„Eine runde Sache“ in der Johanniterkirche

Der Töpfer Thomas Bohle ist international bekannt. Nun zeigt er seine Keramikarbeiten hier in der Johanniterkirche in Feldkirch.
Sie sind ein bisschen wie ihr Schöpfer Thomas Bohle selbst – in sich ruhend, aus verschiedenen Schichten bestehend und um ein Zentrum kreisend. Seit 30 Jahren dreht der Keramikkünstler doppelwandige Gefäße und immer noch ändern sie sich und wachsen sie mit ihm mit. In Feldkirch in der Johanniterkirche sind es hauptsächlich Arbeiten in Ochsenblutrot: Monde, Satelliten, Vasenähnliches in verschiedenen Farben.

Eigene Technik
Die Kirche ist verdunkelt, auf Stelen zwischen den ausgegrabenen Mauerresten stehen die Tongefäße, in der Mehrzahl einzeln, angeleuchtet und meistens ausladend. Die unterschiedlichen Glasuren sind dick aufgesprüht und teils in einer solchen Langsamkeit heruntergelaufen, dass sie während des Brennvorgangs im Heruntertropfen erstarrt sind. Die Technik ist eigen und formvollendet und gibt trotzdem Raum für Kreativität und immer neuen Ausdruck.
An den Wänden werden Röntgenaufnahmen von doppelwandigen Tonarbeiten zelebriert, wahrscheinlich eine Idee, die aus Bohles früher Zeit als Krankenpfleger stammt. Es geht darum, den Sachen auf den Grund zu gehen, die Struktur sichtbar zu machen und um die in sich geschlossene geometrische Form – in dieser Ausstellung zwischen perfektioniertem Handwerk und Gestaltkunst sind auch diese Röntgenbilder eine runde Sache. „Es ist schön, mal eine so museal anmutende Konstellation hier zu haben“, sagt Kurator Arno Egger.
„Die Tongefäße wachsen an diesem Platz fast aus der Erde heraus.“ Er verfolgt Bohles Arbeit schon lange. „Thomas Bohle geht bis zur Grenze der Schwerkraft, und das in Demut, Konsequenz und Disziplin.“ Wegen der hohen Feuchtigkeit im Kirchenraum konnte die für den jetzigen Zeitraum geplante Installation nicht verwirklicht werden. Also ist der lang gehegte Plan, den Keramikkünstler für eine Ausstellung zu gewinnen, rascher Wirklichkeit geworden als gedacht.

Mit Achtung
„Für viele muss Kunst ästhetisch sein. In diesem Fall ist sie es“, sagen die Organisatoren des Ausstellungsraums. „Es ist interessant, wie schnell die Menschen still werden, wenn sie hier hereinkommen. In Kathedralen und Schluchten sind sie anders als sonst“, hat Bohle festgestellt. „Alles hat eine Seele und muss deshalb mit Achtung behandelt werden“, lautet ein indianischer Spruch im Zusammenhang mit indigenen Keramikarbeiten.
Dass Thomas Bohles Keramikkunstwerke ihr jeweils eigenes Ding sind, Innenraum und Außenraum zugleich, inszeniert und doch zufällig passiert, lebendig und erstarrt zugleich, wird wohl niemand anzweifeln. Durch das Drehen sind es immerrunde, organische Formen, aber nicht zuletzt durch die Glasuren immer neue Persönlichkeiten.

Das Ochsenblutrot als Farbe entsteht, wenn Bohle Kupferrot als Glasur aufgetragen hat und dann im Brennvorgang den Sauerstoff entzieht. Aus der grünen Farbe wird auf diese Weise Rot. Das Brennen ist ein umfassender Vorgang, findet bei Bohle in einem Gasbrennofen mit offener Flamme statt. Es ist ein ein- bis zweimal im Jahr stattfindendes Ritual mit nach wie vor großen Überraschungen im Ergebnis.
Starke Präsenz
Wie Bohle erzählt, wollte ein Pfarrer ihm einmal ein Pfarrer ein Werk zurückgeben, weil es den gesamten Raum dominieren würde. Stattdessen habe er dann den gesamten Raum leergeräumt. Bohles Kunstwerk thront dort nun in Alleinherrschaft. Bohle ist international gut in Galerien und Ausstellungen vertreten. Die Ausstellung in Feldkirch ist für ihn eine Visitenkarte, außerdem interessierte er sich für den Kircheninnenraum als Ausstellungsraum. „Ich habe gemerkt, hier kann ich mich nur einfügen. Der Raum hat eine solche Präsenz, dass ich mich entschieden habe, in nur einer Farbe auszustellen.“
Er sieht sich nicht als Objektkünstler, sondern als Töpfer. Das Surren der Drehscheibe, die Hände, die der Bewegung des feuchten Tons folgen, den Prozess zulassen, all das erdet ihn. Diese Erdung kann man als Betrachter der Keramikformen in der Johanniterkirche spüren.
Die Ausstellung in der Johanniterkirche in Feldkirch ist bis 31. August von Dienstag bis Freitag 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr sowie am Samstag von 10 bis 14 Uhr geöffnet.
Von Miriam Jaeneke