Ein Kindertheater mitten in der Übergabe

Als neuer Leiter des „Theater im Kopfbau“ (TiK) in Dornbirn wird Valentin Sottopietra die bisherige Arbeit von Vereinsobmann Robert Kahr fortführen.
Robert Kahr, seit 2016 Obmann des Vereins „Theater im Kopfbau“ in Dornbirn, kurz TiK, übergibt die Leitung Ende des Jahres an Valentin Sottopietra. Zurzeit passiere eine allmähliche Übergabe. „Wir lassen uns dafür insgesamt ein Jahr Zeit, allein im administrativen Bereich gibt es so vieles zu beachten“, sagt Sottopietra.
Hauptrollen für alle
Vergangenes Jahr haben Kahr und Sottopietra zusammen eine Kindertheatergruppe gegründet, die vor Kurzem mit großem Erfolg ihr zweites Stück „Konferenz der Tiere – es geht um die Kinder“ aufgeführt hat. Die 17 Sieben- bis Dreizehnjährigen durften zunächst aussuchen, welches Tier sie gerne sein wollten: ein Faultier, eine Maus, Hase, Katze oder Löwe. Wie ist dieses Tier? Dazu haben sie eine Beschreibung verfasst und den anderen Kindern ihr Tier vorgespielt, die daraufhin raten konnten, um welches Tier es sich wohl handle.
Dann durften sie sich immer wieder in ihre Tierrolle begeben und sich in die Tierart hineinfühlen. Die Texte kamen erst gegen Ende der Probezeit. „Wir haben darauf hingearbeitet, dass alle 17 Kinder eine Hauptrolle mit ähnlich viel Text bekommen und es gab einen Abschlusstanz, wo alle in die Choreografie von Julia Moosbrugger eingebunden waren“, erzählt Valentin Sottopietra im Gespräch mit der Neue.

Ehrenamtlich engagiert
Das Kindertheater kostet nichts, es soll für jede und jeden möglich sein. Dafür haben die Eltern der Kinder beim Schminken, beim Barbetrieb, an der Kassa mitgeholfen. Der Erfolg der Aufführungen war ganz im Sinne der Erfinder: 15 weitere Kinder und Jugendliche haben Interesse am Mitspielen kundgetan.
Sottopietra hat neben seinem Ehrenamt fürs TiK eine Personalagentur. Der 55-Jährige spielt seit rund 40 Jahren Theater. „Meine pädagogische Ausbildung sind meine Kinder. Diese sind 28 und 25 Jahre alt, meine Tochter ist 10. Bald werde ich Opa“, erzählt er.
Das Ziel des TiK sei es, sich im Kinder- und Jugendtheaterbereich zu engagieren und eine niederschwellige Plattform für Musik, Kabarett und Tanz zu bieten. Ob jemand eine Gedichtlesung veranstalten oder seine erste Platte präsentieren will, ob jemand Pantomime oder Akrobatik vorführen möchte, der Raum dafür ist im TiK da. Ebenso wie für kreative Geburtstagspartys oder für andere Anlässe, zu denen sich die Räumlichkeiten mitsamt Bar auch mieten lassen. Neulich waren Schüler zu einem Theaterworkshop als Abschluss ihrer Deutschklasse vor Ort.
„Das TiK ist ein Ort der Kreativität, der Begegnung, und letztendlich ist es ein ständiges Miteinander. Wir haben zurzeit zwei Frauen hier, die ihre Bandproben machen, dafür helfen sie ab und zu mit. Die Sehleistung eines Mitarbeiters ist innerhalb eines Jahres von 100 auf 30 Prozent gesunken. Er wollte aber geringfügig beschäftigt werden, so dass er nun im TiK mitarbeitet und der Mann für Barmithilfe, Reinigung und für alle Fälle ist. Ihm ist geholfen, und wir sparen uns die Reinigungsfirma“, erzählt der künftige Leiter des Vereins Valentin Sottopietra. Er selbst engagiert sich hier ehrenamtlich und ist felsenfest davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft ohne Ehrenamt nicht funktionieren würde.
Über den Kulturverein TiK
Der Kulturverein TiK „Theater im Kopfbau“ wurde 2005 gegründet. 2016 hat Robert Kahr, seines Zeichens Schauspieler und Intendant des Theaters Wagabunt, mit neuem Team den Verein übernommen. Seit 2024 ist Valentin Sottopietra „Valle“ Teil des TiK- Teams.
Gegenseitiger Respekt
Übers Theaterspielen lernen die Jugendlichen, sich ohne Druck zu präsentieren, sie lernen Kreativität. Das Wichtigste aber ist: Sie lernen den gegenseitigen Respekt und das Miteinander, sagen Kahr und Sottopietra. „Wir Menschen sind nun mal analog.“ Das bedeutet auch Interessenkonflikte – gut, wenn die Kinder frühzeitig lernen, sie miteinander auszutragen. „Was wir hier machen, ist Sozialprävention. Außerdem dürfen sich die Kinder Fehler erlauben. Wir hatten einen stotternden Schüler, der bei uns auf der Bühne seinen Text ohne einen einzigen Stotterer aufgesagt hat“, erinnert sich Kahr. „Dann hatten wir einen Asperger-Autisten, der hat die Bühne gerockt, und die Mitspielenden haben ihm den Raum gelassen und am Ende geklatscht. Das alles kann Theater. Wir sind hier nicht in der Schule. Aber gegenseitigen Respekt fordern wir ein. Am Anfang ist ein ruhiges, konzentriertes Arbeiten mit der Theatergruppe fast nicht möglich gewesen, auch das musst du als Leiter in Bauch und Herzen aushalten.“ Es gibt nur eine Möglichkeit eines erfolgreichen pädagogischen Arbeitens, sagen die beiden Leiter: die Werte, die man von Kindern eingehalten sehen will, selbst leben.