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Messerattacken beschäftigen auch Vorarlbergs Polizei intensiv

08.09.2024 • 12:00 Uhr
Messerattacken beschäftigen auch Vorarlbergs Polizei intensiv
Bei Gewaltdelikten werden immer mehr Messer eingesetzt.hartinger

Bei Gewaltdelikten werden immer öfter Messer als Tatwaffen verwendet. Landespolizeidirektion kennt die Bedrohung, setzt unter anderem auf gezieltes Einsatztraining.

Angriffe mit Messern als Tatwaffen sorgen immer häufiger für negative Schlagzeilen. So im benachbarten Deutschland wie in Mannheim, Solingen und Siegen oder im englischen Southport. Auch in Österreich werden Messer bei tätlichen Angriffen immer öfter benutzt.

Messerattacken beschäftigen auch Vorarlbergs Polizei intensiv
Polizei-Pressesprecher Fabian Marchetti gab Auskunft. hartinger

In Vorarlberg zeichnet sich ebenfalls dieser Trend ab. Bereits im Jahr 2023 war das Messer laut Kriminalstatistik die am häufigsten verwendete Waffe bei Gewaltdelikten, mit insgesamt 124 registrierten Fällen. Wie sieht es im laufenden Jahr 2024 aus? Konkrete Zahlen liegen von der Polizei noch nicht vor. „Eine detaillierte statistische Auswertung erfolgt immer erst im Rahmen der Kriminalstatistik, die für das Jahr 2024 im kommenden Jahr veröffentlicht wird. Erst dann können Vergleiche angestellt werden. Deshalb können wir zum bisherigen Verlauf des Jahres derzeit keine Auskünfte erteilen“, erklärt Fabian Marchetti, Pressesprecher der Landespolizeidirektion Vorarlberg. Klar ist aber, dass es in Vorarlberg in diesem Jahr bereits zu Tathergängen, wo Messer im Spiel waren, gekommen ist.

„Bereits seit mehreren Jahren ist der Umgang mit Messerangreifern ein wichtiger Bestandteil des regelmäßigen Einsatztrainings.“

Fabian Marchetti,
Polizei-Pressesprecher

Fester Trainingsbestandteil

Die Vorarlberger Polizei ist sich der Gefahr von Messerangriffen auf jeden Fall bewusst. Entsprechende Vorbereitungen sind seit Jahren fester Bestandteil des Trainings. „Bereits seit mehreren Jahren ist der Umgang mit Messerangreifern ein wichtiger Bestandteil des regelmäßigen Einsatztrainings“, so Marchetti. Seit 2018 ist jeder Polizist zudem mit einer ballistischen Schutzweste ausgestattet, die über einen Stichschutz verfügt. Dieses Training ist essenziell, denn die Abwehr und Festnahme eines mit einem Messer bewaffneten Täters erfordert spezielles Können. Marchetti betont, dass die Polizeibeamten in Vorarlberg für diese Thematik auch sensibilisiert sind. „Wir stehen in regelmäßigem Erfahrungsaustausch mit ausländischen Polizeieinheiten, hauptsächlich im grenznahen Raum“, fügt er hinzu.

Technische Hilfsmittel

Neben den erlernten Abwehrtechniken stehen den Polizeikräften auch technische Hilfsmittel zur Verfügung. „Jeder Polizist ist standardmäßig mit einer Schusswaffe sowie einem Pfefferspray ausgerüstet. Mehrere Polizeieinheiten in Vorarlberg, die bei Bedarf angefordert werden können, verfügen zudem über einen Taser. All diese Mittel dienen dazu, einen Angreifer widerstands- oder fluchtunfähig zu machen und die Festnahme durchzusetzen“, erläutert Fabian Marchetti.

