Die Tabakbranche befindet sich im Umbruch

In ihrem neuesten Bericht prognostiziert die Gesundheitsorganisation WHO einen Anstieg der weltweiten Krebserkrankungen bis 2050 um bis zu 77 Prozent. Nikotin nimmt dabei die Rolle des Haupttreibers ein.
Von Christoph Flatz,
Veranlagungsspezialist in der Sparkasse
Um dem zunehmend kritischen Druck der öffentlichen Meinung standhalten und das eigene Geschäftsmodell in die Zukunft retten zu können, warten die großen Tabakkonzerne mit immer mehr „rauchfreien“ Alternativen auf. Mit ihren neuen wohlschmeckenden rauchfreien Produkten gelingt es ihnen mittlerweile, zunehmend jüngere Konsumentenschichten anzusprechen – und in die Abhängigkeit zu manövrieren.
Der klassische Tabakmarkt schrumpft. Deshalb investierte Branchenriese Philip Morris – heute Tochter der Altria-Group – seit 2008 mehr als 12,5 Milliarden Dollar in die Entwicklung des Rauchfrei-Geschäfts mit E-Zigaretten, Tabakerhitzer, Nikotinbeutel, Snus und Co. 2023 erzielte der Hersteller der weltweit beliebtesten Zigarettenmarke Marlboro bereits 35 Prozent seines globalen Nettoumsatzes mit Alternativprodukten. Im Jahr 2025 sollen es mehr als 50 Prozent sein, auf lange Sicht sogar 100 Prozent. Philip Morris scheut sich nicht, mit „Hör auf zu rauchen“-Slogans an die Öffentlichkeit zu treten und verdient gut damit. Aktiv will man das Geschäft mit den Glimmstängeln aber nicht einstellen, sondern lieber weniger schädlichere Produkte anbieten, so das Unternehmen. Mitbewerber und Lucky Strike-Hersteller British American Tobacco ist ebenso dabei, sein Geschäft umzustellen, allerdings mit weniger Erfolg. Der Konzern kämpft aktuell mit roten Zahlen, die wohl auf eine noch nicht ganz verdaute Übernahme zurückzuführen sind.
Die aktuelle Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) zu Sucht und Drogenkonsum im Lande zeigt einen erfreulichen Rückgang beim Zigarettenkonsum Jugendlicher. Gleichzeitig zeigt die Studie auch auf, dass der Rückgang beim Rauchen teilweise auf den rasanten Anstieg der Nikotinbeutel-Nutzung zurückzuführen ist. Eine Gesetzesvorlage, die Nikotinbeutel für unter 18-Jährige verbieten möchte, geht deshalb bereits in die Begutachtung. Nikotinbeutel, auch Nicotine Pouches genannt, können ganz diskret konsumiert werden. Die kleinen weißen Täschchen, die häufig in einer Metall- oder Plastikdose daherkommen, enthalten keinen natürlichen Tabak, sondern synthetisches Nikotin. In Deutschland drängt die Tabaklobby erst auf Zulassung der Nikotinbeutel. Hier gelten sie – weil ohne Tabak – kurioserweise als Lebensmittel und dürfen aber, weil sie Nikotin enthalten, nicht verkauft werden.