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Ein Papst für alle Kirchen? Neues Vatikan-Papier schlägt hohe Wellen

13.06.2024 • 19:39 Uhr
June 12, 2024 - POPE FRANCIS during his weekly General Audience in St. Peter s Square at the Vatican City State EvandroInetti_via ZUMA Wire Vatican City State - ZUMAi15_ 20240612_zaf_i15_032_20240612 Copyright: xEvandroxInettix
Papst Franziskus aus dem Petersplatz: Evandro Inetti

Nach jahrzehntelangen theologischen Debatten soll das Konsenspapier namens „Der Bischof von Rom“ den Weg zur Kircheneinheit ebnen.

Der Vatikan hat Vorschläge für ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstamtes gemacht, wonach der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte. Die Vorschläge stellten der für die Ökumene zuständige Kurienkardinal Kurt Koch und der Generalsekretär der Weltbischofssynode, Kardinal Mario Grech, am Donnerstag in Rom in Form eines Studiendokumentes vor.

Die unter dem Titel „Der Bischof von Rom“ gesammelten Orientierungen sind das Ergebnis von jahrzehntelangen theologischen Dialogen, die verschiedene christliche Kirchen mit der katholischen Kirche jeweils separat geführt haben. Das Papier „Der Bischof von Rom“, das von Papst Franziskus genehmigt wurde, schlägt für die katholische Kirche mehrere weitreichende Änderungen vor. Ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstprimats solle „zur Wiederherstellung der Einheit der Christen beitragen“.

Erstes Vatikanisches Konzil

Die erste Änderung betrifft eine neue Lesart der Lehren des Ersten Vatikanischen Konzils. Dieses hatte 1870 die dogmatische Unfehlbarkeit des Kirchenoberhaupts verkündet. Zudem hatte es den Papst zum obersten Gesetzgeber und Richter der gesamten christlichen Kirche erklärt. Die damaligen Beschlüsse sollen nun, so das Papier, in die neuere Theologie integriert werden, die Kirche nicht mehr als Monarchie, sondern als Gemeinschaft versteht. Zudem sollten sie dem „heutigen kulturellen und ökumenischen Kontext angepasst werden“.

Als Nächstes fordert das Papier eine klare Trennung zwischen den unterschiedlichen Verantwortungsbereichen des Bischofs von Rom. Dazu müsse er sein örtliches Bischofsamt in Rom sichtbarer ausüben. Sodann müsse geklärt werden, inwiefern er als „Patriarch des Westens“ in bestimmten Fragen mit den Kirchen des Ostens auf einer Stufe stehen könne, während er in anderen den „Primat der Einheit in der Gemeinschaft der westlichen wie der östlichen Kirchen“ innehaben würde.

Autorität

Der dritte Vorschlag betrifft die Verfassung der katholischen Kirche. Diese müsse im Inneren weiter in Richtung einer „Synodalität“, also einer gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung, gehen. Dazu gehöre ein Nachdenken über die Autorität der nationalen und regionalen Bischofskonferenzen und die Frage, welche Stellung diese künftig im Geflecht der katholischen Weltsynode und der Römischen Kurie einnehmen.

Schließlich regt der Text die Schaffung einer neuen globalen Beratungsebene mit regelmäßigen Treffen der Kirchenführer unterschiedlicher Konfessionen an. Damit solle die bereits bestehende Gemeinschaft unter ihnen vertieft und nach außen sichtbarer gemacht werden.

Das Papier enthält auch Vorschläge zur künftigen ökumenischen Rolle des Papstes. So solle er künftig konfessionsübergreifende Konzilien einberufen und ihnen vorsitzen können. Ferner könnte er im Falle von Disziplinar- oder Lehrkonflikten die Rolle eines Mediators übernehmen. 

Mit Blick auf die von Rom getrennten Kirchen im Westen spricht das Papier von einem „Primat der Verkündigung und des Zeugnisses“, der für sie auch dann annehmbar sei, wenn die volle Kircheneinheit noch nicht erreicht sei.

Als ersten Schritt kündigte Kardinal Koch an, dass der Vatikan die Vorschläge den anderen Kirchen zur Bewertung zusenden werde. Man hoffe auf positive Antworten und weiterführende Gespräche.