Vorarlberg

Verborgene Schätze, giftige Doppelgänger

10.08.2025 • 09:00 Uhr
Verborgene Schätze, giftige Doppelgänger
Uschi Österle vom Pilzkundlichen Verein Vorarlberg weiß genau, worauf sie beim Pilze Sammeln achten muss. Stiplovsek (14)

Der Wald schenkt derzeit viele Pilze und Uschi Österle vom Pilzkundlichen Verein kennt viele: die essbaren, die schönen und die tödlichen.

Oberhalb von Göfis treffen wir Uschi Österle und gehen ein paar Minuten auf dem Weg in den Wald hinein. Dann biegen wir vom Weg ab und entdecken nach wenigen Metern ein wahres Pilzparadies: Auf ein paar Quadratmetern finden wir wir Maronenröhrlinge, Mohrenköpflein (Mohrenkopf-Milchling), verschiedene Täublinge und auch den Scheidenstreifling, der leicht mit dem hochgiftigen Knollenblätterpilz verwechselt werden kann.

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Beim Grünen Speisetäubling besteht Verwechslungsgefahr mit dem Grünen Knollenblätterpilz, der einer der giftigsten Pilze bei uns ist.
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„Heuer ist ein gutes Jahr, weil es viel geregnet hat – fast schon zu viel –, aber nicht zu kalt ist“, erklärt Österle. Sie ist nicht nur leidenschaftliche Sammlerin, sondern auch geprüfte Pilzberaterin, Obfrau des Pilzkundlichen Vereins Vorarlberg und wissenschaftlich versiert. Seit 18 Jahren führt sie eine eigene Datenbank, in der sie ihre jährlichen Erstfunde dokumentiert. Der erste Eintrag 2025: der ungenießbare Safranrote Schüppling.

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Verborgene Schätze, giftige Doppelgänger

Klassiker sind abgegrast

Steinpilze und Pfifferlinge, die Klassiker unter den Speisepilzen, sind derzeit kaum noch zu finden. „Die sind meist schon abgegrast“, sagt Österle nüchtern. Was nicht heißt, dass der Wald leer wäre, im Gegenteil. „Viele suchen nur das, was sie kennen. Wer ein bisschen mehr hinschaut, findet fast immer etwas.“ Für sie ist die Vielfalt entscheidender als der Korbertrag, denn Österles Zugang ist nicht auf den Kochtopf beschränkt. „Ich finde immer genug“, sagt sie schmunzelnd, „weil ich mich auskenne und weil ich nicht nur nach den klassischen Speisepilzen suche.“ Auf Exkursionen hat sie schon echte Raritäten entdeckt, wie etwa einen hochgiftigen Riesenrötling. „Den hatte ich davor noch nie in Vorarlberg gesehen.“

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Ein Habichtspilz (im Montafon Rehpilz genannt) und unten ein Mohrenköpflein.
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Tödliche Gefahr

Doch so leichtfüßig die Suche wirkt, die Welt der Pilze birgt auch Gefahren. „Es gab einen Fall, bei dem Eltern Parasol gesammelt haben und auch kleinere Pilze, die sie für junge Parasol hielten. Die Erwachsenen haben die großen Pilze gegessen, das Kind bekam die kleinen. Es ging ihm schlecht, aber die Eltern waren überzeugt: Wir haben doch alle das Gleiche gegessen!“ Ein fataler Trugschluss, denn manche kleinen Schirmlinge sehen dem beliebten Parasol zum Verwechseln ähnlich und sind tödlich giftig.

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Der Spitzbuckelige Raukopf kann Nierenversagen auslösen.

Auch andere Irrtümer können schwerwiegende Folgen haben: „Vier Jugendliche wollten Magic Mushrooms sammeln und haben stattdessen Spitzbuckelige Rauköpfe erwischt. Die machen sich erst Tage später bemerkbar und können zu Nierenversagen führen.“ Dass einer von ihnen frühzeitig Hilfe holte, war wohl lebensrettend. Die Spätwirkung solcher Pilze ist besonders tückisch: zwischen zwei und vierzehn Tagen kann es dauern, bis Symptome auftreten.

Trügerische Sicherheit

Was beim Sammeln hilft, sind Erfahrung und ein wacher Blick. „Pilze wachsen nicht so, wie es das Lehrbuch vorschreibt“, sagt Österle. Pilzbestimmungs-Apps hält sie für nützliche Werkzeuge, aber niemals für alleinige Entscheidungsgrundlage. „Manche geben mehrere Möglichkeiten aus. Das ist hilfreich, denn so muss man sich nicht durch ein ganzes Pilzbuch kämpfen, sondern hat schon eine Grundlage für die Bestimmung. Aber eine App kann nicht riechen und sie hat keine Ahnung vom Sammeln in freier Natur“, betont sie.

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Den Wald zu schützen ist für Uschi Österle eine Herzensangelegenheit. Dieser Braunrote Speisetäubling sieht das wohl ähnlich.

Kein Selbstbedienungsladen

„Es liegt leider viel Müll im Wald. Ich hab immer einen Sack dabei und nehm ihn mit.“ Der Wald sei kein Selbstbedienungsladen, sondern ein Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Menschen. Und Pilze? „Sind nur die Fruchtkörper, das eigentliche Pilzgeflecht zieht sich oft über den ganzen Waldboden.“ Ein abgedrehter Pilz schadet nicht, wenn man weiß, was man tut. Und manchmal zeigt der Wald etwas, das man nicht gesucht hat. „Man muss sich einfach Zeit nehmen“, sagt Uschi Österle beim Abschied.

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Fünf Tipps von Pilzexpertin Uschi Österle
www.pilze-vorarlberg.at

  1. Pilze immer vollständig entnehmen.
    Nur wenn der Pilz vollständig (inklusive Stielbasis) gesammelt wird, lässt er sich eindeutig bestimmen. Abschneiden kann zu gefährlichen Verwechslungen führen.
  2. Bestimmungs-Apps sind keine Garantie.
    Apps liefern erste Anhaltspunkte, aber keinen Beweis. Wer sich nicht absolut sicher ist, sollte mit Buch oder echten Experten gegenprüfen. Das kann Leben retten.
  3. Täublinge gehören in die heiße Pfanne.
    Es gibt rund 300 verschiedene Täublinge, von denen zehn hervorragende Speisepilze sind. Täublinge sollte man niemals dünsten, sondern immer scharf anbraten. Nur so werden sie gut verdaulich und entfalten ihren vollen Geschmack.
  4. Pilze sollte man immer gründlich durchgaren.
    Selbst beliebte Speisepilze gelten roh als schwer verdaulich bis reizend oder sogar giftig. Darum sollte man Pilze immer durchgaren.
  5. Respekt vor dem Wald und dem Myzel.
    Der sichtbare Pilz ist nur der Fruchtkörper. Das eigentliche Pilzgeflecht lebt im Boden. Einzelne Pilze dürfen geerntet werden, aber immer mit Achtsamkeit gegenüber dem Lebensraum. In Vorarlberg ist das Sammeln täglich zwischen 8 und 17 Uhr erlaubt, pro Person maximal zwei Kilogramm Frischpilze.
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