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Aggressiver Autofahrer wurde rechtswidrig gefesselt

28.12.2023 • 14:12 Uhr
Die Handschellen seien nicht das gelindeste Mittel gewesen. <span class="copyright">Symbol/APA</span>
Die Handschellen seien nicht das gelindeste Mittel gewesen. Symbol/APA

Polizisten hätten laut Landesverwaltungsgericht bei Verkehrskontrolle verbal aggressiven Pkw-Lenker bei Festnahme nicht zu Boden bringen und ihm Handfesseln anlegen dürfen.

Was tun mit einem Autofahrer, der sein verbal aggressives Verhalten gegenüber Polizisten nicht einstellt? Einschreitende Polizisten haben nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) am 16. Februar 2023 bei einer Verkehrskontrolle auf einer Landesstraße zwischen Lustenau und Dornbirn überreagiert.

Demnach war zwar die Festnahme des zuvor mehrmals erfolglos abgemahnten Pkw-Lenkers nach dem Sicherheitspolizeigesetz grundsätzlich zulässig. Dass der aus dem Auto gezogene Beschuldigte dabei aber zu Boden gebracht und dem auf dem Bauch liegenden Mann für kurze Zeit hinten Handfesseln angelegt wurden, war Richterin Elisabeth Wischenbart zufolge eine überzogene Zwangsmaßnahme. Insofern erklärte sie die Festnahme in der erfolgten Form für rechtswidrig.

Verfahrenskosten zu bezahlen

Der Maßnahmenbeschwerde des anwaltlich von Olivia Lerch vertretenen Festgenommenen gegen unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt durch die Polizei wurde am Landesverwaltungsgericht Vorarlberg in Bregenz stattgegeben. Der Bund als Arbeitgeber der eingeschrittenen Bundespolizisten wurde dazu verpflichtet, dem Beschwerdeführer 1659,60 Euro an Verfahrenskosten zu bezahlen. Die erstinstanzliche Entscheidung kann noch mit einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof in Wien bekämpft werden.

Die Lustenauer Rechtsanwältin Lerch teilte auf Anfrage mit, nun werde zudem zivilrechtlich eine Amtshaftungsklage mit der Forderung nach Schadenersatz geprüft.

Kein Angriff, keine Fluchtgefahr

Rechtswidrig war das Anlegen der Handfesseln aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts deshalb, weil kein körperlicher Angriff auf Beamte zu befürchten und keine Fluchtgefahr gegeben war. Die Beamten hätten sich unzulässigerweise nicht für das gelindeste Mittel entschieden. Eine vorübergehende Festnahme ohne Fesselung wäre ausreichend gewesen.

Polizisten hatten den Autofahrer nach den gerichtlichen Feststellungen angehalten und kontrolliert, weil er in Schlangenlinien gefahren war. Der Pkw-Lenker aus dem Bezirk Dornbirn sagte, er habe sich auf der Heimfahrt nach der Arbeit kurz mit seinem Autoradio beschäftigt. Er stand nach den Ergebnissen der polizeilichen Tests nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder Suchtgift. Der Mann durfte nach der Kontrolle weiterfahren. Beim Anfahren beschimpfte er aber Polizisten neuerlich, so das Verwaltungsgericht. Daraufhin wurde er festgenommen.