Wenn eine App die Wohnung vermittelt

Das Bestellerprinzip wird den Immobilienmarkt massiv verändern, davon ist Startup-Gründer Alexander Penkner überzeugt.
“Vielen Menschen war in den vergangenen Wochen gar nicht bewusst, dass mit erstem Juli das Bestellerprinzip gilt, bei dem überwiegend der Vermieter die Maklerprovision zahlen muss”, erzählt Alexander Penkner. “Die sind noch mit der vollen Provision angemietet worden.” Ganz fair findet er das nicht, aber Gesetz ist eben Gesetz.
Das Bestellerprinzip werde jedenfalls die gesamte Branche umkrempeln, ist sich Penkner sicher. Entwickle sich die Lage ähnlich wie in Deutschland, werde es deutlich weniger Makler geben. Damit Immobilienverwaltungen möglichst wenig Arbeit haben, gibt es Penkner zufolge immer weniger Besichtigungen. In die enge Wahl kommen nur wenige. “Besichtigungstermine gibt es nur mehr für einkommensstarke Interessenten mit Motivationsschreiben”, so Penkner.
Lösung mit smarten Türschlössern
Penkner (29) und seine beiden Gründungspartner von Orea haben die Veränderungen allerdings schon länger erwartet. “Die Branche hat sich zwar sehr lange dagegen vehement gewehrt”, so Penkner, der mit seinem Bruder Manuel seit 2014 als Makler unterwegs war. “Solche Veränderungen sind nicht aufzuhalten. Wir haben uns mit meinem damaligen Studienkollegen Lukas Weitz überlegt, wo es Aufholbedarf gibt und was einen Mehrwert bringt für Vermieter, Mieter und auch den Makler.” 2019 gründeten sie das Start-up Orea, das Immobilen ganz ohne Maklerkontakt vermittelt. Die Pandemie bestätigte dann, wie gut die von ihnen entwickelte Lösung mit smarten Türschlössern funktioniert.
In Wohnungen, die verkauft oder vermietet werden sollen, baut Orea digitale Türschlösser ein, die mit dem Handy geöffnet werden können. Interessenten buchen über eine App die gewünschte Besichtigungszeit. Per App wird die Haustür geöffnet, sozusagen Schritt für Schritt leitet sie den Kunden durchs Haus, zeigt den Liftstock an und die Türnummer. Orea setzt bei den Schlössern meistens auf Technik aus Graz: smarte Nuki-Schlösser. Das Grazer Unternehmen gilt als ein Vorreiter bei digitalen Schlössern.
Mehr als 500 Wohnungen seit 2020 vermittelt
Orea steht übrigens für online real estate agent. Für die Projektentwicklung haben die beiden Brüder aus Oberösterreich und den Niederösterreicher Weitz finanzielle Unterstützung von der Wirtschaftsagentur Wien bekommen. Mehr als 500 Wohnungen hat Orea seit 2020 vermittelt, die meisten davon in Wien. Graz soll im Herbst fix dazukommen, im Linzer Raum ist oera schon unterwegs, in Innsbruck will Orea auch in Kürze vertreten sein. Konkurrenten nutzen ebenfalls schon Online-Besichtigungen. Penkner sieht Orea aber aufgrund der einfach funktionierenden App im Vorteil. Telefonate oder Mails im Vorfeld, wie sie bisher üblich waren, seien nicht mehr notwendig, selbst den Mietvertrag könne man digital abschließen.
Großbanken und Versicherungen als Kunden
Lukas Weitz (31) erinnert sich an den ersten Vermittlungsauftrag, ein Gebäude mit 63 Einheiten, er fiel ausgerechnet in den ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020. “Makler hatten Besichtigungsverbot, unsere Wohnungen vermieteten sich quasi von selbst.” Zu den großen Kunden gehören etwa Großbanken und Versicherungen, aber auch Stiftungen.
Weitz verweist auf die Kostenvorteile des Modells, weil es grundsätzlich mit wenig Mitarbeitern auskommt, weil für die Besichtigungen niemand persönlich zu den Häusern fahren muss. Orea hat tatsächlich nur sieben Mitarbeiter. Weitz: “Auswertungen haben ergeben, dass wir im Durchschnitt ein Drittel günstiger sind und mehr als doppelt so schnell vermieten.”
“Wir wollen da gegensteuern”
“Unser System diskriminiert nicht”, verweist Penkner noch auf einen anderen Vorteil. Wie er das meint? “In Deutschland ist der Markt schon so eng, dass auf eine Wohnung in guter Stadtlage 300 Interessenten kommen.” Das brutale Aussieben sei die logische Folge. Mit smarten Schlössern können deutlich mehr Interessenten Wohnungen besichtigen. Penkner: “Wir wollen da gegensteuern und einen Beitrag leisten, dass sich die Mieten nicht noch weiter erhöhen.” In Deutschland sei der Markt derzeit jedenfalls zu zertreten, um auch dort tätig zu werden.