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Beim Vorarlberger Haushalts-Biomüll ist der Wurm drin

21.05.2024 • 17:01 Uhr
Biomüll
Vorarlbergs Haushalts-Biomüll reist derzeit zu größeren Teilen nach Niederösterreich. wpa

Aufgrund der zu flüssigen Konsistenz kann der seit Anfang 2024 tätige deutsche Verwerter AWB Amtzell den Biomüll nicht wie geplant verwerten – jetzt werden große Teile davon mit der Bahn von Rankweil nach Niederösterreich transportiert. Sowohl AWB als auch der Gemeindeverband suchen nach einer Lösung, geben sich sonst aber eher wortkarg.

Vor rund eineinhalb Jahren wurde bekannt, dass der Vorarlberger Haushalts-Biomüll ab 2024 nach seiner Sammlung zentral umgeladen und zum deutschen Biogas-Werk AWB Amtzeller Werk für Biogas GmbH in Oberschwaben transportiert wird, wo unter anderem die Verwertung zu Biogas erfolgt.

Damals gab es eine öffentliche Diskussion darüber, warum der Haushalts-Biomüll (pro Jahr rund 18.000 Tonnen) wenig umweltfreundlich bis nach Amtzell transportiert werden muss. Immerhin gab es damals noch einen entsprechenden Standort von Loacker Recycling in Lustenau, der diese Aufgabe inklusive Biogas-Einspeisung bis dato übernommen hatte. Dieser Standort ist jetzt als Folge außer Betrieb, es gibt von dort auch kein Biogas mehr für Vorarlbergs Haushalte und Unternehmen.

Begründet wurde die neue Vergabe an AWB mit den Kriterien des Vergaberechts. Der hinter der notwendigen Auftrags-Ausschreibung stehende Vorarlberger Gemeindeverband habe aufgrund der deutlichen Preisdifferenz bei den Angeboten keine andere Möglichkeit gehabt, als den Auftrag an AWB zu vergeben. Schon damals argumentierte allerdings die unterlegene Firma Loacker, dass ihr preislich höheres Angebot mit der schlechten Qualität des Haushalts-Biomülls in Vorarlberg zusammenhänge. Denn das verursache einen deutlichen Mehraufwand.

Vorarlberger Biomüll hat eine spezielle Konsistenz.

Jetzt ist diese Angelegenheit um eine spezielle Note reicher und es scheint sich zu bewahrheiten, worauf damals schon hingewiesen wurde. Wie die Wirtschaftspresseagentur.com in Erfahrung brachte, kann AWB den Haushalts-Biomüll aus Vorarlberg aufgrund seiner Konsistenz in Amtzell nicht so wie vorgesehen verwerten. Die Konsequenz: Seit wenigen Wochen werden große Teile des bei einer Umladestation des Entsorgungsunternehmens Branner zusammengeführten Biomülls nicht mehr auf AWB-Lkw-Container verladen, sondern auf Bahn-Container. Per Zug fährt der Vorarlberger Haushalts-Biomüll dann nicht wie eigentlich – per Lkw – vorgesehen nach Amtzell, sondern zu einem Verwerter in Niederösterreich, wie es aus gut informierten Kreisen heißt

Nicht nach Amtzell, sondern nach Niederösterreich

Das Entsorgungsunternehmen Branner betreibt die Umladestation in Rankweil bei der Frutz-Brücke. Dort wird der landesweit von verschiedenen Unternehmen gesammelte Haushalts-Biomüll seit Anfang 2024 zentral zusammengeführt und zeitnah auf AWB-Lkw verladen, die den Biomüll nach Amtzell transportieren. Seit etwa 14 Tagen belade man allerdings auch vermehrt eigens bereitgestellte Bahn-Container, bestätigte Christof Branner, Geschäftsführer des gleichnamigen Entsorgungsunternehmens.

