Pfusch am Bau und wer zahlt den Schaden? Wenn das Vertrauen bröckelt – eine Götzner Bau-Odyssee

Tamara und Jutta Zeisset sind mit den Nerven am Ende. Ihr Ringen mit Bauträger, Hausverwaltung oder Sachverständigen wegen offenkundiger Baumängel in einer Eigentumswohnung in Götzis ist längst zur unendlichen Geschichte geworden. Bauträger und Hausverwaltung weisen die Vorwürfe in der NEUE zurück.
Tamara und Jutta Zeisset liegen psychisch und physisch an ihren Grenzen, die Kontaktaufnahme mit der NEUE am Sonntag sei ihre letzte Hoffnung. Der Kauf einer Eigentumswohnung im Götzner Hanfland entpuppte sich für das Ehepaar als Auftakt für einen zermürbenden Spießrutenlauf. Die Frage, wer für die Sanierung der offenbar bereits vor dem Kauf entstandenen Baumängel aufkommt, schwebt seit Jahren wie ein Damoklesschwert über den Häuptern der entmutigten Frauen.
Kauf im Jahr 2018
Die Wohnung sei ihnen 2018 um 360.000 Euro angeboten worden. „Damals war das ein fairer Preis“, meint sie. Was man ihnen nicht gesagt habe: dass es bereits damals Wassereintritt gegeben habe.
Die Verkäufer hätten Betonplatten auf der Terrasse legen lassen. Ein Wunsch des Vorbesitzers – so wurde es dem Paar gegenüber dargestellt. Diese wurden anschließend vom Vorbesitzer zwei Jahre vor Verkauf mit Fliesen belegt. Jäger Bau, der Bauträger, habe später argumentiert, dass dieser Aufbau schuld sei an Wasserschäden, die sich später zeigten. Doch der Versicherungsgutachter sei zu einem anderen Schluss gekommen. „Das darf einfach nicht sein, dass da Wasser durchkommt – egal ob da eine Fliese draufliegt oder nicht.“

Fragwürdige Abdichtung
Schon bald nach dem Einzug habe sich gezeigt, dass mit der Abdichtung etwas nicht stimme. In der Garage habe sich sogar schon Jahre Wasser gesammelt. Später sei Feuchtigkeit im Inneren der Wohnung sichtbar geworden. „Der Parkett hat sich gehoben“, sagt Jutta.
Damals sei man noch davon ausgegangen, dass es sich um ein lokales Problem handle. Doch mit der Zeit habe sich das Ausmaß ausgedehnt. „Wir haben Fotos gemacht, Gutachter beauftragt, die Hausverwaltung informiert“, schildert Tamara. Doch die Reaktionen seien zögerlich gewesen. Immer wieder sei ihnen signalisiert worden, dass es sich um Einzelfälle handle – und dass sie selbst die Verantwortung dafür trügen.
Kommunikation als Hürde
2019 sei eine erste Begehung mit einem Sachverständigen erfolgt. Es sei damals festgestellt worden, dass unter anderem die Bauwerksabdichtung defekt sei. Doch die Kommunikation darüber sei vage geblieben. „Wir haben nie eine konkrete Auskunft erhalten, was gemacht werden soll.“

Im April hätten sie zuletzt eine E-Mail an die Hausverwaltung geschickt. Darin seien Fragen zur Ausführung, zu verwendeten Materialien und zum Gutachten gestellt worden. Die Antwort: Es lägen noch keine Informationen seitens Jäger Bau vor. Nur wenige Wochen später dann die Überraschung: Eine Nachricht, dass ein Teil der Sanierung abgeschlossen sei. „Ohne unser Wissen“, betont Tamara. „Und ohne dass wir gewusst hätten, was überhaupt gemacht wurde.“
Einseitige Sanierung?
„Es wurde die Ostseite gemacht – das war dort, wo die Wand richtig aufgewölbt war“, berichten die beiden. Doch ihre eigene Westseite, inklusive Fenster, sei nicht saniert worden. Sie hätten das Gefühl gehabt, dass einzelne Mängel gezielt ignoriert worden seien.
Und wenn es um technische Fragen ging, sei die Antwort oft dieselbe gewesen: „Der Bauleiter könne sich nicht mehr erinnern.“ Ein Hoffnungsschimmer sei das Gespräch mit dem Geschäftsführer von Jäger Bau gewesen. Dieses habe in Schruns stattgefunden. „Er hat sich zwei Stunden Zeit genommen“, so Jutta. Man habe ihm eine PowerPoint-Präsentation gezeigt, Fotos der Schäden vorgelegt. „Er hat gesagt: Ja, das ist nicht in Ordnung – wir werden alles sanieren, was der Sachverständige feststellt.“
Psychischer Druck
Die Belastung sei über die Jahre zu groß geworden. „Jede E-Mail von der Hausverwaltung – das haut mich um.“ Sie habe mehrere Operationen hinter sich, zuletzt eine am Steißbein. Jahrelang sei sie im Krankenstand gewesen.
„Ich habe einfach keine Reserven mehr. Alles Geld, das ich hatte, ist in die Wohnung geflossen.“ Auch Jutta berichtet von der psychischen Belastung: „Jede Mail haben wir gemeinsam geschrieben – weil es alleine nicht mehr ging.“ Die Wohnung, sagen sie, habe ihre Beziehung auf die Probe gestellt.

