher. Die 40-Jährige ist selbst Mutter einer Tochter im Volksschulalter und eigentlich in einem ganz anderen Beruf tätig. Sie ist Eventmanagerin. Nur durch eine zufällige Begegnung kam sie zu den Charity Heroes.

„Ich war mit meiner Tochter auf einem Event und Prinzessin Cinderella war vor Ort. Meine Tochter ist natürlich gleich auf sie zu gerannt. Ich habe mich dann etwas mit den Vertretenden vor Ort unterhalten und mir sind als Mama sofort Tränen in die Augen gestiegen“, erzählt sie. Nur zwei Wochen später war Kleinfercher selbst Mitglied bei den Charity Heroes. Seit mittlerweile zwei Jahren ist sie nun schon ehrenamtlich tätig. Sie verkörpert hauptsächlich die Figur der Disneyprinzessin Arielle, aber auch in die Rolle von Captain Marvel oder Batwoman schlüpft sie.
Auch Grey Bösch ist ein Mitglied der Charity Heroes. „Ich wollte schon immer etwas machen, womit ich anderen Menschen helfen kann“, erklärt er. „Wir können den Kindern heldenhafte Zeiten schenken, in denen sie den ganzen Terror um sich herum eine Zeit lang vergessen können.“ Der 29-Jährige ist bereits seit etwa sechs Jahren dabei und als sogenannter „Furry“ tätig. Das sind menschgewordene, flauschige Tierwesen, die Stofftieren ähneln. Sie können individuell gestaltet werden und kommunizieren mit Lauten, sprechen also nicht. „Furrys“ sind besonders bei autistischen, oder allgemein schüchternen Kindern beliebt, weil sie Nähe und Sicherheit ausstrahlen, erklärt Bösch. Seinen Charakter hat er auf den Namen „Snuggly“ getauft.

Joshua Guttenberger ist mit gerade einmal einem Jahr Erfahrung ein eher neueres Mitglied der Charity Heroes. Der 19-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zum Modedesigner und Maßschneider in Friedrichshafen, in Deutschland. „Ich habe eine große Leidenschaft für Cosplaying und mache das nun auch schon seit einigen Jahren“, erzählt Guttenberger. Auf einer Veranstaltung in Dornbirn stieß er dann auf die Charity Heroes und war sofort begeistert. „Kinder mit meinem Können zu beeindrucken und gleichzeitig auch noch etwas Gutes zu tun, finde ich toll“, sagt er.
Auf alles vorbereitet sein
Doch mit einer Tätigkeit bei den Charity Heroes geht auch eine große Verantwortung einher. „Man darf zu keinem Zeitpunkt mit seinem Charakter, mit seiner Rolle brechen. Egal wie nahe dir eine Situation geht, oder welche Fragen die Kinder stellen, man muss auf alles vorbereitet sein“, sagt Kleinfercher. Aus diesem Grund würde sie manche Besuche ablehnen, im Wissen, dass ihr diese Situation zu nahe gehen würde.
die charity heroes
Sind ein ehrenamtlicher Verein, der im ganzen deutschsprachigen Raum (Schweiz, Österreich, Deutschland) tätig ist. Ihre Dienstleistungen sind komplett kostenfrei, sie finanzieren sich lediglich über Spenden.
Man müsse sich außerdem intensiv mit seinem Charakter auseinandersetzen, um für alle Arten von Fragen vorbereitet zu sein. „Ich war einmal als Captain Marvel unterwegs und ein Kind hat zu mir gesagt, es wolle sehen, wie ich losfliege. In solchen Situationen musst du trotzdem sofort eine Antwort parat haben.“ Sie habe dem Kind dann erklärt, sie könne nicht starten, weil sie ansonsten in ein Flugzeug krache. Auch für Tattoos, die man unter der Kleidung sieht, müssen teilweise blitzschnell Erklärungen her. „Ich sage dann immer: Das hat Rapunzel auf mich gezeichnet, weil sie gerade kein Blatt hatte“, lacht Kleinfercher.

Eine Einschulung im klassischen Sinne gibt es bei den Charity Heroes nicht, die Mitglieder müssen jedoch ein Test-Event absolvieren und eine Art Bewerbungsgespräch mit dem jeweiligen Vorstand des Vereins führen. Außerdem ist bei jedem Einsatz auch mindestens eine Helferin oder ein Helfer dabei, sodass die Heroes nie allein unterwegs sind. Seinen Charakter kann jedes Mitglied frei wählen.
Keine Kosten, nur Zeit
Für einen Einsatz fallen dabei für Familien oder Angehörige keinerlei Kosten an. Die Einsätze werden über Social Media, E-Mail oder telefonisch organisiert. „Wir möchten für alle Kinder da sein, die uns brauchen. Es kostet nichts, nur ein bisschen Zeit.“ Im Vorfeld wird abgeklärt, welche Figuren sich das Kind wünscht. Je nach Situation werden dann Hausbesuche, Ausflüge, oder Klinikbesuche geplant. Manchmal wird alternativ auch eine „Heldenpost“ verschickt, ein Brief vom Lieblingsheld. Dieser enthält persönliche Botschaften und wird handschriftlich verfasst. „Jede Figur hat eine eigene Handschrift“, erklären Bösch und Kleinfercher.

Die ehrenamtliche Tätigkeit als Charity Hero erfordert keine festgelegte Anzahl an Einsätzen, lediglich mindestens einmal im Jahr sollte jedes Mitglied einen Einsatz absolvieren. Der Verein finanziert sich über Spenden, sowohl Geld- als auch Sachspenden wie Stoffe, Kleider oder anderweitige Requisiten. Hochwertige Kostüme sind dabei besonders wichtig, um die Magie aufrechtzuerhalten. Bis zu eineinhalb Stunden dauert es, sich inklusive Make-up und Kostüm für einen Einsatz vorzubereiten.
Tränen in den Augen
Auch nach jahrelanger Erfahrung und vielen Einsätzen können sich die drei ehrenamtlichen Heroes noch an jeden Einsatz erinnern. Es sind Momente, die unter die Haut gehen und auch während des Gesprächs mit der NEUE noch immer Gänsehaut verursachen. „Große Augen, offener Mund – das sind meist die ersten Reaktionen.“ So erinnert sich Kleinfercher an einen ganz besonderen Moment: „Da war ein Junge, der Krebs im Endstadium hatte. Er war zu Hause zum Sterben und somit auch an seinen Rollstuhl gebunden. Beim Anblick seines Superhelden stand er plötzlich auf und lief auf uns zu. Es waren vielleicht zehn Meter, aber ich muss heute noch manchmal weinen, wenn ich daran denke.“

Guttenberger findet: „Manchmal transportiert einen das Gefühl selbst zurück in die eigene Kindheit. Man kann Kindern das geben, was man selbst in der Kindheit gebraucht hat, aber nie hatte.“ Auch Bösch erinnert sich an einen solchen Moment zurück. „Ich war einmal bei einem nonverbalen Kind zu Besuch, das allgemein sehr schüchtern war. Im Laufe des Besuchs wurde der Junge immer neugieriger und als ich mich verabschiedete, hat er mich umarmt. Da war ich froh, dass man durch mein Fellkostüm nicht gesehen hat, dass ich weinen musste.“