Wer hoch hinausfliegt, stürzt gerne mal ab

Der Autor Hans Platzgumer legt mit seiner neuesten Veröffentlichung „What Goes Up Must Come Down“, erschienen bei bahoe books, eine kleine Geschichte der Popmusik dar.
Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer prägte einen Begriff, der bei der Konstruktion eines literarischen Dramas nach wie vor Bestand hat: die Fallhöhe. Je sozial und moralisch höher der Status des Helden im fiktiven Werk, desto ergriffener ist der Zuschauer oder die Leserin, wenn diese Person dann scheitert.

Dieses Prinzip lässt sich durchaus auf die Popmusik übertragen. Hans Platzgumer erzählt anekdotisch von Musikern, die aus den höchsten Höhen des Pop unsanft am Boden aufschlagen. Bekanntestes Beispiel ist wohl der von Platzgumer erwähnte Kurt Cobain, mit dem er Ende der 1980er Jahre noch in denselben New Yorker Clubs aufgetreten ist. Über Nacht mit dem Welthit „Smells Like Teen Spirit“ bekannt geworden, warf es den jungen, sensiblen Mann danach vollkommen aus der Bahn. Zweieinhalb Jahre nach dem kometenhaften Aufstieg der Band Nirvana war er tot. Aber nicht nur Erfolg kann im Popbusiness tödlich sein. Der chronisch erfolglose britische Sänger und Gitarrist Nick Drake starb nach seinem dritten Album, das von fast niemandem beachtet wurde, an einer Überdosis Antidepressiva. Erst Ende der 1990er Jahre bekam sein Werk die Beachtung, die es verdient hat. Platzgumer selbst entkommt diesem Schicksal, wie er beschreibt, nur knapp. Er rettet sich vor den „Mountains Of Madness“ (Titel des letzten H.P. Zinker Albums) und landet nach den wilden Jahren in New York und Los Angeles schlussendlich in Deutschland.
Geschickt zeichnet Platzgumer den Aufstieg und Fall der unterschiedlichen musikalischen Strömungen im 20. Und 21. Jahrhundert, erzählt von erhebenden und tragischen Musikerschicksalen und webt ganz nebenbei seine eigene Geschichte als Rockmusiker mit ein, die ebenfalls von einigen Höhen und Tiefen geprägt ist.
Anhand von ausgewählten Musikstücken kann der Leser, die Leserin den Weg mitverfolgen und durch eine Playlist auch mithören. Zwischen Rebellion und kommerzieller Anpassung schlägt das Pendel im ewigen Fluss der Zeit hin und her. Was gestern die Eltern noch verrückt gemacht hat, ist heute schon fast bieder und reaktionär. Was kann Pop, was darf Pop und was hat er zum politischen Weltgeschehen beigetragen? Diesen und anderen Fragen kann man in der kleinen Geschichte der Popmusik nachgehen. Die musikalische Spurensuche wartet mit einigen Überraschungen auf und ist auch für Popmusikkenner:innen kurzweilig und höchst lesenswert.
Daniel Furxer