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Endgültiges Aus für Bludenzer Geburtenstation

HEUTE • 12:13 Uhr
Endgültiges Aus für Bludenzer Geburtenstation
Landesrätin Rüscher trat an die Öffentlichkeit. Hartinger, Shourot

Die Schließung der Station im Zuge der Spitalsreform ist beschlossene Sache – Verlegung ins LKH Feldkirch.

Nach jahrelangen Diskussionen und Bemühungen um die Fortführung der Geburtshilfe am Landeskrankenhaus Bludenz ist nun eine endgültige Entscheidung gefallen: Ab 1.1.2026 werden im LKH Bludenz keine Geburten mehr durchgeführt, die Kreißsaalaktivität wird an den Standort Feldkirch verlegt. Geburten werden künftig am Schwerpunktkrankenhaus und in den anderen geburtshilflichen Abteilungen des Landes begleitet. Dieser Schritt erhöht die Sicherheit für Mütter und Neugeborene. In Bludenz bleibt die Still- und Schwangerschaftsambulanz als Anlaufstelle für junge Mütter und Schwangere aus der Region, die Frauenheilkunde wird sich auf Beckenboden-Chirurgie und gynäkologische Tageschirurgie spezialisieren. Grundlage für diese Entscheidung ist die medizinische Beurteilung, die durch einen externen Experten bekräftigt wurde.

Bereits in den vergangenen Jahren war die Fortführung der Geburtshilfe nur unter größten Anstrengungen des engagierten Teams vor Ort möglich. Und die Personalsituation ist und bleibt angespannt – aus verschiedenen Gründen. Frauenheilkunde und Geburtshilfe gilt als medizinisches Mangelfach: Spitalsärzt:innen für diesen Fachbereich zu gewinnen und vor allem Fachärzt:innen nach ihrer Ausbildung zu halten, gestaltet sich grundsätzlich schwierig. Hinzu kommt, dass die Bludenzer Geburtenstation mit rund 400 Geburten jährlich und angesichts sinkender Geburtenzahlen als Arbeitsplatz für Fachärzt:innen weniger attraktiv ist als die deutlich größeren Entbindungsstationen am Schwerpunkthaus Feldkirch (rund 1000 Geburten) und am LKH Bregenz (rund 1150 Geburten). Schon zwei Mal, 2022 und 2023, musste zur Entlastung der Mitarbeitenden der Geburtenstation am LKH Bludenz ein Sommermodell mit einer temporären Schließung von Kreißsaal und Mutter-Kind-Station eingeführt werden.

Bestmögliche Versorgung für Mütter und Kinder hat oberste Priorität – vor allem im Notfall

Einen weiteren Aspekt, der gegen eine Fortführung spricht, verdeutlicht DDr. Burghard Abendstein, Leiter der Gynäkologie und Geburtshilfe am LKH Feldkirch und LKH Bludenz: „Auch die Geburtshilfe entwickelt sich rasant. Das Alter der Gebärenden steigt kontinuierlich, zugleich nehmen Größe und Geburtsgewicht der Kinder zu. Das bringt neue Herausforderungen wie auch Risiken bei der Geburt, denen wir entsprechend Rechnung tragen müssen.“ In komplexen Behandlungssituationen sind die Voraussetzungen vor Ort in Bludenz jedoch nicht optimal. So steht kein Krisen-Team bereit, außerdem gibt es keine stationäre Pädiatrie. Wird es kritisch, ist daher eine Überführung ans LKH Feldkirch unvermeidlich. 

„Oberste Priorität hat für uns, Müttern und Kindern eine bestmögliche Versorgung zu bieten“, so DDr. Abendstein „Dafür brauchen wir neben Fachpersonal auch hochwertige medizinische Ausstattung – beides können wir in Feldkirch bieten.“ Dort stehen drei moderne Kreißsäle und ein OP speziell für Kaiserschnitte zur Verfügung. Direkt daran angeschlossen ist die Kinderintensivstation mit höchsten technischen Standards. Neugeborene können im Notfall innerhalb weniger Sekunden aus dem Entbindungsraum direkt auf die Kinderintensivstation bzw. Neugeborenenintensivstation gebracht werden.

