Wenn fünf Kinder am Mittagstisch sitzen

Die Moosmanns aus Schoppernau sind eine Großfamilie. Bei ihnen läuft manches anders als in kleineren Familien.
Mehr als 30 Pokale stehen auf dem Kachelofen in der Stube der Familie Moosmann aus Schoppernau. Zehn davon haben die fünf Moosmann-Kinder an einem einzigen Wochenende gewonnen. Jedes machte bei zwei Vereinsrennen mit – einmal Ski Alpin, einmal Langlauf – und alle waren in beiden Kategorien erfolgreich. Solche besonderen Erlebnisse kommen vor, wenn man in einer besonderen Familie lebt, wie die Moosmanns es sind.
Zu Familie Moosmann gehören Vater „Däta“ Raimund (49), Mama Elisabeth (40) und die Kinder Elmar (14), Bianca (12), Pirmin (11), Jakob (9) und Rosa (8). Schon vor der Hochzeit wussten Elisabeth und Raimund, dass sie nicht nur ein oder zwei Kinder wollten. Drei oder vier wären schön, sagten sie sich. „Wenn der Herrgott sie uns schenkt.“ Das geschah. Nach dem vierten Kind hatten die Eltern aber das Gefühl, es fehle noch etwas. Und so kam Nesthäkchen Rosa dazu.
Heutzutage wird bereits eine Familie mit mindestens drei Kindern als Groß- oder Mehrkindfamilie bezeichnet. Im Bregenzerwald sind größere Familien noch üblicher bzw. man kennt sie von der älteren Generation, die oft in kinderreichen Familien aufgewachsen ist. Fühlen Moosmanns selbst sich als Großfamilie? Papa Raimund, der zwei Geschwister hat, sagt: „Ja, in der heutigen Zeit schon.“ Mama Elisabeth hingegen stammt aus einer Familie mit 18 Kindern aus dem Schweizer Ort Rotkreuz, sie ist die Zweitjüngste. Sie meint: „Für mich ist es normal.“
Kin Platz am Formular
Erwartet werden so viele Kinder von der Behörde oder der sonstigen Öffentlichkeit jedenfalls nicht: Wenn Moosmanns ein Formular ausfüllen müssen, auf dem auch die Sprösslinge angegeben werden sollen, gibt es darauf höchstens Platz für vier. „Ich hatte noch kein Formular in den Händen, auf dem ich alle fünf in den vorgegebenen Zeilen eintragen konnte“, erzählt der Vater und schmunzelt. Auffallend sei auch: Wenn die Familie irgendwo hingeht, sei die erste Frage immer: „Sind das alles eure Kinder?“ Ansonsten gäbe es häufig zweierlei Reaktionen auf die Großfamilie, berichtet Raimund: „Die einen zeigen indirekt Unverständnis, dass man so viele Kinder haben kann. Die anderen bewundern es bzw. vor allem Elisabeth und fragen: ‚Wie macht ihr das? Ich komme mit zwei Kindern schon kaum über die Runden.‘“

Ja, wie machen Elisabeth, die nebenbei am Abend in einem Hotel putzt, und Raimund, der im Schoppernauer Tourismusbüros arbeitet, das? Elisabeth: „Ein geregelter Tagesablauf und Ordnung sind wichtig.“ So muss beispielsweise jedes Kind seine eigene Kleidung auf einen Haufen hinlegen und darf sie nicht irgendwo verstreuen. Termine der Moosmann-Kinder sind gut durchgeplant. Solche gibt es zuhauf, da die Kinder mehreren Aktivitäten nachgehen: Musikschule, Bergrettung, Ministrantenprobe und und und. Bei so vielen Terminen – es kommen auch schulische oder mal ein Arztbesuch dazu – schreibt Elisabeth jeden auf, sonst würde sie den Überblick verlieren.
Raimund zählt einen weiteren Punkt auf, wie die Großfamilie ihren Alltag meistert: „Die Kinder müssen bei gewissen Sachen natürlich mithelfen.“ Am Kühlschrank hängt ein – wie die gebürtige Schweizerin Elisabeth es nennt – „Ämtchenplan“. Darauf sind fünf Dienste wie auftischen, Tisch ab- oder Geschirrspüler einräumen verzeichnet und jeweils einem Kind zugeordnet. Gekocht wird im Hause Moosmann nur ein Gericht zu Mittag. Wenn eines oder mehrere Kinder es nicht gerne mögen – was übrigens selten der Fall ist – essen sie sich an der Suppe satt. „Wenn man nur zwei Kinder hat, kann man eher auf ihre Wünsche eingehen. Bei fünf funktioniert das nicht“, sagt dazu Papa Raimund.
Zusammenhelfen und -halten, einmal auf etwas verzichten müssen: Dies lernt man in einer Großfamilie. Genauso wie Rücksicht nehmen, sich zurücknehmen, teilen oder sich mit den alten Ski der älteren Geschwister zufrieden geben. „Das sind wertvolle Erfahrungen, die unsere Kinder von klein auf machen, und die sie im späteren Leben brauchen können“, erklärt Raimund. Aber auch er und seine Frau Elisabeth müssen sich in den Hintergrund stellen: „Wir leben für die Kinder. Das ist eine sehr schöne Aufgabe. Eigene Wünsche und Interessen schrauben wir aber zurück, sonst ginge es nicht.“ Dennoch sei die Aufgabe durchaus manchmal sehr herausfordernd. Wenngleich – und das betonen beide – Raimunds Vater und Mutter, also der Ihne und das Ähle, fest mithelfen.

Nie alleine sein müssen
Dafür gibt es natürlich auch viel Schönes, für die Kinder und die Eltern: die Spielenachmittage am Sonntag bei Schlechtwetter, das gemeinsame Musizieren, immer einen Spielkameraden zu haben und nie alleine sein zu müssen.
Das Herz der Familie, das sei die Mama, erklären die Kinder auf Nachfrage und fügen gleich hinzu: „Den Däta braucht es aber auch.“ Heute am Muttertag machen sie das Frühstück, danach geben sie der Mama Geschenke, anschließend geht die Familie in die Kirche und am Nachmittag steht ein Besuch bei der Oma am Programm. Elisabeth freut sich auf den heutigen Tag.