Pension mit 70?

Emotionale Debatte über längeres Arbeiten überdeckt Reformbedarf.
Von Christof Skala
neue-redaktion@neue.at
Die steigende Lebenserwartung führt zusammen mit dem demografischen Wandel zur Überalterung unserer Gesellschaft. Durch weniger Beitragszahler reduziert sich der Finanzierungsanteil für die Pensionen über das Umlagesystem merklich, während der Zuschuss aus dem Bundesbudget in den nächsten Jahren um weitere Milliarden Euro ansteigt. Damit fehlen zunehmend Budgetmittel für Reformen bei Bildung, Gesundheit, für Investitionen in Infrastruktur, Sicherheit sowie bei der Transformation der Wirtschaft.
Als einfache Lösung für dieses Problem wird vermehrt die Forderung nach Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 oder gar 70 Jahre erhoben. Dabei erreichen wir nicht einmal das gesetzliche Antrittsalter von 65 Jahren.
Die harte Realität des Arbeitsmarktes lautet, dass ältere Beschäftigte (oft schon ab 55 oder früher) aus dem Erwerbsleben „gedrängt“ werden (Früh- oder Korridorpension) und Neueinstellungen bei dieser Altersgruppe Seltenheitswert haben – vielfach sogar im öffentlichen Sektor und bei hochqualifizierten Personen.
Ausgehend von einer ehrlichen Anerkennung unterschiedlicher Branchen- und Berufsrealitäten bedarf es viel mehr einer echten Strukturreform: gezielte Anreize für die Beschäftigung älterer Menschen, altersfreundliche Arbeitsplätze, flexiblere Zeit- und Entlohnungsmodelle sowie einen Kulturwandel in den Personalabteilungen, aber auch in der ganzen Gesellschaft, stellen doch Wissen und Erfahrung älterer Arbeitskräfte einen zu wenig geschätzten Wert dar. Attraktive Angebote schaffen auch am Arbeitsmarkt Nachfrage. Noch gehen zu viele Beschäftigte vor dem gesetzlichen Pensionsalter in den Ruhestand. Und wer darüber hinaus arbeiten möchte, darf nicht benachteiligt werden, in dem es zu finanziellen Einbußen bei der Pension kommt.
Wie so oft hakt es bei einer größeren Reform an den unterschiedlichen Vorstellungen der Interessenvertretungen (wie Wirtschafts- und Arbeiterkammer) und an der Politik. Marginale Reformen statt substanzieller Anpassungen sind bisher das Ergebnis. Das Notwendige und Sinnvolle zu tun, ist auch beim Pensionsthema ein Gebot der Stunde.
