Wirtschaft

Um knapp zehn Prozent: Mit den Preisen steigt die Schwarzarbeit

06.02.2023 • 17:26 Uhr
Pfuschen als Kavaliersdelikt: Zwei Drittel der Arbeit im Schatten verrichten Menschen, die einen offiziellen Job haben
Pfuschen als Kavaliersdelikt: Zwei Drittel der Arbeit im Schatten verrichten Menschen, die einen offiziellen Job haben StockPhotoPro – stock.adobe.com

Das Leben wird teurer in Österreich – dadurch wächst auch der Pfusch.

Den größten Anteil machen immer noch Bau, Handwerkerarbeiten, Reparaturen und Haushaltshilfen aus. Man kennt ja den Begriff: “Land der Schwarzputzer”. Im Vorjahr betrug die Schattenwirtschaft in Österreich 28,8 Milliarden Euro bzw. 6,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Durch die hohe Inflation und die gleichzeitig schwache Konjunktur wird der Pfusch heuer abermals zulegen. Mit dieser Prognose lässt Friedrich Schneider, emeritierter Professor an der Johannes-Kepler-Universität Linz, aufhorchen.

Laut Schneider wird der Pfusch 2023 auf 31,7 Milliarden Euro steigen und damit 6,9 Prozent des BIP betragen. Es wäre ein Anstieg von fast zehn Prozent. Mindestens. Wäre die Kalte Progression nicht abgeschafft worden, wäre der Pfusch um 1,2 Milliarden Euro höher. Und er blüht trotz der vielen freien Stellen. “Es ist für viele wohl angenehmer. Und man verdient mehr”, sagt Experte Schneider, dem das Thema auch nach Jahrzehnten Forschung “immer noch Spaß macht”. Nächste Woche wird er 74.

Um knapp zehn Prozent: Mit den Preisen steigt die Schwarzarbeit
Friedrich Schneider: “Schattenwirtschaft, das sind wir alle”Kleine Zeitung

66 der Wertschöpfung “im Schatten” kommt von Pfuschern

Wirtschaftstheoretisch weicht ein Wirtschaftssubjekt dann in die Schattenwirtschaft aus, wenn staatliche Steuern und Abgaben als so hoch empfunden werden, dass ein Ausweichen als vorteilhaft erscheint. Zwei Drittel der Arbeit im Schatten verrichten Menschen, die – selbstständig oder unselbstständig – in einem offiziellen Job beschäftigt sind und nur einen Teil ihrer Arbeit schwarz verrichten: Pfusch, ein Kavaliersdelikt. Nur je ein Sechstel entfällt einerseits auf Arbeitslose und Frühpensionisten, die schwarzarbeiten. Und andererseits auf organisierte Kriminalität wie Prostitution oder Zigarettenschmuggel. Es geht es also nicht in erster Linie um einzelne, böse (Schein-)Firmen. “Schattenwirtschaft, das sind wir alle”, sagt Schneider, dessen Berechnungen im Wesentlichen darauf basieren, dass Schwarzarbeit bar bezahlt wird. Wobei es nur Schätzungen sind. Genau berechnen lässt sich die Schattenwirtschaft nicht.

Die größten Verlierer sind der Staat und die Sozialversicherungsträger. Nach Schneiders Schätzungen entgehen beiden Steuer- und Sozialversicherungsbeitragsausfälle in Höhe von zwei bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Wiewohl das schwarz verdiente Geld zu 80 Prozent wieder in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben wird, sodass die Wirtschaft auch wieder von jenen profitiert, die pfuschen und pfuschen lassen. Schneider geht sogar so weit zu sagen, dass “von der Schattenwirtschaft verdiente Einkommen auch als Puffer für die Rezession dient”. Sie kompensiert einen Teil der Einkommensverluste. Ebenso gäbe es viele Häuser und Eigenheime ohne Pfusch nicht, weil sich nur sehr wenige ihr Eigenheim vom ersten Spatenstich bis zum letzten Pinselstrich mit Rechnung leisten könnten. Weitere Verlierer sind Unfall- und Kranken-Versicherungen, die die erhöhten Kosten der zusätzlichen Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeiten der Pfuscher zu tragen haben.

Wird weiter gepfuscht? “Pfusch wird es immer geben, solange es Steuern gibt”, sagt Schneider. Nichts desto trotz ist/wäre eine gute Konjunktur mit geringer Arbeitslosigkeit und geringer Inflation die beste Voraussetzung für ein Sinken der Schattenwirtschaft. Schneider schlägt konkret zwei wirtschaftspolitische Maßnahmen vor: die Wiedereinführung des Handwerkerbonus und die Senkung der Lohnnebenkosten.

Schattenwirtschaft in der EU

Innerhalb der EU ist Österreich laut Friedrich Schneider 2023 das Land mit der geringsten Schattenwirtschaft. Das liegt möglicherweise daran, dass in Österreich die Nachbarschaftshilfe stärker als anderswo ausgeprägt ist und bei vieleln Leistungen kein Geld fließt. Danach folgen Luxemburg und die Niederlanden.
Die größten Schattenwirtschaften haben Bulgarien, Kroatien und Rumänien.