Frieden durch Selbstauflösung?

Ohne Änderung der türkischen Kurdenpolitik wird es keinen Frieden mit den Kurden geben.
Von Thomas Schmidinger
neue-redaktion@neue.at
Die am Donnerstag veröffentlichte Erklärung von PKK-Führer Abdullah Öcalan, wonach „alle Gruppen ihre Waffen niederlegen und die PKK muss sich auflösen“ solle, versetzte viele Anhänger der seit 1984 im bewaffneten Kampf gegen die Türkei stehenden kurdischen Partei in ratloses Staunen. Es ist nicht das erste Mal, dass Öcalan das Ende des bewaffneten Kampfes verkündigt. 2013 geschah dies aber im Rahmen eines hoffnungsvollen Friedensprozesses, zu dem sich auch die Türkei bekannt hatte.
Die neue Erklärung des PKK-Führers klingt jedoch so, als hätte die türkische Regierung mitgeschrieben. Insbesondere die neo-osmanischen Anklänge der Erklärung klingen, als wären sie direkt aus Erdoğans Präsidentenpalast. Auch das war allerdings bereits seinem Newroz Statement von 2013 zu entnehmen, als er vom “tausendjährigen Zusammenleben von Türken und Kurden unter dem Banner des Islam” schwärmte. Die gestrige Erklärung klingt ähnlich, wenn er meint: “In ihrer über tausendjährigen gemeinsamen Geschichte waren die Beziehungen zwischen Türken und Kurden durch gegenseitige Zusammenarbeit und Bündnisse geprägt.”
Die Frage ist nun, ob die gesamte PKK und ihre Schwesterorganisationen dieser Aufforderung ihres seit 1999 in türkischer Haft befindlichen Führers folgen. Mazlum Abdi, der Oberkommandierende der syrisch-kurdischen SDF stellte bereits klar, dass dies nicht für die syrischen Kurden gelte. Der von Öcalan geforderte Kongress zur Entwaffnung und Auflösung der PKK selbst wird mit Sicherheit Bedingungen formulieren, womit der Ball dann wieder bei der Türkei liegen wird.
Unabhängig davon, ob die gesamte PKK nun diesem Aufruf folgen wird, bleibt klar, dass die kurdische Frage in der Türkei nicht durch eine Kapitulation der PKK gelöst werden kann. Ohne dass die Türkei ihre Politik gegenüber den Kurden ändert, ohne dass sie politische Gefangene, wie Selahattin Demirtaş freilässt und ohne dass sie sich aus den besetzten Gebieten in Syrien und im Irak zurückzieht, wird sich die kurdische Frage nicht lösen lassen.