Lausbuben-Streich mit 18 Jahren: Wegen einer Stange Marlboro und einer Tafel Schokolade im schweren Strafvollzug

Zwei junge Burschen, ein VW-Käfer, eine ungeladene Luftdruckpistole und ein Jugendstreich, der zum bewaffneten Raubüberfall wurde: Erster Teil einer Geschichte, die vor 40 Jahren den Lebensentwurf von Mirko Ladstätter über den Haufen warf.
Es war der 19. März 1983, als der damals 18-jährige Mirko Ladstätter gemeinsam mit einem 16-jährigen Freund in Hohenems eine Entscheidung traf, die sein Leben nachhaltig veränderte.
„Das war in der jugendlichen-Sturm-und-Drang-Phase“, wie es der heutige Dornbirner Tivoli-Wirt im Gespräch mit der NEUE am Sonntag beschreibt. Was als „Blödsinn“ begann, endete in einem bewaffneten Raubüberfall – zumindest juristisch.
Kiosk-Überfall
Die beiden suchten nach einem „geeigneten Objekt“. „Wir sind da Kilometer herumgefahren, bis wir endlich den Kiosk gefunden haben“, sagt er. Dann nahmen sie „eine Stange Marlboro und eine Trauben-Nuss-Milchschokolade, in zweifacher Ausführung“.
Als sein Freund plötzlich sagte: „Das ist ein Überfall“, kippte der harmlose Streich, denn die Verkäuferin in dem Kiosk in der Hohenemser Lustenauerstraße verfiel in Panik. Die Jugendlichen ergriffen die Flucht.

Aus Spaß wird Ernst
Zunächst wähnten sich die beiden Schokoladen- und Tabakdiebe in Sicherheit. Wenige Tage später klickten aber die Handschellen.
Die Polizei kam den beiden schnell auf die Spur. Ein Zeuge hatte das Kennzeichen des VW-Käfers notiert. Als die Beamten den jungen Mann aufsuchten – übrigens am 50. Geburtstag seines Vaters – fanden sie eine ungeladene Luftdruckpistole im Auto.

„Ich habe eine ungeladene Luftdruckpistole besessen, die im Handschuhfach des Käfers lag. Und das hat gereicht für den Tatbestand“, sagt er. Denn aus einem Ladendiebstahl wurde so ein „bewaffneter Raubüberfall“. Am 21. März 1983 folgte die Verhaftung. „Ich war einen Tag in Untersuchungshaft und übernachtete das erste Mal in einer Zelle“, erzählt er. Beide Beschuldigten gestanden sofort. „Das war der Grund, warum wir auf freiem Fuß angezeigt worden sind.“ In der Hoffnung, dass es noch glimpflich ausgehen würde.
Richtungsweisender Urteilsspruch
Während sein 16-jähriger Freund aufgrund seines Alters Glück im Unglück hatte, bekam der 18-Jährige die volle Härte des Gesetzes zu spüren. Mirko Ladstätter wurde zunächst zu zwei, nach Berufung der Staatsanwaltschaft dann in Innsbruck zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt – wegen bewaffneten Raubüberfalls. Der Lehrling, der sich kurz vor dem Abschluss befand, war zum Straftäter geworden und würde sich bald eine Zelle mit Mördern, Vergewaltigern und Schwerverbrechern teilen müssen.

„Ich war wie vor den Kopf gestoßen, mein Leben hatte von einem Tag auf den anderen eine 180-Grad-Wende genommen. Zumindest hatte ich noch die Hoffnung, die Strafe in Vorarlberg abzusitzen“, erzählt der Gastronom.
Aber auch das blieb ihm verwehrt, denn der damalige Leiter des Vorarlberger Strafvollzugs setzte sich nicht für den Lehrling ein und so folgte die Entscheidung, den jungen Straftäter in die Justizvollzugsanstalt Suben nach Oberösterreich zu verlegen – er packte seinen Koffer und erlebte einen Gefangenentransport, der ihm besonders in Erinnerung geblieben ist.

Transport nach Oberösterreich
Die Verlegung dauerte mehrere Tage und führte über mehrere Gefängnisse. „Eine richtige ‚Häfen-Sehenswürdigkeiten-Tour‘“, beschreibt der ehemalige Insasse der JVA Suben. Ebenfalls mit an Bord des Gefangenentransports: zwei kolumbianische Drogendealer, ein verurteilter Betrüger und Rudi M., ein notgedrungener Weggefährte, zumindest für die Überstellung.
Mirko Ladstätter und sein Kollege bekamen besondere Auflagen: „Uns wurden Handschellen verpasst und wir wurden aneinander gekettet“, führt er weiter fort. Ein Toilettengang, direkt an der Straße „quasi Hand in Hand mit Rudi“ blieb ihm besonders in Erinnerung.

„Die Beamten beharrten darauf, dass es nicht möglich sei, die Fesseln, auch für das Wasserlassen, zu lösen. So musste ich notgedrungen, direkt an der Straße, rund 90 Kilometer von Salzburg entfernt, neben dem Transporter meine Notdurft verrichten“, schmunzelt der 62-Jährige.
Im Strafvollzug
Wenig zum Lachen hatte er dann aber nach der Verlegung in das oberösterreichische Gefängnis. „Ich muss gestehen, dass ich großes Glück hatte, denn auch wenn es für mich als jungen Burschen ein gewaltiger Schock war, lernte ich dort, was es heißt, zu seinem Wort und auch für seine Taten einzustehen“, zeigt sich der Wirt nachdenklich. Und mit Andi L. lernte er in der JVA Suben einen ebenfalls aus Vorarlberg stammenden Straftäter kennen, der ihm in der schwierigen Zeit beistand und ihn als Leiter der Gefängnisbibliothek unter seine Fittiche nahm. Davon aber mehr in der nächsten Ausgabe.

Kommenden Sonntag folgt der zweite Teil der Geschichte über die Zeit von Mirko Ladstätter im Haftvollzug, in dem er Einblick in das Leben hinter schwedischen Gardinen gewährt – und ihm eine überraschende Wendung widerfährt.
(NEUE am Sonntag)