Medizinische Beurteilung bestätigt Verlegung nach Feldkirch
Eine Expertenbeurteilung von Priv. Doz. Dr. med. univ. Manfred Georg Mörtl MBA MU verdeutlicht die Unvermeidbarkeit einer Verlegung der Kreißsaalaktivität im LKH Bludenz ins Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch. Darin heißt es konkret, dass vor dem Hintergrund der bevorstehenden Pensionierungen von Leistungsträgern in Geburtshilfe und Anästhesie „eine Krankenhausstruktur mit einer Kette ständig wechselnder Vertretungsärzt:innen von auswärts in einem sensiblen Bereich wie der Geburtshilfe höchst problematisch und mit erheblichen Gefahren verbunden“ ist.

Die Strukturen beider Standorte müssten jedoch intelligent, einfühlsam und bindend zusammengeführt werden, konstatiert Priv. Doz. Dr. med. univ. Manfred Georg Mörtl MBA MU und ist überzeugt: „Dieser Vorgang ist mit Sicherheit nicht durch Kirchturmdenken, politische Klientelbefriedigung oder Supervision zu erreichen, sondern ausschließlich durch aus der Not entstehende Einsicht und beiderseitigen Willen.“

„Unter den gegebenen Umständen ist es schlichtweg nicht mehr möglich, den Betrieb der Geburtenstation auf lange Sicht mit der gebotenen Sicherheit für Mutter und Kind rund um die Uhr aufrechterhalten zu können. Die Verlegung der Kreißsaal-Aktivität ins Landeskrankenhaus Feldkirch ist ausschließlich eine medizinische Entscheidung und keine Einsparungsmaßnahme – alle Arbeitsplätze sind gesichert, begründen Landesrätin Martina Rüscher, MSc und Dir. Dr. Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, die schwierige Entscheidung, die etablierte und verdienstvolle Abteilung am LKH Bludenz zu schließen.

„Mein Ziel und politische Vorgabe war es, die Geburtshilfe am LKH Bludenz aufrechtzuerhalten. Sowohl die Finanzierung als auch die Stellenausstattung waren seitens des Landes gesichert. Die nun erfolgte Entscheidung basiert jedoch auf einer klaren medizinischen Beurteilung, die auch durch eine externe Fach-Beurteilung bestätigt wurde. Dabei gilt für mich klar: Medizinische Sicherheit und Qualität stehen immer an erster Stelle. Gleichzeitig ist es mir wichtig, den Blick nach vorne zu richten: In Bludenz braucht es auch künftig eine verlässliche Anlaufstelle für Frauen vor und nach der Geburt. Angebote wie eine spezialisierte Sprechstunde werden daher sichergestellt, um die Betreuung junger Familien weiterhin wohnortnah und qualitätsvoll zu gewährleisten.“

Still- und Schwangerenambulanz bleibt – Schwerpunkt Beckenboden- und Tageschirurgie

Schwangeren und jungen Müttern aus der Region bietet das LKH Bludenz auch nach der Schließung der Geburtenstation eine Anlaufstelle: Die Still- und Schwangerenambulanz gewährleistet weiterhin eine kompetente Vor- und Nachbetreuung. Konsequent der Schwerpunktsetzung folgend wird sich die Frauenheilkunde ab 2026 auf die Beckenboden-Chirurgie spezialisieren und als tageschirurgisches Zentrum für gynäkologische Eingriffe fungieren.

Das Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch erfährt durch die Entscheidung in diesem Fachbereich eine Kompetenzstärkung. Höhere Fallzahlen, mehr Spezialisierung und eine enge Zusammenarbeit unter den Häusern entsprechen dabei ganz dem Sinne des Spitalscampus Vorarlberg. „Damit wollen wir gemeinsam tragfähige Lösungen entwickeln, die den Herausforderungen unseres Gesundheitssystems insbesondere im Hinblick auf Personal und Demografie gerecht werden“, erklärt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher. „Die oberste Priorität bleibt unangetastet: Den Patient:innen die beste medizinische Betreuung zukommen zulassen. Diesem Ziel haben sich alle anderen Faktoren, sei es Wirtschaftlichkeit oder eine Standortfrage, klar unterzuordnen.“

(NEUE Vorarlberger Tageszeitung)