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Nun kommt Licht in die NS-Aufbaugemeinde Schwarzenberg

19.11.2025 • 11:18 Uhr
Nun kommt Licht in die NS-Aufbaugemeinde Schwarzenberg
Wäre es nach den Dornbirner Nationalsozialisten gegangen, wäre das Bödele zu Dornbirn eingemeindet worden, was die Schwarzenberger zu verhindern wussten.Sammmlung VOLARE der Vorarlberger Landesbibliothek

Insgesamt elf Gemeinden in Vorarlberg wurden durch die Nationalsozialisten zu einer „Aufbaugemeinde“ auserkoren. Schwarzenberg war eine davon und wollte sich dieser Vergangenheit lieber nicht stellen. Ein Vortrag von Historiker Albert Summer morgen im Gasthaus Adler in Schwarzenberg widmet sich genau diesem Kapitel.

Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at

Albert Summer war Mittelschulpädagoge und absolvierte nach seiner Pensionierung ein Studium der Geschichtswissenschaften. Im Rahmen seiner Masterthesis untersuchte er die NS-Aufbaugemeinden in Vorarlberg. Lediglich Schwarzenberg stellte sich mit Bürgermeister “Seftone” Schmid keiner Befragung und verwies darauf, dass „seitens der Gemeinde auch kein Interesse an einem solchen Interview“ bestehe. Auf fünf Seiten handelte Summer die Gemeinde Schwarzenberg trotzdem in seiner Arbeit ab und verwies mit Hinweis auf den Nachkriegsbürgermeister auf den „frühen Einzug des Nationalsozialismus in Schwarzenberg“ durch die Wintersportler aus Dornbirn, Bregenz und Friedrichshafen, die in Schwarzenberg Vorsäßhütten gepachtet hatten.

Das Bödele und Egon Denz

Die Dornbirner NS-Funktionäre planten den Schwarzenbergern das Bödele wegzunehmen und nach Dornbirn einzugemeinden. Das wussten die Schwarzenberger allerdings mit Hilfe des aus Schwarzenberg gebürtigen NS-Oberbürgermeisters von Innsbruck, Dr. Egon Denz, zu verhindern. Denz war der Sohn eines Schwarzenberger Kleinbauern, besuchte das Gymnasium in Feldkirch und studierte anschließend an der Universität Innsbruck Rechtswissenschaften. Denz trat schon am 8. März 1933 der NSDAP bei und am 11. September der SS. Gleich nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde Denz Oberbürgermeister von Innsbruck und er habe als solcher – er war zudem Oberster Befehlshaber der Feuerwehr – während der Reichspogromnacht verhindert, dass die durch die Nationalsozialisten gelegten Brände in der Stadt gelöscht werden. Ab 1943 war Denz in der „Operationszone Alpenvorland“ unter Franz Hofer für das Ressort Inneres zuständig. Nach Kriegsende wurde er von den Alliierten interniert und im Oktober 1947 aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem das Volksgericht das Verfahren gegen ihn einstellte.

Nun kommt Licht in die NS-Aufbaugemeinde Schwarzenberg
Der Historiker Albert Summer wird die NS-Geschichte der Gemeinde beleuchten.

SA und Waffen-SS

Albert Summer merkt an, dass es nicht lange dauerte, bis Schwarzenberg eine eigene, 60-Mann-starke SA-Abteilung aufstellte. Die Sturmabteilungen waren paramilitärische Kampforganisationen der NSDAP, die unter anderem den Saalschutz übernahmen und gegen Gegner der NSDAP vorgingen. SA-Leiter war der erste NS-Bürgermeister Albert Fetz, von Beruf Schilehrer und Bergführer. Albert Fetz wurde allerdings 1943 zur Wehrmacht einberufen, nachdem er mehrmals mit der Gestapo zu tun bekommen hatte. Die Führung der SA und des Reichskriegerbundes habe dann der Jagdaufseher Ignaz Metzler übernommen, dem kein guter Ruf voraus- und nacheilte, weshalb die beiden Organisationen verfielen. Metzler war nach dem Krieg im Anhaltelager Lochau für belastete Nationalsozialisten interniert und zur Arbeit verpflichtet. Im Gasthaus Adler richtete SS-Generalleutnant Ludwig Merker gegen Kriegsende „das Befehlsquartier zur Rundumverteidigung“ ein und erlangte Kenntnis von einer Widerstandsgruppe, die einen Überfall auf dieses Quartier geplant hätten. Das konnte aber durch einen Major des Stabes verhindert werden.