Messerattacken beschäftigen auch Vorarlbergs Polizei intensiv
Sichergestellte Messer, die jetzt zu Schulungszwecken dienen.Klaus Hartinger

Sind diese Verteidigungsmöglichkeiten ausreichend? Marchetti: „Selbstverständlich werden die Inhalte unserer Aus- und Fortbildung ständig evaluiert. Wir passen das Training an die aktuellen Bedrohungsszenarien an.“ Für die Beschaffung von Einsatzmitteln sei das Bundesministerium für Inneres zuständig. Auch seitens des Ministeriums würden aktuelle Anforderungen und technische Entwicklungen ständig beobachtet und ausgewertet. Insgesamt sieht Marchetti die österreichische Bundespolizei als sehr gut ausgerüstet. „Dieses Feedback erhalten wir zum Beispiel auch von unseren Kollegen aus Deutschland.“

Waffenverbotszonen

Eine Diskussion über die Einrichtung von waffenfreien Zonen, wie sie nach mehreren Messerattacken in Wien eingeführt wurden, ist in Vorarlberg bisher nicht konkretisiert worden. „Um eine Waffenverbotszone verordnen zu können, muss die Sicherheitsbehörde eine Gefährdungsprognose erstellen, ob es an einem bestimmten Ort künftig zu Straftaten, im Fachterminus heißt das gefährliche Angriffe, kommen wird. Auch in Vorarlberg wurden die Voraussetzungen in der Vergangenheit bereits geprüft, jedoch keine derartigen Zonen eingerichtet“, erklärt Marchetti.

„Messer dürfen nicht unterschätzt werden, bereits kleinere Taschenmesser können schwere Verletzungen verursachen.“

Fabian Marchetti,
Polizei-Pressesprecher

Messer nicht unterschätzen

Um die Bevölkerung zu schützen und auf mögliche Gefahrensituationen vorzubereiten, gibt die Polizei konkrete Verhaltenstipps: „Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren und eine größtmögliche Distanz zur angreifenden Person zu wahren. Es sollte schnellstmöglich die Polizei über den Notruf 133 alarmiert werden“, rät Marchetti und fügt hinzu: „Messer dürfen nicht unterschätzt werden, bereits kleinere Taschenmesser können schwere Verletzungen verursachen.“

Entwicklung beobachten

Auf die Frage nach einem möglichen Anstieg religiös motivierter Angriffe, wie zuletzt in den deutschen Städten Mannheim und Solingen, verneint Marchetti: „In Vorarlberg hat es in der Vergangenheit keine derartigen Angriffe gegeben. Es liegen aktuell auch keine konkreten Hinweise auf solche Straftaten vor.“ Die Polizei beobachtet jedoch die Entwicklungen in alle Richtungen genau.

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Fabian Marchetti mit von der Polizei sichergestellten Messern. Hartinger

Auswirkungen auf Ausbildung

Die zunehmende Gewaltbereitschaft und neue Bedrohungsszenarien haben auch Auswirkungen auf die Polizeiausbildung. „Bereits in der Grundausbildung werden Polizeischüler im Themenbereich Psychologie in über 50 Unterrichtseinheiten geschult“, so Marchetti. Die Aus- und Fortbildungsinhalte werden dabei ständig evaluiert und angepasst, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden.

Zudem betont Marchetti, dass Vorfälle und Angriffe aus der Vergangenheit in die Ausbildung und wiederkehrende Fortbildung der Polizei einfließen. „Für die Bediensteten der Landespolizeidirektion Vorarlberg besteht die Möglichkeit, Unterstützung in Form eines Peer-Supports in Anspruch zu nehmen. Peers sind Kollegen, die nach besonders belastenden Einsätzen helfen, diese aufzuarbeiten und zu bewältigen.“

Gut gerüstet

Abschließend betont Marchetti, dass die Polizei trotz der Herausforderungen gut gerüstet ist. „Die Bundespolizei hat in den letzten Jahren nicht nur technisch stark aufgerüstet. Auch in Sachen Einsatztaktik, Einsatztechniken sowie Schieß- und Waffentechnik haben wir uns den Gegebenheiten angepasst.“ Er hebt zudem heraus, dass „die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung in erster Linie Handlungssicherheit und Bürgernähe sind. Dies alles basiert auf einem menschenrechtskonformen Verhalten.“

GERMANY-SECURITY/PROTESTS
Große Trauer herrschte nach der Messerattacke in Solingen (D). Reuters

Gesetzeslage

„Kurz gesagt: verboten sind sowohl der Besitz als auch das Tragen von beidseitig geschliffenen Messern, Springmesser, Butterflymesser, Kurzschwerter und Bajonette. Alle anderen Messer dürfen bei einem vernünftigen Grund wie beispielsweise Jagd, Sport, Fischerei oder Taucher getragen werden“, erklärt Fabian Marchetti.