„Sicherheitsbedürfnis wird steigen“

VLV-Vorstand Sturn spricht über das neue Buch und die Corona-Krise.
Die VLV hat ein Buch zum 100-jährigen Bestehen herausgebracht. Welche Geschichte aus der Vergangenheit ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Robert Sturn: Der Brand des Warther Hofs war 1980 und sehr einprägsam. Hierbei geht es um Existenzabsicherung und die Frage, warum es eine Versicherung braucht. Beim Warther Hof war das sehr eindrücklich. In dem Moment, als es gebrannt hat, wusste der Betroffene nicht, wie die Zukunft aussehen würde. Im Frühjahr hat es gebrannt und noch im gleichen Jahr konnten die Besitzer mit Unterstützung der VLV für die Wintersaison wieder eröffnen. In diesem Schadensfall konnten wir uns als Versicherung auszeichnen.
Inwiefern?
Sturn: Wir waren damals vor Ort und haben die Existenz gesichert. Das werden die Betroffenen nie vergessen, als ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, jemand da war, um sie zu unterstützen und zu helfen. Das ist die eigentliche Aufgabe der Versicherung. Wenn man das miterlebt hat, dann weiß man, dass man einen guten Job macht.
In dem Buch soll es auch um die Werte der Versicherung gehen. Welche Werte sind das?
Sturn: Es sind vier wesentliche Punkte. Sicherheit, Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität.
Wie kann eine Versicherung für Nachhaltigkeit stehen?
Sturn: Wir sind die erste Versicherung, die Gemeinwohl bilanziert ist. Das ist für uns nicht nur eine Marketinggeschichte. Wir nehmen das ernst. Als Versicherer, die oft mit Naturkatastrophen zu tun haben, sind wir der Meinung, dass man das Thema aktiv angehen muss. Wir haben nur diese eine Welt und darauf gilt es aufzupassen. In unserem Stammbuch steht, wir müssen uns um das Allgemeinwohl kümmern. Das ist wichtig und nicht nur jetzt gültig, sondern gilt für die VLV auch noch für die kommenden 100 Jahre.
Sie sprechen die Klimakrise an?
Sturn: Ja, das ist derzeit in den Hintergrund geraten, aber nicht plötzlich verschwunden. Es ist eine Tatsache, dass die Naturkatastrophen in kürzeren Abständen kommen und intensiver in der Ausbreitung sind. Wir haben vor zehn Jahren schon ein System vorgelegt, dass man Naturkatastrophen absichern kann. Man muss Verantwortung übernehmen und als Versicherer sind wir stark betroffen. Wir können den Leuten die Unsicherheit nicht wegnehmen, aber durch finanzielle Mittel lindern.
Wieso ist die Regionalität für Sie als Unternehmen wichtig?
Sturn: Wenn man einmal in die Augen eines Geschädigten geblickt hat und als Vorstand vor Ort ist, dann ist das etwas anderes, als wenn die Kunden in einem Callcenter anrufen und sagen, dass ihr Haus abbrennt. Bei uns werden alle Entscheidungen in Bregenz getroffen und unzufriedene Kunden können uns dort direkt zur Rede stellen. Dieser Kontakt ist wichtig für die Kunden und für uns.
Durch die Corona-Krise steigt die Unsicherheit in der Bevölkerung. Nehmen Sie das als Versicherer auch wahr?
Sturn: Das Sicherheitsbedürfnis ist viel größer als noch vor einem Jahr. Die Nachfrage nach Sicherheit wird aber noch weiter zunehmen. Durch die Fördermaßnahmen wird das derzeit noch überlagert, aber 2021 wird das noch stärker werden.
Inwiefern?
Sturn: Nehmen wir die Bettenkapazitäten in den Krankenhäusern als Beispiel. Diese Unsicherheit prägt die Menschen, die Nachfrage nach privaten Krankenversicherungen wird zunehmen. Ob man dadurch ein Bett bekommt, weiß man zwar nicht, aber die Menschen wollen nicht der Ohnmacht, die derzeit verspürt wird, ausgeliefert sein. Der Winter wird diesbezüglich noch interessant werden. Es werden Skiunfälle dazukommen, die auch irgendwo versorgt werden müssen. Wenn die Spitäler dann mit Corona-Patienten voll sind, dann wird das eine große Herausforderung.
Eine abschließende Frage zum geplanten Neubau der Zentrale in Bregenz: Hat Corona einen Baustopp erzwungen?
Sturn: Nein, aber Corona hat die Büro-Organisation auf den Kopf gestellt. Diese gilt es in Bezug auf Homeoffice nochmals zu überdenken. Daher sind wir nochmals über die Bücher gegangen. Noch vor Weihnachten soll aber der gültige Baubescheid kommen und dann wird das gesamte Team im April ins Marienheim übersiedeln. Dann wird das Gebäude, in welches wir 1927 eingezogen sind, abgebrochen.