23.000 Nachfahren von Holocaust-Opfern sind wieder Österreicher

Seit drei Jahren erhalten die Nachfahren von Österreichern, die von den Nazis vertrieben oder ins Gas geschickt worden sind, wieder die Staatsbürgerschaft. 23.000 waren bereits erfolgreich.
Viola Baron ist in London geboren und aufgewachsen. Seit etwa einem Jahr ist die leidenschaftliche Fußballerin, die mit ihrem Klub „Charlton Athletic“ bereits gegen Liverpool oder Chelsea gespielt hat, im Besitz eines österreichischen Passes. Im Frühjahr klopfte der Österreichische Fußballbund ÖFB bei ihr an, ob sich nicht zu einem Trainingslager der U-15-Nationalmannschaft nach St. Pölten kommen wolle. Das hat ihr die Möglichkeit eröffnet, erstmals Wien zu besuchen, wo ihre Urgroßeltern bis 1938 gewohnt und gelebt haben.
Viola Baron zählt zu den 23.000 Personen, denen in den letzten drei Jahren die Staatsbürgerschaft überreicht wurde – nicht, weil sie prominent wie Anna Netrebko oder potenzielle Medaillenanwärter sind, sondern weil ihre Vorfahren, die Österreicher waren, nach dem Anschluss von den Nazis vertrieben oder ins Gas geschickt worden sind. Gut die Hälfte der neuen Österreicher sind unter 35.
Seit dem 1. September 2020 können die Nachfahren von Holocaust-Überleben die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen, die Entscheidung fiel unter Türkis-Blau. Von den 23.000 Personen, die bereits erfolgreich waren, leben 10.600 in Israel, rund 4500 in den USA, mehr als 3500 in Großbritannien, knapp 800 in Argentinien. 9000 Anträge aus aller Welt werden gerade von der dafür zuständigen MA-35 in Wien bearbeitet.
„Wir geben den Nachkommen von Menschen, denen grausam ihre Identität beraubt wurde, einen wichtigen Bestandteil ihrer Familiengeschichte zurück“, so Alexander Schallenberg im Gespräch. Der Vorgang sei “mehr als ein behördlicher Akt” und „keine Selbstverständlichkeit.“ Und: „Die Menschen schenken uns einen Vertrauensvorschuss.“ Anders als sonst müssen die Neo-Österreicher ihre bisherige Staatsbürgerschaft nicht zurückgeben, sondern können sie behalten.