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Holzbrücke mit ganz viel Geschichte

02.11.2024 • 08:00 Uhr
Wandertipp-Raggal
Blick über Egga auf den Walserkamm .
Gerhard vylet (5)

Auf den Spuren der Walsergeschichte steigt man hinab zur Lasanggabrücke, wandert zur Säge und durch den farbenprächtigen Wald wieder hinauf nach Raggal.

Mit den Wanderführern Hertha Glück und Gerhard Vylet

kurzbeschreibung

Besonderes: Herrliche Blicke durchs Walsertal, herbstliche Waldwege durchs Tobel und die wildromantisch gelegene Lasanggabrücke begeistern bei dieser Wanderung Jung und Alt.

Anforderung und Gehzeit: Gut zweieinhalb Stunden Gehzeit, etwa 290 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, Trittsicherheit.

Charakter der Wege: Straße, Forst-, Wald- und Wiesenweg, im Tobel teils rutschig.

Markierungen: Weiß–gelb, weiß-rot-weiß.

Kultur und Natur: Lasanggabrücke, Walserweg, Naturdenkmal Linde.

Einkehrmöglichkeiten: In Raggal, Cafe und Keksmanufaktur „Sabine + Xaver“, Pizzeria „Molto Bene“.

Anziehen und Mitnehmen: Gutes Schuhwerk mit Profilsohle, Wanderstöcke, Wasser, Jause.

Start und Ende: Kirche Raggal im Großes Walsertal, Bus Linie 575 Haltestelle „Abzweigung“.

Da es der letzte Wandertipp in dieser Serie sein wird, nehme ich euch mit in meine Heimat. Wie man zu Allerheiligen an die Ahnen gedenkt, zurückblickt, so tun wir es auch. 2012 habe ich schreibend und Gerhard Vylet fotografierend mit den Wandertipps begonnen. Eine aufregende und zugleich sehr schöne Zeit, denn wir durften das Ländle kennenlernen. 555 Wandertipps und zwei Wanderbücher veröffentlichen. Euch, liebe Leser und Leserinnen haben wir mit auf unsere Wanderungen genommen und uns über zahlreiches Feedback gefreut.

So entwickelten wir uns mit der Leserschaft und der Redaktion weiter, herzlichen Dank dafür. Jetzt haben wir eine neue Aufgabe übernommen und geben freudvoll und doch auch ein wenig wehmütig den „Wanderstab“ weiter. Zudem werden unsere Füße auch nicht jünger. So wandert doch heute mit in mein Heimatdorf Raggal und ihr werdet über meinen Schulweg staunen und mir bestätigen, dass die Lasanggabrücke besonders für ein Kind sehr abenteuerlich ist. Es war meine Spiel- und Abenteuerstätte und ein magischer Ort, um Geschichten zu erfinden. Schon als Dreizehnjährige habe ich Touristen zu dieser Sehenswürdigkeit geführt und ihnen von der Taverne, dem Müller-Bürgermeister und dem Armenhaus erzählt. Später führte ich dank der Bücherei Raggal zahlreiche Gruppen zu diesem selten schönen, sagenumwobenen Ort und begann damit auch meine Karriere als Wanderführerin und Geschichtenerzählerin.

Wandertipp-Raggal
Wanderführerin Hertha Glück.

Zur Brücke und zurück

Man startet bei der Dorflinde, nahe der Kirche und der Volksschule, wo ich zur Schule gegangen bin. Nur wenige Schritte nach unten, zweigt rechts beim „Kaugummi Automaten“ ein Sträßchen ab. Dieses bringt einen an einem frisch renovierten Bildstock vorbei hinunter zur Hauptstraße, wo die Lasanggabrücke markiert ist. Zwischen den Häusern durch, hält man sich am Ende der Straße rechts und findet den Wiesenweg entlang des Holzzauns. Wieder auf der Straße erreicht man mit herrlichem Blick übers Walsertal Bargenboden, wo man nach rechts in den Wald gelangt. Nun seid ihr ein langes Stück auf meinem Schulweg gewandelt. Auf der Forststraße geht es nach Wiete. Der schmale Waldweg zum Bach ist stellenweise rutschig. Ins schattige Tobel scheint die Sonne zu dieser Jahreszeit nur kurze Zeit. Dass die kleine holzgedeckte Brücke einst der einzige Verkehrsweg nach Marul und ins hintere Walsertal war, lässt einen von vergangenen Zeiten träumen. In der Brücke wird darüber informiert.

