„Die Kunst frisst die Immobilie“

Kollektiv in Bregenz wird derzeit mit Arbeit von Uwe Jäntsch bespielt.
Trau keinem über dreißig“ ist einer der Titel, den der Vorarlberger Künstler Uwe Jäntsch für seine Ausstellung im oder besser am Kollektiv in der Bregenzer Maurachgasse ausgewählt hat. Es ist nicht der einzige und er ist so wie die anderen auch einer jener Sprüche und Allgemeinplätze, mit denen wir regelmäßig konfrontiert sind, ohne dass wir sie noch wirklich ernst nehmen.
Jäntschs Arbeiten sind zumeist direkte künstlerische Eingriffe in das vor Ort Vorhandene, der Untergrund seiner Bilder sind immer wieder Mauern oder wie in diesem Fall Glas. Inhaltlich nimmt er sich häufig gesellschaftliche (Fehl-)Entwicklungen und Zustände vor, die er nicht ohne eine Spur Ironie künstlerisch verarbeitet.

Im Kollektiv hat Jäntsch die Glasscheiben des Raumes von innen bemalt, („Hinterglasmalerei wie bei Heiligenbildern“). Entstanden ist ein „Immobilienbüro“. Damit sei auch ein Wiedererkennungseffekt für die Vorbeigehenden geschaffen, so der Künstler. Ein Immobilienbüro kenne ja jeder.
Die übrigen Ausstellungstitel sind ein Teil der Malerei: „Wir kaufen ihr Grundstück“, „Wir führen sie und ihre Immobilie zusammen“ steht da auf dem Glas, Sätze, die vor allem in den vergangenen Jahren omnipräsent zu sein scheinen. „Die habe ich nur aufschreiben müssen“, sagt Jäntsch. In den Köpfen der Leute seien sie sowieso.

Auf der vorderen Glasfront finden sich zudem eine ganze Reihe an Einfamilienhäusern „für den Mittelstand“, bei jedem steht ein Auto dabei, ein deutsches. Immobilien fressen uns Räume auf, sagt der Künstler. In der Pandemie habe sich dieser Hype noch vervielfacht, spielt er auf die rege Sanierungs- und Renovierungstätigkeit zahlreicher Menschen in den vergangenen Monaten an. In seiner Arbeit „frisst die Kunst die Immobilie“, dreht das Ganze also um.
Und ein weiterer Aspekt fließt in die Ausstellung ein. Seitlich neben dem Eingang ist noch der „Bancomat“ zu sehen, ein Objekt, das aus Jäntschs Zeit in Palermo stammt, wo der Künstler viele Jahre gelebt und gearbeitet hat. Auf dem „Bancomat“, ein Holzschrank, liegen zwölf Fliesen. „Made in China“ steht auf vielen drauf, sind sie aber in dem Fall nicht, sondern von Jäntsch in Bludenz bei der Firma Karak gefertigt. Mit den mittlerweile zahlreichen in China gefertigten Produkten gebe es auch „Luxus nicht mehr nur für die Reichen“, so der Künstler, der Totenköpfe auf die Fliesen geritzt hat. Auch das Zusammenspiel Immobilien und China wird damit thematisiert.

Ganz bewusst bleibt indes der Innenraum leer und das hat nichts mit Corona zu tun. Wen interessiert schon der Inhalt, war dazu die Überlegung. Nun sei alles schön an der Oberfläche, man könne von außen alles sehen, was man wissen müsse, meint der Künstler. Somit ist Jäntschs Arbeit auch eine Art Kunst im öffentlichen Raum, Hemmschwelle und Berührungsängste fallen weg. Seine Kritik – und das ist es letztlich – arbeitet nicht mit erhobenem Zeigefinger, der liegt ihm so fern wie sonst was. Vielmehr spürt er mit Witz seinem Umfeld nach und arbeitet das künstlerisch auf, was ihm auffällt. Gegenwartsanalyse der besonderen Art.