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Die Sternwarten der Päpste: Symbiose von Religion und Astronomie

04.05.2025 • 15:00 Uhr
Die Sternwarten der Päpste: Symbiose von Religion und Astronomie
Der Papstpalast in Castel Gandolfo beherbergt auch zwei Spitzenteleskope. SHUTTERSTOCK

Das Osterfest und das Ableben von Papst Franziskus haben den Vatikan samt Petersplatz und Kunstschätzen ins Zentrum des Interesses gerückt. Weniger bekannt sind die astronomischen Leistungen des Heiligen Stuhls.

Von Robert Seeberger
neue-redaktion@neue.at

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Religion und Naturwissenschaften: wie passen diese Themen zusammen? Eigentlich harmonieren sie sehr gut. Schon der Lebenslauf von Papst Franziskus spricht dafür. Jorge Mario Bergoglio hat einen Abschluss als Chemietechniker. 1958 trat er in den Jesuitenorden ein und war seit März 2013 Papst.

Besuche in Castel Gandolfo

Anlässlich des Ablebens von Franziskus berichtet der Leiter der Vatikanischen Sternwarte, Guy Consolmagno, SJ, in einer Presseaussendung über die Verbundenheit des Papstes mit der Astronomie. Die Päpste vor Franziskus verbrachten die Sommerzeit in Castel Gandolfo, 25 Kilometer südöstlich von Rom in den Albaner Bergen. Franziskus verbrachte hier keinen Urlaub, sondern tauschte sich schon drei Monate nach seiner Wahl mit den päpstlichen Astronomen aus. Bei weiteren Besuchen ließ er sich die bedeutenden historischen Geräte des Observatoriums, Teleskope, Astrolabien und einen historischen Marsglobus zeigen.

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Der Vatikan ist als astronomischer Wissensvermittler tätig und organisiert jedes Jahr eine einmonatige Sommerschule für Studenten der Astrophysik aus aller Welt. Dabei hatten die Studenten fast immer Gelegenheit zu einer Privataudienz beim jeweiligen Papst. Heuer im Juni lautet das Thema der 19. Sommerschule des Vatikan Observatoriums: „Erforschung des Universums mit dem James Webb Weltraumteleskop“. Seit 2022 hat das Spitzenteleskop die Astrophysik revolutioniert. Die Themen der Sommerschule reichen von den Anfängen des Universums, der Entstehung und Entwicklung von Galaxien, der Entstehung von Sternen und Planeten bis zum Ursprung des Lebens. Für Spitzenqualität sorgen Referenten aus Cambridge, von der NASA, vom James Webb Forschungsteam und Astrophysikern des Vatikan Observatoriums. Die Jesuiten als Betreiber der Sternwarte sind promovierte Astrophysiker und Theologen.

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Die Sternwarte in Castel Gandolfo. AP

Die historische Vatikan Sternwarte

Auf Papst Gregor XIII gehen die astronomischen Initiativen des Vatikans zurück. Er beauftragte die Astronomen, den aus dem Ruder laufenden julianischen Kalender zu reformieren. Er ließ den Turm der Winde (torre dei venti) errichten, in dem die Patres Sonnenbeobachtungen im Meridianzimmer anstellten. Der Meridian ist die Mittagslinie und die Beobachtungen bestätigten die Notwendigkeit der Kalenderreform. Der Jesuit Christoph Clavius trug wesentlich zur Kalenderreform von 1582 bei. Er befasste sich mit Mathematik und astronomischen Instrumenten. Clavius gilt als Gründer der Wissenschaft an der Vatikan-Sternwarte. Nach ihm wurde ein Mondkrater benannt. Spätere Vatikan-Astronomen forschten über Sonnenflecken und gehörten zu den Erstentwicklern von Spiegelteleskopen. Mitte des 19. Jahrhunderts klassifizierte Pater Angelo Secchi als erster die Sterne nach ihren Spektren. Wegen der zunehmenden Lichtverschmutzung in Rom wurde in Castel Gandolfo eine neue Sternwarte gegründet. Der gebürtige Bregenzer Pater Johann Georg Hagen war bis zu seinem Tode 1930 Direktor der Vatikanischen Sternwarte.

Big Telescope
Das größte Teleskop des Vatikans steht auf dem Mount Graham in Arizona. AP

Moderne Astrophysik

Das Spitzenteleskop des Vatikans steht seit 1993 auf dem über 3100 Meter hohen Mount Graham in Arizona. Die Forschungsresultate der Vatikan-Astrophysiker reichen von der Kosmologie bis zu Exoplaneten. Neben historischen Geräten und Werken von Kopernikus, Galileo, Newton und Kepler verfügt der Vatikan über eine Meteoritensammlung mit über 1100 Exemplaren. Weshalb begeistert sich der Vatikan so sehr für die Forschung? Direktor Guy Consolmagno: „Der Ruf nach dem Verstehen des Universums ist ein göttlicher Ruf. Auf dieser Grundlage wurden wir ermutigt, Wissenschaftler zu sein.“