Wandertipp-Raggal
Eine bunte Herbstwanderung.

Um Spenden geworben

Derzeit wird durch den Förderverein Lasanggabrücke um Spenden geworben, damit die Sanierung der denkmalgeschützten Brücke fortgesetzt und sie erhalten werden kann. Der kurze Aufstieg nach Egga eröffnet wieder weite Blicke übers Tal. Anfangs neben der Straße kommt man zur Säge. Ab da übernimmt ein Waldweg zurück nach Wiete. Herrliche Ausblicke kann man ab Bargenboden auf der Straße zurück zum Start genießen.

Wie in einem alten Lied gesungen wird: „Sag beim Abschied leise Servus. Servus ist ein lieber letzter Gruß wenn man Abschied nehmen muss“, sagen auch wir Servus und wünschen allen Wanderfreunden viele schöne Wanderungen in unserer Heimat Vorarlberg und über die Grenzen hinaus.

Rund um die Tour: Die Sage von der Lasanggnabrücke

Wandertipp-Raggal

Vor vielen Jahren lebte bei der Brücke ein Müller. Zu ihm brachten die Bauern in der Früh das Getreide und kehrten meist erst spät abends zurück zur Mühle, wo der Müller auch eine Taverne besaß. Vom Tagwerk müde wurden sie von der Müllerin begrüßt und zum Jassen und feiern eingeladen. „Ich habe kein Geld“, entgegnete manch einer. Da versprach die Müllerin, das Konsumierte aufzuschreiben und der Bauer war überredet.

Es wurde gespielt und verloren, aber beim Aufschreiben nicht so genau auf die Höhe der Schulden geachtet. Diese vermehrten sich manchmal während des Aufschreibens. Am Monatsende kam dann der Müller kassieren. „So viel habe ich nicht getrunken, gegessen und verspielt!“, beteuert der Bauer, aber es wird kassiert, da es ja im dicken Buch steht.

Der Müller wurde reich und nicht nur Bürgermeister, sondern auch Bauer. Die Maruler beschimpfte er zudem arg. Deshalb beschlossen sie eines Nachts, ihn umzubringen. Mit der Wut im Bauch bewaffnet, eilten sie zur Lasanggabrücke, aber der Müller war gewarnt worden. Am Sonntag darauf ging der Müller zur Heiligen Messe und musste inmitten der Messfeier austreten. So ging er in seinen Stall und kam nicht mehr wieder. Nach der Messe wurde er tot in der Jauchegrube gefunden. Der Müller wurde sogleich beerdigt. Am Sonntag darauf lag der Sarg aber wieder über der Erde. Sie gruben tiefer, doch am folgenden Sonntag war es dasselbe. Noch tiefer wurde gegraben. Trotzdem, zum dritten Mal lag der Sarg wieder oben und die Raggaler wussten: „Der ist nicht für die heilige Erde.“ Sie zogen den Sarg auf einem Schlitten zur Kohlegrube nahe der Mühle. Dort soll er noch heute liegen. Das vermaledeite Schulden-Buch blieb verschwunden.

Pflanzenkunde

Wandertipp-Raggal

Der Wiesen-Augentrost (Euphrasia officinalis ssp.rostkoviana) blüht je nach Standort von Mai bis in den Herbst. Seine Größe variiert von fünf bis 25 Zentimeter. Er ist ein Halbparasit und entzieht mit seinen Saugwurzeln den benachbarten Gräsern Mineralien und Nährstoffe. Ab dem 14. Jahrhundert sind medizinische Anwendungen bei Augenleiden, später auch gegen Husten Schnupfen und Magenbeschwerden dokumentiert. Eine Wirksamkeit konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

quellen

Welche Heilpflanze ist das? Kosmos Verlag; raggal.at; Liedtext: Hans Lengsfelder, Siegfried Tisch; Karte: BEV 1224 Ost Bezau.