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Vorarlberger Objekte aus Tirol auf Ländle-Besuch

29.06.2023 • 23:00 Uhr
Das Team mit den Direktoren Andreas Rudigier und Karl C. Berger und Kuratorin Anna Bertle und Kurator Roland Sila. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Das Team mit den Direktoren Andreas Rudigier und Karl C. Berger und Kuratorin Anna Bertle und Kurator Roland Sila. Klaus Hartinger

„Wir sind Tirol“ heißt eine neue Ausstellung im Vorarlberg Museum in Bregenz, die die Verbindung zum Nachbarn unter einem besonderen Aspekt aufzeigt.

Zugegeben, der Titel ist ein bisschen plakativ. Das stellte auch der Direktor des Vorarlberg Museums Andreas Rudigier bei der gestrigen Pressekonferenz zur neuen Sonderausstellung fest. Dafür ist der Inhalt von „Wir sind Tirol“ umso spannender. Gezeigt werden nämlich Objekte aus Vorarlberg aus der Sammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum – dessen Leitung Rudigier wie berichtet ab Dezember übernehmen wird. Die Idee zur jetzigen Ausstellung entstand allerdings schon vor drei Jahren.

Ganz freiwillig sind diese „Vorarlberger Objekte“ allerdings nicht in Innsbruck gelandet. Dort wurde bereits 1823, also vor genau 200 Jahren, der Landesmuseumsverein Ferdinandeum gegründet. Sein Pendant in Vorarlberg entstand erst 1857. In den dazwischen liegenden 34 Jahren war Vorarlberg auch deswegen im Sammlungsfokus, weil es ein Teil des damaligen Kronlands Tirol war, erklärte Rudigier. Daher wanderten in dieser Zeit zahlreiche Objekte nach Innsbruck.

Die Totenmaske des Wolfurter Malers Gebhard Flatz. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Die Totenmaske des Wolfurter Malers Gebhard Flatz. Klaus Hartinger

Verbindung

Auf die enge Verbindung zwischen Innsbruck und Bregenz und den Ursprung von Landesmuseen ging der Direktor der Tiroler Landesmuseen Karl C. Berger ein. So sei das Ferdinandeum als „Nationalmuseum“ gegründet worden, mit der Idee, das Volk in all seinen unterschiedlichen Facetten zu präsentieren. Der Vorarlberger Museumsverein habe in der Folge Anleihen bei den Innsbrucker Strukturen genommen.

Kuratiert wurde die jetzige Schau in Bregenz von Roland Sila von den Tiroler Landesmuseen, einem gebürtigen Vorarlberger, und der Kunstgeschichtestudentin Anna Bertle vonseiten des Vorarlberg Museums. Zunächst galt es einmal zu klären, welche Stücke aus Vorarl­berg überhaupt in den Sammlungen zu finden sind und sie zu verifizieren, erläuterte Sila den Prozess. 104 Objekte sind nun ausgestellt, etwa 90 Prozent davon stammen aus Innsbruck, der Rest zur Ergänzung aus Bregenz. „Sie bilden schön den universalen Sammlungscharakter eines Landesmuseums ab“, so Sila.

Eine Mitteilung aus dem Zettelkasten. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Eine Mitteilung aus dem Zettelkasten. Klaus Hartinger

Reibungen

Wirklich glücklich waren die Vorarlberger vor 200 Jahren nicht damit, dass in Tirol gesammelt wurde. „Die Entfernung von der Zentrale in Innsbruck wurde von der Bevölkerung als Problem gesehen“, erklärte Sila. Daher bemühte man sich auch um eine Umbenennung in Vorarlberger-Tiroler-Nationalmuseum. Das scheiterte. „Es war eine energieerzeugende Beziehung mit Reibungen“, formuliert es der Kurator. Später, in den 1870er-Jahren, habe es dann auch Bestrebungen gegeben, Spitzenobjekte wieder nach Vorarlberg zu holen. Die Tiroler gaben sie aber nicht mehr her.