An Cousine vermietet. Trotz der offenen Fragen hätten sie sich dazu entschlossen, die Wohnung zu vermieten – an Tamaras Cousine. „Ich habe ihr die Wohnung angeboten, weil ich dachte, die vollständige Sanierung kommt bald“, sagt Tamara. Doch die vollständige Sanierung sei ausgeblieben und daher konnte ich nie die volle angemessene Miete verlangen. Und auch das Verhältnis zur Mieterin ist durch die Lage schwierig. „Sie ist mit der Situation unglücklich, weil ich überlege zu verkaufen, was ich eigentlich nie wollte“, so Tamara.
„Aber ich kann einfach nicht mehr.“ Auf wiederholte Anfragen, warum ihre Seite der Wohnung nicht vollkommen saniert wurde, hätten sie keine Antwort erhalten. Sie hätten mehrfach darauf hingewiesen, dass die Situation belastend sei. Doch weder die Hausverwaltung noch Jäger Bau hätten laut den beiden nachvollziehbar reagiert.
Eigentümerrollen?
Ein weiteres Problem sei die Einstellung der anderen Eigentümerinnen und Eigentümer. „Viele ignorieren die Schäden oder wollen nichts sagen.“ Das habe sich auf das soziale Klima im Haus ausgewirkt.
„Man schaut uns an, als wären wir die Störenfriede.“ Dabei gebe es zahlreiche Hinweise auf weitere Mängel. In einem Protokoll der Eigentümerversammlung sei von Wassereintritt über Dunstabzugshauben die Rede. „Aber solange niemand laut wird, passiert auch nichts.“

Angestrebter Rückkauf?
Eine Lösung wäre für Tamara und Jutta ein Rückkauf durch den Bauträger. „Wir haben das mehrfach vorgeschlagen“, sagen sie. Die Wohnung sei bereit zur Rückgabe – zu einem fairen Preis. Doch bisher sei auch auf dieses Angebot keine Reaktion erfolgt. „Dabei wäre das die beste Lösung für alle.“ Die Wohnung weiterzuverkaufen – trotz der Mängel – komme für Tamara nicht infrage. „Ich kann niemandem eine Wohnung mit Schimmel oder noch zu sanierenden Mängel verkaufen, das bin ich nicht.“
Viele Bekannte hätten ihr geraten, einfach einen Haftungsausschluss zu unterschreiben. „Aber das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.“ Nach sechs Jahren voller Frustrationen, E-Mails und gescheiterter Versuche, eine Einigung zu erzielen, haben sich Tamara und Jutta an die NEUE am Sonntag gewandt. „Nicht, um jemanden anzuschwärzen – sondern, weil wir glauben, dass es so nicht weitergehen kann.“

