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Schlechte Nachrichten vom größten Silvretta-Gletscher

06.09.2023 • 18:40 Uhr
Die italienische Gletscherkarawane auf dem Weg zum Ochsentaler Gletscher am Fuße des Piz Buins. <span class="copyright">Cipra</span>
Die italienische Gletscherkarawane auf dem Weg zum Ochsentaler Gletscher am Fuße des Piz Buins. Cipra

Italienische Kampagne machte heuer erstmals in Österreich Station. Vom Ochsentaler Gletscher brachten die Experten schlechte Nachrichten mit.


Zum vierten Mal reist die Gletscherkarawane durchs Hochgebirge, um den massiv beschleunigten Eisschwund in den Alpen zu beobachten und ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Dabei machte die Gruppe, bestehend aus italienischen Glaziologen sowie Mitgliedern des italienischen Umweltverbands Legambiente und der internationalen Alpenschutzkommission Cipra, zum ersten Mal Station in Österreich.

„Denn die Klimakrise kennt keine Grenzen, vor allem nicht, wenn es um die Alpengletscher – ihren wichtigsten Wächter – geht“, sagt Vanda Bonardo, Leiterin von Alpe Legambiente und Präsidentin von Cipra Italien.

Am Ochsentaler Gletscher

Dieser Tage stieg die Karawane zum Ochsentaler Gletscher in der Silvretta auf. Mit dabei: Günther Groß, ein alter Hase, was die Beobachtung und Dokumentation von Gletschern angeht. Als er vor 50 Jahren damit anfing, gab es in der Silvretta noch zwölf Gletscher. Mittlerweile trotzt nur noch die Hälfte der zunehmenden Erderwärmung. Der größte unter ihnen ist der Ochsentaler Gletscher am Fuße des Piz Buin, Vorarlbergs höchstem Berg. Seit 1850 ist dort das Eis um rund 2.400 Meter zurückgegangen – und schmilzt jetzt schneller denn je. Rund 200 Meter habe sich der Gletscher innerhalb nur eines Jahres verkürzt, weiß Groß. „Der Gletscher endete in den letzten Jahren unterhalb einer Felsstufe. Weil diese ausgeapert ist, wurden nun Teile der Gletscherzunge zu Toteis, das langsam abgeschmolzen ist.“

Der Vorarlberger Günther Groß beschäftigt sich schon seit 50 Jahren mit dem Gletschersschwund. <span class="copyright">Cipra</span>
Der Vorarlberger Günther Groß beschäftigt sich schon seit 50 Jahren mit dem Gletschersschwund. Cipra

“Alle Gletscher leiden”

Wie lange es in Vorarlberg überhaupt noch Gletscher geben wird, können die Experten nicht vorhersagen. „Mit den herkömmlichen Messmethoden stoßen wir an die Grenzen, weil im Unterschied zu früher der gesamte Gletscher von der Eisschmelze betroffen ist“, erklärt Groß. Die Eisschmelze habe aufgrund fehlender Schneerücklagen und zunehmender Staub- und Schutteinträgen auf der Gletscheroberfläche ungewöhnlich stark zugenommen. Zudem, so der Experte weiter, beschleunige die Ausaperung von größeren Felsinseln und Geländerippen im Gletscherareal das Abschmelzen der umliegenden Eisbereiche. Ganz ähnliche Beobachtungen machten die italienischen Glaziologen der Karawane bei ihren Etappen im Aostatal, Piemont, Trentino und der Lombardei. „Alle Gletscher leiden sehr stark, es ist eine sehr traurige Situation“, sagt Frederico Cazorzi vom Italienischen Glaziologischen Komitee.

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Politik muss rasche Entscheidungen treffen

Die Wissenschaftler sind sich einig, dass die Politik „unbedingt rasche Entscheidungen für den Klimaschutz treffen muss“. Gletscher seien nach den Meeren die größten Wasserspeicher der Welt und hätten großen Einfluss auf das Klima, betonten die Experten am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Feldkirch. Heute zieht die Karawane weiter in die Schweiz, wo die Kampagne am 10. September endet. Die letzte Etappe führt sie auf den Morteratschgletscher in Graubünden. Begleitend dazu findet eine Tagung statt.

Treffen mit jungen Menschen

Auf dem Ochsentaler Gletscher traf die Karawane mit jungen Menschen des „Erasmus+“-Projekts „Alpine Climate Camps“ zusammen, die vom Bodensee zum Gletscher geradelt waren. Sie wollen sich damit für einen klimaneutralen Bergsport einsetzen. Am Mittwoch stand auch ein Treffen mit Vertretern der Vorarlberger Gemeinden auf dem Programm der Gletscherkarawane, bei dem es um Prävention und Anpassung an den Klimawandel gehen wird.