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Schwedens Nato-Beitritt rückt in Reichweite

10.07.2023 • 15:53 Uhr
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: Zustimmung zum Beitritt Schwedens vor dem Gipfel "absolut möglich"
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: Zustimmung zum Beitritt Schwedens vor dem Gipfel “absolut möglich” APA/AFP/JOHN THYS

Die Nato schnürt neues, dreiteiliges Ukraine-Paket.

Die Patriot-Raketen der deutschen Bundeswehr sind einsatzbereit. Die deutsche Luftwaffe hat vor Tagen schon mit den Waffensystemen und 250 Soldaten den Schutz des Nato-Gipfels übernommen, der morgen und übermorgen in Vilnius, Litauen stattfindet – verteidigungsbereit gegen ballistische Raketen, aber auch gegen Flugzeuge und Marschflugkörper.
Die Nato tagt vor den Toren Russlands. Die russische Enklave Kaliningrad ist gerade einmal 160 Kilometer entfernt, in 30 Kilometern trifft man auf die Grenze zu Belarus. Der Ort des Treffens ist ein weiteres Signal an Moskau; so wie es zuletzt auch der Supergipfel der “Europäischen Politischen Gemeinschaft” in Moldau war, 20 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

“Klares Signal”

Ein “klares Signal” forderte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Der Gipfel solle sich auf “reale Inhalte” und eine baldige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine konzentrieren: “Wir brauchen diese Motivation. Wir brauchen Ehrlichkeit in unseren Beziehungen”, so Selenskyj. Es sei der richtige Augenblick gekommen, die Einigkeit und den Mut des Bündnisses unter Beweis zu stellen. Selenskyj räumte aber auch Widerstände ein. Manch einer sehe sich noch nach Moskau um, kritisierte er.

Die Unterstützung der Ukraine gehört zu den zentralen Themen des Gipfels, Hand in Hand geht das mit der Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten. Diese wollen sich dem Vernehmen nach auf ein Paket aus drei Bereichen einigen, um die Verbindung zur Ukraine zu stärken: Ein mehrjähriges Hilfsprogramm zur Gewährleistung der Interoperabilität, verbesserte politische Beziehungen – die Ukraine soll “mit am Tisch sitzen” – und zumindest die klare Aussicht auf einen späteren Nato-Beitritt. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda unterstrich als Gastgeber die Bedeutung klarer Zeichen. Von Befürchtungen, Russland zu provozieren, sollten sich die Staats- und Regierungschefs nicht leiten lassen.

Stoltenberg bleibt an der Nato-Spitze – vorerst

Geleitet wird der Gipfel von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dessen Vertrag nun ein weiteres Mal um ein Jahr verlängert wurde. Zuletzt hatten sich Gerüchte gehalten, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sei als Nachfolgerin im Spiel. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dereinst deutsche Verteidigungsministerin, wurde immer wieder genannt. Sie dürfte sich aber wohl um eine zweite Periode an der Kommissionsspitze bewerben. Auch der britische Verteidigungsminister Ben Wallace war im Rennen, ebenso der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, der nach der Parlamentswahl in drei Wochen einen neuen Job benötigen könnte. Dass Stoltenberg, dem eigentlich schon vor einem Jahr der Job als Chef der norwegischen Zentralbank zugesagt worden war, ein weiteres Mal in die Verlängerung geht, wird der Nato sowohl als Stärke, als auch als Schwäche ausgelegt. Niemand anderer als er könne das Bündnis so gut durch die schwierigen Zeiten führen, andererseits habe man sich offensichtlich nicht auf eine passende Nachfolge einigen können.

Stoltenberg könnte am Gipfel jedenfalls noch einen Erfolg einfahren, für den von der Türkei blockierten Beitritt Schwedens könnte es zu einer Lösung kommen. Letzten Donnerstag gab es im Nato-Hauptquartier in Brüssel ein Treffen Stoltenbergs mit dem schwedischen Außenminister Tobias Billström und dessen türkischen Amtskollegen Hakan Fidan. Für heute ist ein Treffen des schwedischen Regierungschefs Ulf Kristersson mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geplant. Es sei “absolut möglich”, so Stoltenberg, noch unmittelbar vor dem Gipfel zu einer positiven Entscheidung zu kommen. Die Türkei wirft Schweden vor, ein Zufluchtsort für “Terroristen” zu sein, womit vor allem Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sind. Öl ins Feuer goss eine genehmigte Koranverbrennung in Stockholm. Letzte Woche wurde erstmals in Schweden ein Kurde mit türkischer Staatsangehörigkeit wegen versuchter PKK-Finanzierung verurteilt. Doch auch Ungarn hat den Nato-Beitritt noch nicht ratifiziert.

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US-Präsident Joe Biden ist am Stansted Airport in Großbritannien eingetroffenAP