Raketenwissenschaft: Herausforderungen der Raumfahrttechnologie

Mit der Redewendung „Das ist doch keine Raketenwissenschaft“ meint man, dass etwas leicht zu verstehen und umzusetzen ist. Aber auch die Funktionsweise von Raketen ist in ihren Grundzügen denkbar einfach.
Von Robert Seeberger
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Es soll hier von Raketen für die Fortbewegung im Weltraum rede sein. Die intensive und rasche Entwicklung von Raketen wurde aus militärischen Überlegungen beschleunigt. Die wissenschaftliche Frage ist, wie man Massen von der Erdoberfläche in einen Erdorbit und darüber hinaus heben kann. Aus Raketen wie der V2, die im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, entwickelte Wernher von Braun für die USA die Saturn V – Rakete, die schließlich Menschen zum Mond brachte. Auf sowjetischer Seite galt Sergei Pawlowitsch Koroljow als genialer Gegenspieler im wissenschaftlichen Wettlauf.
Wie Raketen wirklich funktionieren
Wie kann eine Rakete so gut funktionieren, dass sie Menschen in den Weltraum trägt? Das muss extrem kompliziert sein, könnte man meinen und sich resigniert zurückziehen. Diese Einstellung wird durch den Stehsatz für einfach zu verstehende Dinge „Das ist ja keine Raketenwissenschaft“ befeuert.
Ganz normale Intelligenz
Das „British Medical Journal“ veröffentlichte 2021 eine Studie, in der die Intelligenz von 329 Raketenwissenschaftlern, 72 Neurochirurgen und über 18.000 Menschen, die in anderen Bereichen tätig waren, verglichen wurde. Neben der Redewendung „It’s not a rocket science“ ist im englischsprachigen Raum auch der Satz „It’s not brain surgery“ (Das ist keine Hirnchirurgie) mit derselben Absicht verbreitet. Das Ergebnis der Studie ergab bei den meisten getesteten Kategorien ähnliche Resultate für Raketenforscher und Neurochirurgen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung fielen die Experten nicht positiv auf. Es gibt also keinen Grund, Raketenforscher auf ein Podest zu heben.
Zur Fortbewegung ist ein Rückstoßen oder Rückhalten notwendig. Bei Schwimmern sind es die Hand- und Fußbewegungen im Wasser. Zum Gehen stoßen wir uns am Boden ab und bringen uns nach vorne. Beim Fliegen kann es ein Propeller sein, der die Luft nach hinten stößt und das Flugzeug nach vorne bringt. Im Weltall existiert nichts, woran wir uns abstoßen könnten.

Die Raketengleichung erklärt
Ein einfaches physikalisches Prinzip ist die Impulserhaltung. Der Impuls ist das rechnerische Produkt aus Masse und Geschwindigkeit. Wirft man aus einem kleinen, in einem See ruhenden Boot einen Stein in eine Richtung, so bewegt sich das Boot in die entgegengesetzte Richtung. Der Gesamtimpuls bleibt erhalten, die Masse des Steins ist kleiner als jene des Bootes, daher bewegt sich das Boot langsamer als der Stein. Das Produkt aus Masse mal Geschwindigkeit bleibt konstant.
Das ist das einzige Verfahren, das man im Weltraum anwenden kann. Man stößt beim Start mit hoher Geschwindigkeit Verbrennungsgase aus Düsen nach unten. Die Rakete, die eine große Masse hat, bewegt sich mit kleinerer Geschwindigkeit nach oben. Masse einsparen ist bei Raketenprogrammen daher entscheidend. Die Raketengleichung, die schon 1897 aufgestellt wurde, sagt, dass die Geschwindigkeit, die eine Rakete erreichen kann, von der Geschwindigkeit der ausgestoßenen Gase und dem Verhältnis von Anfangs- und Endmasse der Rakete abhängt.
Technische Hürden auf dem Weg ins All
Eine Voraussetzung, um überhaupt die Erde verlassen zu können, ist es eine Geschwindigkeit von 11,2 Kilometer pro Sekunde zu erreichen. Dazu wurden dreistufige Raketen entwickelt. Die Navigation im Weltraum, das Einschwenken in eine Umlaufbahn, das Landen, das Leben in Schwerelosigkeit, die Wirkung von Mikrometeoriten und die kosmische Strahlung sind interessante, aber lösbaren Herausforderungen.
Es gab Rückschläge wie Apollo 13 und die Katastrophen der Space-Shuttles Challenger und Columbia. Noch immer explodieren Raketen kurz nach dem Start. Dennoch ist Raketenwissenschaft kein Buch mit sieben Siegeln.