Die Ausstellung selbst im vierten Stock des Museums ist in fünf Kapiteln eingeteilt, die teilweise ineinander übergehen, wie Anna Bertle erklärte: Perspektiven, Bodenfunde, Gebhard Flatz, Gott und die Welt und Angelika Kauffmann. Eine große historische Landkarte verweist im Ausstellungsraum zunächst auf die damaligen Gegebenheiten.

Der Altar von Schloss Glopper, der in Innsbruck ,,gerettet" wurde. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Der Altar von Schloss Glopper, der in Innsbruck ,,gerettet" wurde. Klaus Hartinger

Zettelkatalog

Begonnen wird mit Perspektiven und unter anderem einem großformatigen Bild eines Zettelkatalogs der Tiroler Landesmuseen mit 1,6 Millionen Texten, die von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen notierte Informationen aus der Zeit von 1890 bis 2003 enthalten. Eine dreidimensionale Reproduktion zu Objekten aus Vorarlberg steht auch in der Schau – und darf als Geschenk im Land bleiben.

Kolorierte Zeichnungen von Vorarlberger Landschaften und Trachten, Fragmente der Weltchronik von Rudolf von Ems aus der Zeit um 1300 oder die Ransperg-Chronik, die eine Wehranlage am Pfänder zeigt, sind weitere spannende Objekte. Zu sehen sind auch einige ausgestopfte Vögel, darunter eine Eiderente, die allerdings erst 1946 in die Tiroler Sammlung kam.

Künstler und Sammler

Der Wolfurter Gebhard Flatz (1800–1881) war als Künstler (er gehörte zu den „Nazarenern“) und als Sammler bedeutsam für das Ferdinandeum, mit dem er intensiv in Kontakt war. Seine vielfältigen Vebindungen nutzte er auch dafür, zahlreiche Objekte nach Innsbruck zu vermitteln. In der Ausstellung sind neben seinen Bildern auch persönliche Gegenstände des Malers zu sehen, etwa Malutensilien, seine Totenmaske und die seiner beiden totgeborenen Kinder.

Eines der zentralen Objekte der Ausstellung ist der Altar von Schloss Glopper. Der aus Tirol stammende Kreishauptmann von Vorarlberg Johann Nepomuk Ebner hatte sich schon 1827 dafür eingesetzt, dass der Altar in die Sammlung nach Innsbruck kommt, weil er hierzulande schlecht verwahrt wurde. Die Vorarlberger wollten zunächst nicht so recht, schließlich wurde er dann doch verkauft. Aber auch Dinge aus der Alltagskultur sind zu sehen: etwa Wallfahrtsbildchen aus Vorarlberg.

Diese Ente vom Bodensee kam erst 1946 nach Tirol. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Diese Ente vom Bodensee kam erst 1946 nach Tirol. Klaus Hartinger

Identitätsstiftend

Als „grenz­überschreitend identitätsstiftend“ galt auch die Malerin Angelika Kauffmann. Sie und Flatz wurden auch als Tiroler Künstlerin bzw. Künstler gesehen und Kauffmann ist auch die einzige Frau, die auf der Fassade des Ferdinandeums mit einer Büste verewigt ist. Ihre in der Ausstellung gezeigten Grafiken aus Innsbruck werden nach einer gewissen Zeit aus konservatorischen Gründen mit solchen aus den Beständen des Vorarlberg Museums ausgetauscht.

Ein besonderes Bild gibt es in diesem Teil der Schau auch noch: ein Ölbild, das bislang als Selbstporträt von Angelika Kauffmann galt. Mittlerweile sei man allerdings sicher, dass das Werk nicht von ihr stammt, so Sila, und ob sie darauf abgebildet ist, sei sehr unsicher. Glücklich ist man mit dieser Entdeckung in Innsbruck naturgemäß nicht.

Katalog

Der Großteil der Objekte in „Wir sind Tirol“ ist laut Kurator das erste Mal in einer Ausstellung zu sehen. Spannende Dinge sind da zu entdecken – und noch einiges mehr erfährt man im umfangreichen Katalog, der dem Publikum vom Kuratorenteam besonders ans Herz gelegt wird.

Vernissage „Wir sind Tirol. Vorarl­berger Objekte in der Sammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum“: Heute, Freitag, 30 Juni, 17 Uhr. Bis 7. Jänner 2024. www.vorarlbergmuseum.at