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Über den Wolken: Dornbirnerin steuert Airbus um den Globus

02.03.2025 • 11:00 Uhr
Pilotin Claudia Waibel
Claudia Hummel im Cockpit des Airbus 350. ch

Claudia Hummel fliegt als Pilotin bei der Lufthansa Langstrecken mit dem Großraumflugzeug Airbus 350. Zugleich meistert die 41-Jährige den Spagat zwischen Cockpit und Familie.

Im August 1988 hoben mit Nicola Lisy und Evi Hetzmannseder die ersten beiden Pilotinnen für die Lufthansa ab. Lisy schrieb rund zehn Jahre später erneut Geschichte, als sie im Januar 2000 in die letzte Männerdomäne der Airline vordrang und die erste weibliche Kapitänin bei der Lufthansa wurde. Frauen im Cockpit sind längst keine Sensation mehr. Doch eines lässt sich nicht leugnen: In den vermeintlich klassisch-männlichen Luftfahrtberufen sind sie nach wie vor etwas Besonderes. Der Frauenanteil im Cockpit liegt in der Lufthansa Group heute bei knapp neun Prozent.

Pilotin Claudia Waibel
Vor dem Abheben. ch

Langstreckenflüge

Eine von ihnen ist Claudia Hummel. Die 41-jährige Pilotin fliegt als Senior First Officer Langstrecken für die Lufthansa. Zudem ist sie Ausbilderin für den Airbus 350 im Simulator. Dieses zweistrahlige Langstrecken-Großraumflugzeug mit einer Kapazität von 300 Passagieren steuert Hummel auch bei ihren Flugeinsätzen. Ihren Traumberuf verbindet die gebürtige Dornbirnerin, die heute in Feldafing nahe München lebt, mit ihrer Rolle als Mutter von drei Kindern – ein Spagat, der ohne starke Unterstützung und Organisation kaum zu bewältigen wäre. In einem ausführlichen Gespräch erzählt Claudia Hummel, geborene Waibel, von ihrem Werdegang, den Herausforderungen und besonderen Momenten im Cockpit.

Zur Person

Name: Claudia Hummel
Geboren: 22. Oktober 1983 in Dornbirn
Familienstand: Verheiratet, drei Kinder
Wohnort: Feldafing nahe München
Beruf: Pilotin, Ausbilderin Airbus 350 im Simulator
Ausbildung: Flight Training School in Bremen, First Officer, Senior First Officer
Hobbys: Sport und Familie

Spontaner Entscheid

„Eigentlich ganz spontan!“, erinnert sich Claudia Hummel an den Moment, als sie sich für die Luftfahrt entschied. „Nach dem Abschluss des Sportgymnasiums Dornbirn wusste ich nicht genau, welchen Weg ich einschlagen sollte. Ich habe kurz Jus studiert, aber das erfüllte mich nicht und war einfach nicht mein Ding. Dann saß ich eines Tages als Passagierin in einem Flugzeug und dachte mir: Pilotin zu sein, das wäre eigentlich ein ziemlich cooler Job.“ Ohne familiäre Vorbilder oder Kontakte zur Branche informierte sie sich, bewarb sich – und wurde genommen. „Die erste große Hürde war der Einstellungstest für die Ausbildung in Bremen mit anschließendem praktischem Training in Phoenix. Viele scheitern daran, weil sie in einem Bereich eine Schwäche haben – das kann man sich nicht leisten. Wer aber einmal in der Ausbildung ist, schafft es meistens auch bis zum Abschluss.“

Über den Wolken: Dornbirnerin steuert Airbus um den Globus
Claudia Hummel im Gespräch mit der NEUE am Sonntag. Klaus Hartinger (3)

In ihrer Ausbildungsgruppe war Hummel eine von nur zwei Frauen unter zwölf Teilnehmern. Benachteiligt fühlte sie sich jedoch nicht: „Während der Ausbildung spielte das keine Rolle. Später, bei meinem ersten Arbeitgeber Lufthansa CityLine, war es etwas anders. Dort gab es viele ehemalige Militärpiloten und Kapitäne über 60 Jahre. Ich war damals erst 23, jung und weiblich – da musste ich mich schon mal durchsetzen.“

