Malend ertrug er sich selbst

Der Kulturkreis Hohenems lädt morgen zum öffentlichen Interview von Wolfgang Ölz mit dem Künstler Richard Bösch im Kulturcafé Kitzinger in Hohenems.
Richard Bösch, geboren 1942 in Bregenz, hat auch beklemmende Erinnerungen an seine früheste Kindheit in Hohenems: Er erinnert sich, wie ihm als Zweieinhalbjährigem ein SS-Mann mit einer Gerte auf seine polierten Stiefel schlug und wie ein orthodoxer Jude, der von der Schweizer Grenzpolizei nach Hohenems rücküberstellt wurde, schnell in einen bereitstehenden Klein-LKW klettern musste. Zeit seines Lebens hatte er ein problematisches Verhältnis zu seiner Mutter. Seinen Großonkel, von dem eine frühe Bleistiftzeichnung von 1961 existiert, die auch den Vergleich mit den genialen ersten Selbstporträts eines Albrecht Dürer nicht zu scheuen braucht, bezeichnete er als seinen „Lebensmenschen“, wie das Thomas Bernhard von seiner geliebten Lebensgefährtin sagte.

Einflüsse und Lehrer
Als freischaffender Künstler konnte er seit 1968 überleben, weil er immer eine Gruppe von treuen und betuchten Sammlern hatte. Die Akademie der Bildenden Künste in Wien, die er 1963 bis 1968 besuchte, war für ihn von entscheidender Bedeutung. Seine Lehrer, Herbert Boeckl, Robin Christian Andersen und Walter Eckert, trägt er immer noch in seinem Herzen. Speziell die monochrome Farbfeldmalerei aus Amerika, allen voran Mark Rothko, war wichtig für sein gesamtes Werk. Das Hell-Dunkel in der „Nachtwache“ von Rembrandt war richtiggehend ein Erweckungserlebnis für ihn.
Bösch sagt, ein Bild ist dann gut, wenn es in Dialog mit dem Künstler tritt. Wenn der Moment gekommen ist, wenn das Bild eine eigene Persönlichkeit hat, dann ist es Zeit, den Pinsel nach intensiver Arbeit am Malkörper beiseite zu legen. Der Weg führte Richard Bösch in die absolute Abstraktion, alles Gegenständliche, auch das Dekorative lehnt er ab.
Richard Bösch hat seinen eigenen Blick auf die Vorarlberger Kunstgeschichte und die gegenwärtige Kunstszene. Beispielsweise schätzt er die dezente Mystik in den Farben Fritz Krcals viel höher die grelle Neue Sachlichkeit als Rudolf Wackers, demzufolge ist er stolz darauf, dass er immer wieder andere Künstler, wie beispielsweise Egon Goldner, promotet hat. Das Werk seiner verstorbenen Ex-Frau Gesine Probst-Bösch (1944 bis 1994) in ihrer Doppelbegabung für das geschriebene Wort und die visuellen Zeichen kann er künstlerisch, ja kunsthistorisch nicht hoch genug einschätzen.
Malerei als Lebensmittel
Malerei ist für Richard Bösch ein Lebensmittel. Malend ertrug er sich selbst und konnte sich selbst auch besser verstehen. Bösch vergleicht sein Werk auch gerne mit klassischer Musik. So wie Mozart könnte seine aktuelle Weiße Serie ihn als „Meister der Helligkeit“ klassifizieren. Gerne erklärt Richard Bösch, dass er sehr viel gelesen hat, Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Sigmund Freud, C.G. Jung. Auch Viktor Frankl, dessen Bonmot im „Unbewussten Gott“ (1946) er schlicht als seine Weltsicht identifiziert: „Und sollte es Gott geben, so bin ich sowieso überzeugt, dass er es nicht weiter übelnimmt, wenn ihn jemand mit seinem Selbst verwechselt.“ Auch die Methodik des Denkens von Thomas von Aquin hat ihn immer fasziniert, auch wenn der Gottesbeweis des Theologen ihn letztlich nicht überzeugt hat.
Von Wolfgang Ölz