Vorarlberg

„Das ist doch sicher noch gut“

23.05.2025 • 17:17 Uhr
„Das ist doch sicher noch gut“
Pädagogin Andrea Walther (links) ist selbst auch Teil des Teams Offener Kühlschrank. Hartinger

Ein Kühlschrank in der Bibliothek? Ingrid Benedikt und ihr Team retten Lebensmittel vor der Abfalltonne.

Ingrid Benedikt aus Dornbirn hat 11 Kilogramm verschiedenste Lebensmittel dabei, als sie zum Workshop „Lebensmittelrettung“ in der Mittelschule Dornbirn Markt eintrifft. „Das ist die Menge an Lebensmitteln, die jede und jeder in Vorarlberg jährlich wegwirft, obwohl sie noch genießbar wären“, erklärt sie den Schülerinnen und Schülern der 3A eindrücklich. Anlässlich des anstehenden Tages der Lebensmittelrettung zeigt sie den Jugendlichen Rezepte aus Resten, erklärt den Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum und schafft Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Langweilig? Keinesfalls! Die Jugendlichen sind schockiert über die weggeworfenen Mengen, überrascht, dass ein Joghurt drei Monate nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch genießbar ist, und staunen nicht schlecht über die Tatsache, dass in Wien täglich so viel Brot weggeworfen wird, dass man damit ganz Graz verköstigen könnte.

„Das ist doch sicher noch gut“
Aufmerksam lauschen die Jugendlichen den Ausführungen von Ingrid Benedikt. Hartinger

Bewusstsein schaffen

„Wir erleben ganz oft, dass diese Fakten die Menschen richtig aufwühlen“, erzählt Ingrid Benedikt, die für ihr Engagement für Umweltschutz und Lebensmittelrettung erst kürzlich das Verdienstzeichen des Landes Vorarlberg erhalten hat. „Millionen von Kindern auf der Welt hungern, während wir oft sehr verschwenderisch mit Lebensmitteln umgehen.“ Dafür will sie Bewusstsein schaffen und gleichzeitig Anstöße und Ideen liefern, um die Verschwendung von Essen zu reduzieren.

„Das ist doch sicher noch gut“
Ingrid Benedikt beim Offenen Kühlschrank in der Dornbirner Stadtbibliothek. Hartinger

Offener Kühlschrank

So hat Benedikt 2018 auch die „Initiative Offener Kühlschrank“ in Vorarlberg ins Leben gerufen. „In der Stadtbibliothek, im Treffpunkt an der Ach, im Kolpinghaus und im Rohrbach beim Pfarrhaus stehen unsere offenen Kühlschränke. Hier kann jeder (noch verschlossene) Lebensmittel deponieren, damit diese von anderen abgeholt und vor dem Müll gerettet werden können“, beschreibt sie die Initiative. „Uns ist egal, wer die Lebensmittel abholt. Uns ist wichtig, dass sie nicht verschwendet werden. Man holt hier keine Almosen ab, sondern trägt etwas dazu bei, Lebensmittel zu retten.“

„Das ist doch sicher noch gut“
Die Schüler legen tatkräftig Hand an und kochen aus „alten“ Lebensmitteln neue Gerichte. Hartinger

Aktion am Marktplatz

Zusammen mit der 3A werden im Workshop Reste verkocht, darunter auch altes Brot. Daraus machen sie Brotchips, die am heutigen Samstag Vormittag zusammen mit Resterezepten und Einkaufstipps am Dornbirner Marktplatz verteilt werden. Anlass ist der Tag der Lebensmittelrettung am 26. Mai, an dem das Thema in den Fokus gerückt wird. „Wir merken schon bei den Schülern, wie gut sie das Thema annehmen. Sie gehen bewusster mit Essen um und tragen diese Einstellung auch mit nach Hause“, freut sich Benedikt. Ihre Workshops kommen bei Jung und Alt sehr gut an: „Ich finde, jeder sollte so einen Workshop machen und bevor gute Sachen weggeworfen werden, einen Weg finden, sie zu verwenden“, sagt Schüler Yasar.

„Das ist doch sicher noch gut“

„Wir waren echt geschockt, wie viel gutes Essen weggeworfen wird. Der offene Kühlschrank ist wirklich cool! Wir werden daheim jetzt auch besser darauf achten, dass aufgegessen wird.“

Isabella und Alina, begeistert vom Konzept der Lebensmittelretterinnen.
„Das ist doch sicher noch gut“

„Man sollte Lebensmittel wertschätzen und auch, dass es uns so gut geht. Ich mag es, kreativ zu sein, zu überlegen, was man daheim hat, statt einfach immer alles neu zu kaufen.“

Jakob hilft beim Verpacken der Brotchips für die heutige Verteilaktion.
„Das ist doch sicher noch gut“

„Dass Joghurt noch so lange essbar ist, wussten wir nicht. Diesen Workshop sollte jeder machen und lernen, was man aus den Sachen noch kochen kann, bevor man sie wegwirft.“

Livian und Yazar, nach kurzer Zeit Profis an der Pfannkuchen-Station.
„Das ist doch sicher noch gut“

Drei Rezepte für Köstliches aus Resten

  1. Pikantes Reste-Allerlei überbacken
    Zutaten: Käsereste, Wurst-, Fleischreste, etwas Saures (Essiggurken, Kapern, Oliven, …), Frischkäse, Topfen, Joghurt, (Kräuter-)Butter, Kräuter, Salz, Pfeffer
    Zubereitung: Alle Zutaten in kleine Würfel schneiden und zusammenmischen, oder in einer Küchenmaschine zerkleinern, bis eine Paste entsteht. Auf Brotschnitten streichen und im Backrohr bei ca. 180 Grad backen.
  2. Gemüseschalen-Chips
    Zutaten: Schalen von Karotten, Kartoffeln, Zucchini (…), Olivenöl, (Kräuter-)Salz
    Zubereitung: Bio-Karotten, Kartoffeln und Zucchini schälen. Backblech mit Backpapier belegen, die Gemüseschalen lose auflegen, mit Olivenöl bepinseln und leicht salzen. Bei ca. 180 bis 200 Grad ins Backrohr schieben und ca. 15 bis 20 Minten backen, bis die Schalen knusprig sind.
  3. Kartoffelkäs – Erdäpfelkäse
    Zutaten: 3 bis 5 Kartoffeln gekocht, 2 bis 4 EL Sauerrahm, Salz und Pfeffer, Schnittlauchröllchen
    Zubereitung: Gekochte Kartoffeln (frisch oder vom Vortag) schälen und reiben, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Den Sauerrahm darunter rühern, mit Schnittlauchröllchen garnieren. Fertig ist der Brotaufstrich.