Gemeinde beschloss Budget zu spät

Die Gemeinde hat ihr Budget für das laufende Jahr erst am Montag beschlossen und will das als Erfolg verkaufen.
Wer gegen das Gesetz verstößt, versucht selten, das an die große Glocke zu hängen. Eine Vorarlberger Gemeinde hingegen beschloss ihren Voranschlag für das Jahr 2023 nicht nur zu spät, sondern engagierte auch noch ein PR-Unternehmen, um das Gegenteil zu behaupten.
Freude über spätes Budget
Die Aussendung der Agentur „Clavis“ verweist auf eine „frühzeitige Budgetklausur“ der Gemeinde Lech im Oktober 2022. Nachdem der Gemeindevorstand den Voranschlag für das Jahr 2023 dann einstimmig gebilligt habe, sei er der Gemeindevertretung vorgelegt worden, heißt es weiter. Irgendwo dazwischen wurde jedoch gesetzwidrig viel Zeit liegen gelassen.
„Die Gemeindevertretung hat den Voranschlag so rechtzeitig zu beschließen, dass er mit Beginn des Kalenderjahres wirksam werden kann. “
§ 73 Abs 5 1. Satz Gemeindegesetz
Das Gemeindegesetz schreibt nämlich vor, dass der Voranschlag von der Gemeindevertretung „so rechtzeitig zu beschließen“ ist, „dass er mit Beginn des Kalenderjahres wirksam werden kann“. Der Voranschlag für 2023 hätte also bereits 2022 verabschiedet werden müssen und mit 1. Jänner in Kraft treten sollen. Tatsächlich erfolgte der Beschluss aber erst am 9. Jänner und damit zu spät. „Als Bürgermeister ist es mir wichtig, mit einer zeitgerechten Budgetplanung ins neue Jahr zu starten“, wird jedoch Gemeindeoberhaupt Gerhard Lucian in der Aussendung zitiert.
Neun Tage Provisorium
Auf Basis des Voranschlages kann die Gemeindeverwaltung das ganze Jahr über Ausgaben tätigen. Deshalb ist auch vorgesehen, dass er bereits zu Jahresbeginn vorliegt. Allerdings sieht das Gemeindegesetz – wie auch die entsprechenden Haushaltsregeln auf Bundes- und Landesebene – für den Fall einer Verzögerung ein sogenanntes Budgetprovisorium vor.
Falls der Voranschlag nicht wie gesetzlich vorgesehen beschlossen wird, „sind die Gemeindeorgane im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten in der ersten Hälfte des Haushaltsjahres ermächtigt, Mittelverwendungen nach dem Voranschlag des abgelaufenen Haushaltsjahres vorzunehmen“. Das alte Budget gilt also vorerst weiter, bis die Gemeindevertretung ein neues beschließt. Allerdings darf monatlich nur ein Zwölftel des Vorjahreshaushaltes ausgegeben werden.
Angeblich kein Provisorium
Auf Anfrage der NEUE heißt es von „Clavis“, dass es nur zum Budgetprovisorium gekommen wäre, „wenn der Voranschlag eben nicht rechtzeitig hätte beschlossen werden können.“ Dem widerspricht allerdings der Wortlaut des Gesetzes und auch Verfassungsjurist Peter Bußjäger: Ohne automatisches Budgetprovisorium hätte für jede Ausgabe der Gemeinde zwischen 1. und 9. Jänner die Rechtsgrundlage gefehlt. Rechnungen hätten also nicht bezahlt werden dürfen.
Diese Ausnahmebestimmung für das Budgetprovisorium ist für ebensolche Fälle vorgesehen. Insbesondere, wenn in einer Gemeindevertretung keiner die absolute Mehrheit hält und die politische Polarisierung derart weit reicht, wie in Lech, kann die Verhandlung länger dauern als im Gesetz eigentlich vorgesehen. Die hohe Inflation machte die Haushaltserstellung für das Jahr 2023 sicherlich nicht leichter. „Die Zahlen sind eine Prognose, wobei die Annahmen zu Einnahmen traditionell sehr konservativ, also tendenziell eher zu niedrig eingeschätzt werden“, heißt es daher auch in der PR-Aussendung des Skiorts.
Das wird auch für die übrigen Kommunen in Vorarlberg gelten. Allerdings ist Lech bisher die einzige Gemeinde, die sich nach neun Tagen gesetzlichen Budgetprovisoriums eines „bereits“ beschlossenen Haushalts rühmte.