Johannes Rhomberg als Goebbels Widersacher

Der in Lustenau geborene Schauspieler Johannes Rhomberg spricht über seine Rolle im neuen Kinofilm „Führer und Verführer“.
Die Menschen „fit zu machen gegen Manipulationsversuche von Hetzern und Verführern, wie es Josef Goebbels im NS-Staat war“, sei auch sein persönliches Anliegen gewesen, sagt der Vorarlberger Schauspieler Johannes Rhomberg.

Mitte Juli kam der neue Film „Führer und Verführer“ in die österreichischen Kinos – ein Geschichtsdrama von Joachim A. Lang, das nicht nur historisch gedacht sei, sondern sich auch an die Menschen von heute richte.
Dekonstruktion von Macht
Im Film werde fokussiert, „wie Josef Goebbels als Leiter des Reichspropagandaministeriums diese Manipulation des deutschen Volkes organisiert und orchestriert hat auch und das so gut gemacht hat, dass ihm fast das komplette deutsche Volk in diesem Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs so bereitwillig gefolgt ist. Diese Dekonstruktion dieser Machtmechanismen schafft der Film auf jeden Fall sehr gut und deswegen ist er auch für ein heutiges Publikum sehr wichtig.“, betont Rhomberg.
Er selbst spielt Goebbels Konkurrenten, den Reichspressechef und Staatssekretär im Propagandaministerium Otto Dietrich. „Innerhalb der Parteihierarchie waren sie auf derselben Stufe, sie waren beide Reichsleiter. Und das hat da natürlich für erhebliche Spannungen gesorgt in dem Verhältnis zwischen diesen beiden Personen.“ Diese Nebenrolle sei aufgrund der historischen Bedeutung und des Konflikts zwischen Goebbels und Dietrich auch für ihn als Schauspieler spannend gewesen. „Komplexe Charaktere zu spielen ist das, was am meisten Spaß macht.“, denn es gehe immer darum, Motive und Beweggründe einer Figur zu verstehen und nachvollziehbar zu machen.
Historisches Material
Aus seiner Biografie und gewissen Szenen, die aus der Perspektive von anderen beschrieben wurden, habe sich Rhomberg mit der Figur vertraut gemacht. Rein technisch, sei es wahnsinnig spannend gewesen in der Recherche von „Otto Dietrich Details und Dinge zu finden, die tatsächlich über ihn schon existiert haben. Trotzdem war es in der konkreten Gestaltung meiner Fantasie überlassen, wie ich das anlege.“
Auf die historische Genauigkeit sei eher im Bau der Szenen Wert gelegt worden, sagt Rhomberg und erwähnt beispielsweise die Pressekonferenz, in der Otto Dietrich im Oktober 1941 verkündet, dass der Sieg über die Sowjetunion, bevorsteht. „Das gilt ja als einer der größten propagandistischen Missgeschicke, die ihm passiert sind. Wobei man sagen muss, dass Hitler persönlich diese Pressekonferenz angeordnet hat.“
Otto Dietrich sei eine der Figuren, die sich mit ihren Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite von Hitler gegenseitig aufziehen und dabei im Film beinahe teilweise alltäglich und schon fast symphytisch wirken würden. Hitler habe diese Machtkämpfe gefördert, um Loyalitäten zu testen und bei seinen Mitspielern möglichst große Leistungen zu erzwingen. In dieser Alltäglichkeit sprechen die Figuren gleichzeitig auch über die Verbrechen, die sie begangen haben. „Und dieses Verrutschen von Normalität, von dieser Alltäglichkeit des Bösen – Hannah Arendt hat ja auch diesen Begriff der Banalität des Bösen geprägt – das ist ja etwas, was der Film auch versucht zu zeigen.“, erklärt Rhomberg.
Für den Regisseur Joachim Lang, sei es wichtig gewesen, „eine sehr große Authentizität in den Figuren zu behalten“, weshalb Rhomberg seine Rolle des Dietrichs sehr nah an sich ran geholt habe. „Es ging ganz stark darum, diese Verbrecher als Menschen zu zeigen und nicht als Karikaturen.“, erklärt Rhomberg. „Auf der anderen Seite muss man sich immer bewusst sein, dass man einen Protagonisten eines der größten Verbrecherregime der Geschichte spielt. Also das ist ein sehr krasser Widerspruch, in dem man sich da bewegt.“ Es sei eine „Herausforderung“ gewesen, mit dieser Ambivalenz klarzukommen. „Während dem Drehen muss man das abschalten, damit es funktioniert, weil sonst kommt man dauernd ins Grübeln: Habe ich ihn jetzt zu menschlich gezeigt oder nicht?“
Keine Bösewicht-Klischees
Im Kern des Films gehe es darum, „sich in dem Ausmaß vielleicht auch mal klar zu machen, dass das eben nicht Klischees von Bösewichten waren, die das gemacht haben, sondern ganz normale Menschen, die halt dann zu Verbrechern geworden sind.“, sagt der Schauspieler. „Denn nur wenn man weiß, dass das normale Menschen waren, kann man sich gegen Manipulationsversuche, die heute stattfinden, wappnen als Mensch. Und das ist auch der Beitrag, den dieser Film dazu liefern will.“, sagt Rhomberg.
Die eigentlichen Protagonisten dieses Films seien aber die Opfer dieses Verbrecherregimes, die im Film zu Wort kommen „und die Auswüchse dieses Verbrechens zeigen.“ Neben historischen Dokumentaraufnahmen und heute inszenierten Spielszenen montiert der Film auch Aussagen von Zeitzeugen wie Margot Friedländer, Charlotte Knobloch, Leon Weintraub und anderen. Einen sehr bewegenden Moment erlebte Rhomberg als vier Holocaust Überlebende bei der Premiere in Berlin anwesend waren.