Die Revolution im Plastikland

Das Plastikgirl muss ihre Heimat Barbieland vor dem Patriarchat retten.
Eigentlich sollte die charmante Comedy von Greta Gerwig nicht „Barbie“, sondern „Ken“ heißen, benannt nach dem Freund der Puppe, der 1961, zwei Jahre nach ihr, geschaffen wurde. Denn nachdem Kenneth Sean Carson Jahrzehnte lang im sehr pinken Schatten seiner Angebeteten Barbara Millicent Roberts gelebt hat, entdeckt er das Patriarchat für sich. Unser „Haupt“-Ken, famos gespielt von Ryan Gosling, ist zunächst der ideale Boyfriend. Er ist treu, ehrlich und liebevoll. Er hat nur einen guten Tag, wenn Margot Robbies Barbie ihn ansieht und stürzt sich für sie in eine Strandwelle aus Plastik. Wenn er vorschlägt, die Nacht bei Barbie zu verbringen, weist sie ihn verdutzt zurecht: „Girls only!“ Kein Problem für Ken. In der pinken Welt aus Plastik sind die Kens mit ihren Waschbrettbäuchen nur Augenschmaus. Sie haben keine Autos, keine Häuser, keine Jobs. Jede Barbie hat im Gegensatz dazu einen Beruf: es gibt Barbie-Astronautinnen, eine Barbie-Präsidentin, Barbie-Pilotinnen (u.a. gespielt von Issa Rae, Nicola Coughlan und Sharon Rooney) und so weiter. Es gibt dünne Barbies, dicke Barbies, braune, weiße, schwarze. Mattel, die Spielzeugfirma hinter dem Film, legt inzwischen großen Wert auf Diversity und Body Positivity, und das soll sich auch in „Barbie“ widerspiegeln. Das mehrheitlich rosarote Produktionsdesign in Barbieland, das sich hier ausgedacht wurde, ist atemberaubend.
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In der echten Welt
Die Welt ist jedenfalls heil und harmonisch. Doch dann beginnt Robbies „stereotype“ Barbie, wie sie genannt wird, über den Tod nachzudenken. Diese gewölbten Füße, die perfekt in High Heels passen, werden zur Abscheu aller flach. An ihrem Oberschenkel tritt Cellulite auf. Um das alles rückgängig zu machen, muss sich Barbie in die echte Welt wagen und sich Birkenstocks anziehen. Aber während Barbie damit beschäftigt ist, das Mädchen zu finden, das mit ihrer Puppe spielt, muss Ken, der ihr gefolgt ist, erkennen, dass Männer – und nicht Frauen – in der echten Welt das Sagen haben. Und dann wird der Film erst richtig interessant. Ken verwandelt Barbieland in „Kendom“ und startet eine urkomische Revolution unter den männlichen Puppen, die sich die Barbies unterwerfen und die Verfassung ändern wollen. Greta Gerwig, die den Film gemeinsam mit ihrem Partner Noah Baumbach geschrieben hat, wollte eine eigenwillige, warmherzige Interpretation der beliebten Puppe machen – das ist ihr mit „Barbie“ auch gelungen.

WARNER BROS.