Wenn die kleinen Babys langsam erwachsen werden

Heidi Salmhofer mit ihrer Sonntags-Kolumne in der Neue am Sonntag.
Meine ältere Tochter feiert ihren 14. Geburtstag. Vierzehn! Vier und zehn! Nochmal so eine rasante Fahrt auf dem Zeitschlitten und sie ist 28! Und ich – Jessas, Maria und Josef –sechzig.
Zwei Mal im Jahr wandern mir derartige Rechnungen durch den Kopf, dann sitze ich entgeistert da und denke mir, wohin ist nur die Zeit verschwunden? Mein eigener Alterungsprozess verursacht nicht derartige Wehmut, wahrscheinlich deshalb, weil meine eigenen Entwicklungsschritte nicht mehr so groß sind wie jene meiner Mädels. War vor zwei Jahren noch Puppen-Ponyhof ein Must-have, sind es jetzt modische Jeans und Geld, um für einen Mofa-Führerschein zu sparen. Auch die Kommunikation mit meinen Mädels verändert sich ständig. Dabei fällt auf, ihr Interesse an meiner Lebensgestaltung nimmt zu. Da kann es dann passieren, dass sehr unerwartete Fragen gestellt werden. „Mama! Hattest du Männerbesuch?“, wurde ich unlängst direkt und grinsend gefragt. Ich verneinte, vehement. Und es war nicht gelogen. Meine Tochter schaute mich schief an. „Sicher?“ Auch meine Beteuerung, dass ich definitiv davon wüsste, wenn in unserer Wohnung Männliches anwesend gewesen wäre, überzeugte sie nicht. „Wie kommst du überhaupt auf diese seltsame Idee?“ – „Da sind kleine Haare im Bad. Da hat sich jemand den Bart rasiert!“ Als ich ihr sagte, dass ich mir gerade eben die Stirnfransen ein bisschen gestutzt hätte und wohl ein paar Härchen übersehen habe, war sie fast ein wenig enttäuscht. Ich ging Bad putzen.
„Warum hast du eigentlich noch immer keinen Freund?“ Das sind genau die Fragen, für die ich emotional noch nicht bereit bin. In meinem Herzen sind meine Mädels doch noch immer irgendwie „kurz nach Geburt Babys“. Mich mit meiner Tochter über mein Leben außerhalb des Mutterdaseins zu unterhalten, das ist für mich wirklich noch gewöhnungsbedürftig. Dann schau ich sie mir an, wie sie vor mir steht, fast so groß wie ich. In ihren Gesichtszügen erkennt man langsam die erwachsene Frau, die sie mal sein wird. Sie ist absolut kein Baby mehr. Da wird über Politik, Gefühle und Sexualität gesprochen. Unverblümt und geradeheraus. Und das ist wirklich gut so. Denn das ist jetzt der Weg, auf dem ich sie begleiten darf, vom Mädchen zur erwachsenen, selbstbewussten Frau. Das Wissen um die Notwendigkeit, feuchte Handtücher nach dem Duschen wieder aufzuhängen, konnte ich beiden Töchtern bis heute aber leider noch nicht vermitteln. Ein wenig Zeit habe ich noch. Egal. Ich gehe jetzt einen Geburtstagskuchen backen!
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.