Per Bahn unterwegs

Vergangene Woche etwa seien geschätzte 50 Prozent der täglich gesammelten 75 Tonnen auf diese Bahn-Container verladen worden. Dieser Biomüll werde dann per Bahn nach Niederösterreich transportiert. Wohin genau, das könne er nicht sagen, so Branner. Tatsache sei allerdings, dass Branner die nur wenige Monate alte Umladestation dafür eigens etwas adaptieren musste, da ursprünglich das Verladen auf Bahn-Container nicht vorgesehen gewesen sei. Seiner Ansicht nach hängen die Probleme mit der vergleichsweise flüssigen Konsistenz des Vorarlberger Haushalts-Biomülls zusammen. Das sei vor allem deshalb der Fall, weil es sich um reinen Haushalts-Biomüll ohne Gartenabfälle handle. Diese Konsistenz mache das Handling des Biomülls beim Verwerten in einer Anlage schwieriger. “Die spezielle Konsistenz des Vorarlberger Haushalts-Biomülls ist allerdings seit vielen Jahren bekannt.”

AWB-Sprecher: Entspricht nicht genormter Qualität

Tobias Zwisler, Pressesprecher und Themen-Verantwortlicher bei der AWB Amtzeller Werk für Biogas GmbH, wollte auf Anfrage nicht allzu viele Fragen beantworten. So wollte er unter anderem nicht sagen, ob überhaupt und welche Tonnagen jetzt nicht mehr nach Amtzell, sondern per Bahn nach Niederösterreich geliefert werden. Das wolle man alles nur in Abstimmung mit dem Auftraggeber kommunizieren. Er bestätigte jedoch, dass es ein Problem mit der Konsistenz des Vorarlberger Haushalts-Biomülls gebe. “Dieser Biomüll entspricht nicht den genormten Qualitäten. Dass wir ihn nicht verarbeiten können, hängt nicht mit unseren Anlagen zusammen. Das kann keine Anlage”, behauptet Zwisler.

“Ein einziger Brei”

Der Vorarlberger Biomüll komme in Amtzell als “ein einziger Brei” an. In der Ausschreibung seien allerdings feste und flüssige Teile beschrieben worden. Jetzt versuche man die Ursache dafür zu finden und zu beheben. Möglicherweise hänge es mit der Verladung oder irgendwelchen technischen Gründen zusammen, so Zwisler. Auf den Hinweis, dass die schwierige Konsistenz des Vorarlbergers Haushalts-Biomülls in Branchenkreisen seit Jahren bekannt sei, ging Zwisler nicht näher ein.

Gemeindeverband bestätigt Probleme

Beim Vorarlberger Gemeindeverband bestätigte Peter Hohlbrugger, Leiter Abfallwirtschaft und Umwelt, dass es gegenwärtig Probleme bei der Qualität und der Verwertung des Biomülls gebe. “Er hat eine sehr flüssige Konsistenz, das muss verbessert werden.” Dazu komme, dass der Plastik-Anteil zu hoch sei und nach der Neuvergabe gleich zwei Systeme umgestellt werden mussten (zentrale Sammlung und Umladung, Lieferung nach Amtzell), die sich erst einspielen müssten. Deshalb suche man derzeit in vielen Richtungen nach Lösungen. Eine Idee, bestätigte Hohlbrugger, sei das mögliche Beimischen anderer Stoffe. Allerdings sei das dann keine Abfallsammlung mehr, sondern eine Abfallbehandlung. Dafür gelte ein anderer Rechtsrahmen, weshalb es nicht so einfach umsetzbar wäre.

Konsistenz nicht exakt vertraglich geregelt?

Hohlbrugger bestätigte auch, dass “gewisse Mengen” des Haushalts-Biomülls derzeit per Bahn nach Niederösterreich zur Verwertung geliefert werden. Zu welchem Unternehmen genau, wollte er nicht bekannt geben. Auch nicht eingehen wollte Hohlbrugger auf die nicht näher überprüfbare Information, wonach es der Gemeindeverband bei der Ausschreibung und dann im Vertrag verabsäumt habe, die gelieferte Konsistenz des Biomülls sehr exakt zu definieren. Denn das ermögliche es AWB jetzt, bestimmte Mengen nicht mehr anzunehmen, sondern nach Niederösterreich umzuleiten, meinen gut informierte Kreise. “Ich möchte auf keine Vertragsdetails eingehen. Wir suchen gemeinsam mit AWB nach einer Lösung. Dafür setzen wir in Abstimmung diverse Zwischenschritte.”

Jemand muss die Mehrkosten tragen

Spannend bleibt auf jeden Fall die Frage, wer für die durch die Umleitung des Biomülls nach Niederösterreich entstehenden Mehrkosten aufkommen wird: der Vorarlberger Gemeindeverband – und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – oder aber die AWB Amtzell. WPA