Vorarlberg

“Fake-News sind längst kein Randthema mehr”

13.07.2025 • 13:30 Uhr
"Fake-News sind längst kein Randthema mehr"
Mithilfe des Workshops und der Aufklärungsarbeit sollen Mädchen, jungen Frauen, inter-, nicht-binären, trans und agender Personen über das Thema der Verschwörungstheorien aufgeklärt und gewappnet werden. steurer

Franziska Völlner gibt Workshops, in denen sie mit jungen Menschen Fake-News und Verschwörungstheorien aufarbeitet. Auch im Verein Amazone fand kürzlich ein solcher statt.

Fake News und Verschwörungstheorien sind keine Neuerscheinung. In einer Welt von Instagram, TikTok und Co., ist es einfacher denn je, falsche Informationen über ein Weltgeschehnis, oder eine Person, zu verbreiten. Doch nicht nur im Netz, auch im realen Leben haben „Alternative Fakten“, wie sie gerne genannt werden, längst Anklang gefunden.

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Angelika Atzinger (l.) und Franziska Völlner. (v.l.) steurer


Das wissen auch Amazone-Geschäftsführerin Angelika Atzinger und Franziska Völlner. Sie arbeitet bei der Projektstelle „Ohne Angst verschieden sein“ im Jüdischen Museum, die Workshops zu Themen wie Antisemitismus, antimuslimischem Rassismus und Erinnerungskultur anbietet. Im Rahmen dieser Workshops hat Völlner auch vermehrt mit Jugendlichen und Schulklassen zu tun und kennt die Tücken, mit denen versucht wird, junge Menschen zu erreichen. Erst kürzlich fand im Verein Amazone in Bregenz, im Rahmen des Projekts „Esc. (Escape) Manosphere“, ein Workshop dazu statt, bei dem sie speziell mit Mädchen, jungen Frauen, inter-, nicht-binären, trans und agender Personen darüber sprach, wie sie von Fake-News betroffen sind und wie sie sich dem zur Wehr setzen können.

"Fake-News sind längst kein Randthema mehr"
Im Rahmen des Sommerprogramms fand auch der Workshop zu Fake-News statt. steurer


Die „Manosphere“ (zusammengesetzt aus “man“ und “sphere”) beschreibt ein loses Netzwerk aus Online-Communities, in denen sich vor allem heterosexuelle Männer austauschen. Oft mit antifeministischen, frauenverachtenden oder rechtsradikalen Inhalten. Die NEUE am Sonntag hat Völlner und Atzinger im Vorfeld dieses Workshops zu einem Gespräch getroffen.

Krisen als Auslöser

Fake-News und Verschwörungstheorien sind besonders bei der Identitätsbildung von Jugendlichen relevant und zielen bewusst auf ihre Unsicherheiten ab. „Verschwörungstheorien kommen eigentlich immer dann auf, wenn es sogenannte oder empfundene krisenhafte Momente sind“, sagt Völlner.

"Fake-News sind längst kein Randthema mehr"
Im Gespräch mit der NEUE am Sonntag. steurer

Krisen wie Krieg oder Fluchtbewegungen bringen Unsicherheit mit sich. Verschwörungstheorien setzen genau dort an, wo Menschen mit komplexen Realitäten überfordert sind und sich mit einfachen Antworten zufriedengeben. Verschwörungstheorien bieten scheinbar logische, einfache Erklärungen für komplizierte Phänomene (Kriege, Migration, Genderfragen, Machtverhältnisse). „Es geht immer um die klare Einordnung von Gut und von Böse.“ Besonders in der Coronapandemie habe man das deutlich gespürt, erinnert sich Atzinger.

Rollenbilder

Antifeminismus sei sowohl eine Reaktion auf feministische Errungenschaften als auch tief in gesellschaftlichen Strukturen verankert, sind sich Völlner und Atzinger einig. „Diese Phänomene sind längst im Mainstream angekommen und kein Randthema mehr“, weiß Völlner. Insbesondere Personen, die nicht klar männlich oder weiblich gelesen werden, sind von Hass und falschen, oft rechten Wahrheiten, die ihnen vermittelt werden, betroffen. „Sie sollen nicht denken, dass diese falschen Bilder die Realität sind“, sagt Atzinger. Demnach versuchen Online-Bewegungen wie die „Tradwifes“ (die NEUE berichtete), Männerrechtler, oder sogenannte „Incel-Foren“ klassische Rollenbilder wieder zu etablieren und die „natürliche Ordnung“ zu beschwören.

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„Incel“ ist eine Abkürzung für „involuntary celibate“, also „unfreiwillig im Zölibat lebend“. Der Begriff bezeichnete ursprünglich Männer, die unfreiwillig keinen sexuellen oder romantischen Kontakt zu Frauen haben, sich als „von Frauen abgelehnt“ erleben. Was in Onlineforen als Austausch über Einsamkeit begann, hat sich jedoch in vielen Fällen zu radikalisierten, frauenfeindlichen Foren entwickelt. Durch Algorithmen auf Plattformen wie TikTok oder YouTube können Jugendliche unbewusst in diese Denkweise hineingezogen werden, etwa durch vermeintlich harmlose „Männercoach“-Videos oder sexistische Influencer. Besonders gefährlich ist dabei laut den beiden Expertinnen, dass viele Inhalte auf den ersten Blick humorvoll, oder „cool“ wirken und daher schwer zu durchschauen sind.

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Auch zum Thema der “Tradwifes” gab es vor einiger Zeit einen Workshop in der Amazone. hartinger

Kritisch bleiben

Vor allem junge Frauen würden oft nicht erkennen, ob sie bereits von psychischer oder körperlicher Gewalt betroffen waren, unter anderem deswegen, weil Grenzüberschreitungen durch sexistische Online-Inhalte bereits „normalisiert“ werden. Verschwörungstheorien geben sich oft als wissenschaftlich oder faktenbasiert aus und sind deshalb so schwer zu entlarven.
Doch Atzinger und Völlner beruhigen: Es gibt Wege, wie man Verschwörungstheorien und Fake-News online frühzeitig erkennen und Menschen, die dem Glauben leisten, konfrontieren kann. „Man muss an dieser Stelle unbedingt festhalten, dass die Jugendlichen nicht unkritisch sind, aber es fehlt an strukturierten Räumen, um zu reflektieren“, weiß die Amazone-Geschäftsführerin. Teilweise könne man solche Falschinformationen im Internet auch schon an diversen Emojis, wie beispielsweise dem Schaf, festgemacht werden.

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Das Schaf-Emoji ist dabei ein Code aus verschwörungsideologischen Online-Milieus, insbesondere in der sogenannten „Manosphere“, aber auch in anderen rechten, populistischen oder antisemitischen Kontexten. Es wird verwendet, um anonym Menschen abzuwerten, die nicht an die jeweilige Verschwörung glauben.
Wenn man Fake-News erst einmal als solche enttarnt hat, können sie auf diversen Websites durchleuchtet und schließlich auch gemeldet werden. Außerdem können Postings auf Instagram und Co. auch direkt als Falschinformation gemeldet und blockiert werden.