Nun kommt Licht in die NS-Aufbaugemeinde Schwarzenberg
Der Innsbrucker NS-Oberbürgermeister Egon Denz stammte aus einer kleinbäuerlichen Familie in Schwarzenberg und studierte in Innsbruck Rechtswissenschaften. Sammmlung VOLARE der Vorarlberger Landesbibliothek

Das Kriegsgefangenenlager

Wie in anderen Aufbaugemeinden wurden auch in Schwarzenberg Kriegsgefangene in einem Lager untergebracht und zur Arbeit gezwungen: zum Güterwegebau, zu Entwässerungs- und Drainagearbeiten, aber auch zur Heuernte. Schon 1940 waren 19 belgische Kriegsgefangene in Schwarzenberg, 1941 kamen bis zu 50 serbische Kriegsgefangene in die Schwarzenberger Lager „Schwarzen“ und „Versorgungsheim“. Am 5. November 1943 meldete der Gendarmerieposten Schwarzenberg, dass der „Aufbaugemeinde“ 25 Ostarbeiter und zwei Ostarbeiterinnen zum Arbeitseinsatz zugewiesen wurden. Untergebracht wurden sie in einem alten Bauernhaus in der Parzelle Schwarzen. „Mit der Arbeitsleistung sind die Arbeitsgeber im Allgemeinen zufrieden“, lautete der „Stimmungsbericht“ der Gendarmerie im November 1943. Im Dezember desselben Jahres allerdings: „Mit ihrer Arbeitsleistung ist die Leitung der Aufbaugemeinde nicht zufrieden. Die Arbeiter sind fast durchwegs junge Leute, aber sie arbeiten nicht gern, bzw. müssen sie ständig vom Vorarbeiter dazu verhalten werden.“ Später war dann die Arbeitsleistung wieder als „zufriedenstellend“ bezeichnet worden und mit 15. Februar 1945 wurde das „Zivilrussenlager in Schwarzen“ aufgelassen.

Kinderlandverschickungslager

Auch zwei Lager im Rahmen der Kinderlandverschickung hatte es in Schwarzenberg gegeben. Kinder aus kriegsbedrohten Städten wurden zu ihrem Schutz in ländliche Gebiete verbracht und in Lagern, in denen sie auch nationalsozialistisch indoktriniert wurden, untergebracht. Nicht immer freiwillig und nicht immer ohne psychische Folgen. Wo genau sich diese Lager in Schwarzenberg befanden, lässt sich aus den Unterlagen beim Landratsamt im Vorarlberger Landesarchiv nicht erschließen. Aber es soll sie zwischen April und Oktober 1944 gegeben haben. Da vor 14 Jahren im „Ferienheim Maien“ noch Geschirr aus der NS-Zeit mit Emblemen gefunden wurde, wie der Journalist Klaus Hämmerle in den VN berichtete und auch einen Zeitzeugen ausfindig machte, war dieses eines der beiden. Eventuell finden sich hier noch Zeitzeugen, die sich an diese Lager erinnern können oder davon gehört hatten.

Die Vergangenheitsbewältigung

„Die politische Bewältigung des nationalsozialistischen Regimes vollzog sich in unserer Gemeinde äußerst maßvoll. Es zeigten sich kaum Rachegefühle. Wie andernorts gab es nicht Allzuviele mit Einsicht und Schuldgefühlen“, heißt es im Heimatbuch der Gemeinde Schwarzenberg. Es werde im Heimatbuch der Gemeinde nicht erwähnt, dass Schwarzenberg zur Aufbaugemeinde bestimmt war und eine Aufbaugenossenschaft mit 200 Mitgliedern gründete, erklärt der Historiker Summer. Im Rahmen dieses „Aufbaus“ sollten nicht nur Straßen, Wege und Seilbahnen errichtet werden, sondern auch eine Flurbereinigung stattfinden, als „Umlegungsverfahren“ sollten diese nicht „in gütlichen Wegen“ erreicht werden können. Zur Ertragssteigerung der einzelnen Höfe durch „Zukauf von entfremdetem Grund und Boden“, so das Landratsamt Bregenz am 19. Januar 1943 an den Bürgermeister in Schwarzenberg. Im Heimatbuch ist dann zu lesen: „Übereifrige Parteigänger wollten schon wissen, wer nach dem großen Sieg zur Erweiterung des deutschen Siedlungsraumes in die Berge des Kaukasus abgeschoben würde und seinen Besitz den ‚allzeit Getreuen‘ überlassen müsse.“

Veranstaltung

NS-Aufbaugemeinde Schwarzenberg 1944 bis 1945
Referent: Albert Summer
Ort: Gasthaus Adler in Schwarzenberg
Datum: Heute, 20. November, 19.30 Uhr
Anmeldung unter: office@kulturforumbregenzerwald.at