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Wie eine Altacher Ortstafel zum Fall für den Verfassungsgerichtshof wurde

HEUTE • 16:35 Uhr
Wie eine Altacher Ortstafel zum Fall für den Verfassungsgerichtshof wurde
Das Höchstgericht befasst sich mit einer Altacher Ortstafel. stiplovsek

Der Verfassungsgerichtshof muss über die Rechtmäßigkeit einer Ortstafel mit Geschwindigkeitsbegrenzung in Altach entscheiden. Anlassfall ist der Einspruch gegen eine Radarstrafe.

Justizfälle können erschütternd, bewegend und von großer Tragweite sein. Hin und wieder regen sie aber auch einfach zum Schmunzeln an. So befasst sich derzeit der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit einem Fall aus Vorarlberg, genauer gesagt aus Altach. Auslöser ist eine Ortstafel im Ried und der Einspruch gegen eine Radarstrafe.

Standortfrage

So war Anfang Sommer ein Fahrzeuglenker auf der Rheinstraße von Hohenems über das Freibad Rheinauen nach Altach unterwegs, wo er wegen einer Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung geblitzt wurde. Gegen die Radarstrafe legte er Einspruch beim Landesverwaltungsgericht (LVwG) Vorarlberg ein. Der Grund: An dieser Ortstafel ist ein Schild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometer pro Stunde angegeben, gültig für das gesamte Ortsgebiet, ausgenommen Vorrangstraßen. Allerdings soll die Ortstafel nicht dort gestanden sein, wo sie hingehört – nämlich an den Ortsanfang. Stattdessen befand sie sich direkt beim Freibad im Ried.

Die Straßenverkehrsordnung sieht laut Paragraf 53, Absatz 17a vor: “Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist.”

Fall für das Höchstgericht

An der Gesetzmäßigkeit des Tafelstandorts zweifeln auch die Juristen in Bregenz. Wie LVwG-Präsident Nikolaus Brandtner der NEUE bestätigt, hat das Landesverwaltungsgericht im betreffenden Fall einen Antrag auf Normprüfung beim VfGH in Wien eingebracht. Das Höchstgericht soll nun prüfen, ob der Verdacht stimmt. Wenn tatsächlich eine Rechtswidrigkeit festgestellt werden würde, müsste der sogenannte “Ergreifer” – also der Beschwerdeführer – das Bußgeld nicht bezahlen.

Wie eine Altacher Ortstafel zum Fall für den Verfassungsgerichtshof wurde
LVwG-Präsident Nikolaus Brandtner neue/dünser

Auch die Landesregierung gab – wie in solchen Fällen üblich – eine Stellungnahme zum Fall ab. Das kann man dem Protokoll der Regierungssitzung vom 26. August entnehmen. “In der Äußerung wird beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle im Falle der Aufhebung der angefochtenen Verordnungen […] eine Frist von sechs Monaten für das Außerkrafttreten setzen, um der Gemeinde Altach die Möglichkeit zu geben, rechtzeitig im Sinne der Verkehrssicherheit Ersatzregelungen zu erlassen”, liest man darin.

Gemeindevorstand verordnete Tafeln neu

Markus Giesinger, Bürgermeister in Altach, erklärt auf Nachfrage, dass die Gemeinde bereits von dem Fall weiß und auch schon gehandelt hat: “In der Gemeindevorstandssitzung am Dienstag wurden alle Ortstafeln an die richtigen Stellen verordnet. Am Mittwoch erhielten die Mitarbeitenden des Bauhofs den Plan, wo die Tafeln zu platzieren sind. Somit wird ein rechtmäßiger Zustand hergestellt.” Bei einem Lokalaugenschein des NEUE-Fotografen war die Ortstafel, die für den juristischen Wirbel gesorgt hat, bereits an einem augenscheinlich rechtmäßigen Platz am Eingang des Ortsgebiets angebracht.

Wie eine Altacher Ortstafel zum Fall für den Verfassungsgerichtshof wurde
Bürgermeister Markus Giesinger stiplovsek

Auch einzelne andere Ortstafeln werde man im Rahmen der Neuverordnung leicht verschieben, um allen Vorschriften nachzukommen, bestätigt Giesinger. “Sobald alle Tafeln am richtigen Platz sind, werde ich dem Landesverwaltungsgericht mitteilen, dass der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt ist. Das könnte das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof verkürzen, was sicher im Interesse des Steuerzahlers wäre”, hofft der Bürgermeister.

Wie eine Altacher Ortstafel zum Fall für den Verfassungsgerichtshof wurde
Inzwischen steht die Ortstafel dort, wo sie hingehört – am Eingang zum Ortsgebiet. stiplovsek

Aber was passiert mit den Radarstrafen in Altach, die während des vermeintlich unrechtmäßigen Zustandes verhängt wurden? Wer Hoffnungen hat, sein bereits bezahltes Geld zurückzubekommen, wird jedenfalls enttäuscht. “Mit der Bezahlung ist das Verfahren rechtskräftig und damit abgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof könnte höchstens für noch laufende Verfahren eine Anlassfallwirkung erlassen, müsste dies aber extra für diesen Fall tun”, erklärt LVwG-Präsident Brandtner. Ob das tatsächlich eintritt, ist offen, da noch kein Urteil vorliegt.