Jäger Bau kontert den Vorwürfen: „Die Fehlersuche war äußerst aufwendig“
Auf NEUE-Anfrage reagiert Thomas Lang (Jäger Bau) auf die teilweise heftige Kritik der Eigentümerin.
NEUE: Es kam wiederholt zu Verzögerungen bei der Behebung von Baumängeln im Gebäude. Was waren die Gründe dafür?
Thomas Lang: Die Verzögerungen sind auf eine aufwendige und langwierige Fehlersuche zurückzuführen. Insbesondere der Schaden an der Abdichtung war schwer zu lokalisieren. Erst nach mehreren Versuchen konnte der genaue Ursprung des Mangels identifiziert werden.
NEUE: Der von der Hausverwaltung beauftragte und eingesetzte Sachverständige wurde im Zuge dessen kritisiert. Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen?
Lang: Eingesetzt wurde ein anerkannter Sachverständiger. Wir möchten aber betonen, dass er nicht in unserem Auftrag tätig war – seine Bestellung erfolgte durch die Hausverwaltung. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe können wir nicht nachvollziehen.
NEUE: Wie wurden die Sanierungsmaßnahmen bisher koordiniert?
Lang: Alle Sanierungsschritte erfolgen und erfolgten stets in enger Abstimmung mit der Hausverwaltung. Diese agiert als Vertreterin der Eigentümergemeinschaft, da es sich bei der betroffenen Gebäudehülle um allgemeine Gebäudeteile handelt.
NEUE: Wurden nach der Fehlerfeststellung umgehend Maßnahmen gesetzt?
Lang: Ja, nach erfolgreicher Lokalisierung des Schadens wurden die Mängel gemeinsam mit der Hausverwaltung zielgerichtet behoben.
NEUE: Eine Eigentümerin erhebt dennoch Kritik. Was sagen Sie dazu?
Lang: Die betroffene Eigentümerin hat das Objekt über den Gebrauchtmarkt erworben. Es besteht daher kein direktes Vertragsverhältnis zu Jäger Bau. Dennoch wurden alle Maßnahmen im Sinne einer verantwortungsvollen Kundenbetreuung durchgeführt – obwohl keinerlei rechtliche Verpflichtung unsererseits besteht.

Hausverwalter beziehen Stellung: „Wir wollten die Eigentümer vor Kosten schützen“
Auf Anfrage äußerte sich auch Geschäftsführer Daniel Kühne (Hausverwaltung Mag. Kofler Vermögenstreuhand GmbH) zu den Vorwürfen.
In Form einer schriftlichen Stellungnahme betont der Hausverwalter gegenüber der NEUE am Sonntag, dass das Mandat erst mit 1. Jänner 2022 übernommen wurde. Was zuvor geschah, könne man nicht bewerten. Seither habe man sich aber „weit über den üblichen Rahmen hinaus“ bemüht, die dokumentierten Mängel zu bearbeiten. Probleme habe es vor allem deshalb gegeben, weil die zur Verfügung stehenden Gutachten teils widersprüchlich und schwer nachvollziehbar gewesen seien. Um Klarheit zu schaffen, wurde ein unabhängiger Sachverständiger hinzugezogen.
Kosteneinsparung
Der Vorwurf, im Interesse des Bauträgers zu handeln, sei unbegründet, so die Verwaltung. Vielmehr sei es erklärtes Ziel gewesen, die Sanierungskosten nicht auf die Eigentümer abzuwälzen. „Wir wollten eine Behebung der Mängel durch den Bauträger erreichen – und so die Eigentümergemeinschaft vor Kosten schützen“, so Geschäftsführer Daniel Kühne.
Wasserschaden
Besonders heftig kritisiert wurde das Vorgehen rund um den Wasserschaden im Oktober 2024. Auch hier widerspricht die Hausverwaltung: „Bereits am 14. Oktober sei ein Ortstermin zur Leckortung angesetzt worden, zu dem alle Betroffenen – Eigentümer, Mieter, Bauträger – eingeladen wurden. Nach einer weiteren Untersuchung bei der zwei Sachverständige anwesend waren, wurde festgestellt, dass sich unter der Abdichtungsebene Wasser gesammelt hatte. Dieses wurde abgepumpt, die Sanierung im Frühjahr 2025 durchgeführt. Inzwischen zeigen Feuchtigkeitsmessungen in den betroffenen Wohnungen keine Auffälligkeiten mehr. Ausstehend sind lediglich noch Malerarbeiten, die vom Bauträger beauftragt werden sollen.“
Transparente Kommunikation
Der Vorwurf, relevante Unterlagen seien zurückgehalten oder einseitig interpretiert worden, werde strikt zurückgewiesen. „Nein, das haben wir selbstverständlich nicht“, so die schriftliche Antwort. Man habe jederzeit transparent kommuniziert.
Daniel Kühne stellt klar: „Wir haben zu jeder Zeit mit größtem Einsatz gearbeitet – mit dem klaren Ziel, Schaden von der Eigentümergemeinschaft abzuwenden und alle Mängel nachhaltig zu beheben.“ Die Firma sieht sich weiterhin offen für Rückfragen und appelliert an ein sachliches Miteinander.
(NEUE Vorarlberger Tageszeitung/NEUE am Sonntag)