Über den Wolken: Dornbirnerin steuert Airbus um den Globus


Im April 2007 wechselte sie zur Lufthansa. Heute fliegt Claudia Hummel Langstrecke. „Der Tag beginnt mit einem Treffen der Cockpit-Besatzung. Wir analysieren die Flugdaten, Wetterbedingungen und mögliche Einschränkungen. Danach besprechen wir uns mit der Kabinencrew. Eine Stunde vor Abflug sind wir an Bord, überprüfen die Systeme und programmieren die Flugroute. Dann geht es los – oft für viele Stunden.“ Ihre Routen sind vielfältig: Asien, Südamerika, Afrika. „Eine Lieblingsstrecke habe ich nicht, aber im Winter fliege ich gerne in die Sonne, zum Beispiel nach Kapstadt oder Bangkok. Besonders beeindruckend sind Sonnenaufgänge über den Alpen oder der Anflug auf den Tafelberg bei Kapstadt.“

Über den Wolken: Dornbirnerin steuert Airbus um den Globus

Beruf und Familie

Doch das Leben als Pilotin bringt auch Herausforderungen mit sich – besonders in Bezug auf die Familie. „Ich arbeite in Teilzeit und habe eine Woche im Monat fix frei. Mein Mann Felix und unsere Eltern helfen viel. Die Kinder kennen es nicht anders, aber manchmal ist es für sie auch schwer, wenn ich unterwegs bin. Wir haben uns jedoch gut arrangiert, und wenn ich zuhause bin, nutze ich die Zeit umso intensiver mit den Kindern.“

Medizinische Notfälle sind laut der 41-jährigen Pilotin die häufigsten kritischen Situationen an Bord. „Mit 300 Passagieren an Bord kommt das immer wieder vor, aber eine Notlandung musste ich bisher noch nie durchführen.“ Technische Probleme seien selten. Besondere Momente gibt es viele: „Einmal sind wir eine Polarroute geflogen, 700 Kilometer vom Nordpol entfernt. Dort ist einfach nichts. Das war ein surrealer Moment.“

Pilotin Claudia Waibel
Lufthansa-Pilotin Claudia Hummel. ch

Die Luftfahrt entwickelt sich stetig weiter – auch in Bezug auf die Rolle der Piloten. „Ob es in 20 oder 30 Jahren noch zwei Piloten im Cockpit gibt? Die Industrie forscht daran, nur noch einen Piloten einzusetzen. Momentan sind wir davon noch weit entfernt, aber wer weiß, was die Zukunft bringt?“

Nächstes Ziel Kapitänin

Ihre eigenen beruflichen Ziele? „Ganz klar: Kapitänin werden.“ Die dafür geforderten 3000 Flugstunden hat sie bereits absolviert. „Es gibt aber noch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Anzahl der Dienstjahre.“ Auch als Ausbilderin will sich die ehemalige Fechterin, die auf EM- und WM-Teilnahmen im Juniorenbereich zurückblicken kann, weiterentwickeln und die nächsten Schritte gehen. Für junge Frauen, die Pilotin werden wollen, hat sie abschließend einen klaren Rat: „Wenn dich die Luftfahrt fasziniert, dann mach es! Ich liebe meinen Job und würde ihn immer wieder wählen.“

Drei Fragen an Pilotin Claudia Hummel

Wie hat sich die Rolle von Frauen in der Luftfahrt in den letzten Jahren verändert?
Claudia Hummel: Ich würde sagen, es ist mittlerweile ganz normal, dass Frauen im Cockpit sitzen – auch wenn wir immer noch eine vergleichsweise kleine Gruppe sind. Persönlich erlebe ich keine Widerstände. Für die Lufthansa ist es heute selbstverständlich, dass wir Pilotinnen Teil des Teams sind.

Über den Wolken: Dornbirnerin steuert Airbus um den Globus

Sind Sie auf Vorurteile oder Stereotypen gestoßen, und wie gehen Sie damit um?
Hummel: Im Cockpit erlebe ich das kaum. Natürlich gibt es manchmal Situationen, in denen man sich mit Kolleginnen oder Kollegen nicht perfekt versteht, aber das muss nicht am Geschlecht liegen. Manche Menschen harmonieren einfach besser miteinander als andere. Beruflich hatte ich diesbezüglich bisher keine Probleme.

Gibt es spezielle Netzwerke oder Förderprogramme speziell für Pilotinnen?
Hummel: Lufthansa hat ein allgemeines Frauennetzwerk, das Frauen für den Beruf begeistern und fördern möchte. Ein spezielles Netzwerk nur für Pilotinnen ist mir allerdings nicht bekannt. Es gibt aber Initiativen, die Frauen in der Ausbildung unterstützen – beispielsweise durch eine Ausbildungskapitänin, die sich für angehende Pilotinnen engagiert. Es gibt also durchaus Netzwerke, die den Austausch und die gegenseitige Unterstützung fördern.