Tabuthema Tod: So denken Vorarlberger über den letzten Weg

Kurz vor Allerheiligen rückt die Endlichkeit stärker ins Bewusstsein. Eine aktuelle Helvetia-Studie zeigt: Über den Tod wird in Vorarlberg zwar mehr gesprochen als anderswo, doch echte Offenheit bleibt selten.
Mit dem Tod beschäftigt sich kaum jemand gerne, und doch gehört er zum Leben. In einer repräsentativen Studie der Helvetia Versicherungen zeigt sich: Zwei Drittel der Österreicher meiden das Thema Tod, und in Vorarlberg ist das kaum anders. Dabei wird das Nachdenken über das eigene Ende oft aufgeschoben, obwohl es viele Fragen gibt – vom Begräbnis über die Kosten bis hin zur Vorsorge.
Wunsch nach mehr Offenheit
62 Prozent der Vorarlberger wünschen sich, dass offener über den Tod gesprochen wird. Das ist mehr als im Österreichschnitt, wo 59 Prozent für mehr Offenheit plädieren. Trotzdem vermeiden viele das Gespräch über die eigene Endlichkeit, weil es unbequem, emotional und weit weg vom Alltag erscheint. Wer einmal versucht hat, in der Familie über Wünsche zur Bestattung zu sprechen, weiß, wie rasch das Thema gewechselt wird. „Sich mit dem Ende des Lebens auseinanderzusetzen, schützt die Hinterbliebenen“, sagt Helvetia-Vorstand Werner Panhauser. „Doch die Ergebnisse zeigen, dass noch immer große Unsicherheit herrscht, was Vorsorge und Bestattung betrifft.“ Viele scheuen den Aufwand, andere glauben, sie hätten noch genug Zeit. In Wahrheit aber kann eine rechtzeitige Entscheidung Angehörige im Ernstfall entlasten, finanziell und emotional.
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Naturbestattung statt Friedhof
Wie sich Menschen ihren letzten Weg vorstellen, verändert sich deutlich. 30 Prozent der Vorarlberger wünschen sich eine Baum- oder Naturbestattung. Damit liegt das Land klar über dem österreichweiten Durchschnitt von 18 Prozent. Die klassische Erdbestattung verliert dagegen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig wünschen sich 58 Prozent, dass ihr Begräbnis kein trauriger Abschied, sondern ein fröhliches Fest des Lebens wird. Ein Trend, der in vielen europäischen Ländern bereits stärker verankert ist, in Vorarlberg aber gerade erst beginnt. Der Gedanke an den Tod bleibt für viele dennoch schwer greifbar. 65 Prozent sagen, dass ihnen ein würdevoller Abschied besonders wichtig ist. Doch 67 Prozent haben noch gar nicht geregelt, wie dieser aussehen soll. Weder Ort, Musik noch Form der Feier sind festgelegt. Das zeigt, wie stark das Thema noch verdrängt wird.

Kostenfaktor: Begräbnis
Was der Tod kostet, wissen die wenigsten genau. In Vorarlberg rechnen nur 10 Prozent mit einem Begräbnis unter 4000 Euro. Die Mehrheit, 43 Prozent, schätzt die Kosten auf 4000 bis 6000 Euro, fast ein Fünftel sogar auf über 8000 Euro. Österreichweit liegen diese Werte deutlich niedriger.
Trotz der hohen Erwartungen haben 40 Prozent der Vorarlberger noch keine finanzielle Vorsorge getroffen. 63 Prozent planen, das Begräbnis aus eigenen Ersparnissen zu bezahlen. Das kann jedoch problematisch sein, weil Konten nach einem Todesfall oft gesperrt sind. Dann müssen die Angehörigen die Kosten zunächst selbst übernehmen. „Viele unterschätzen, wie rasch finanzielle Verpflichtungen entstehen können“, erklärt Panhauser. „Eine Vorsorgelösung entlastet die Familie und gibt Sicherheit.“

„Viele unterschätzen, wie rasch finanzielle Verpflichtungen entstehen können – eine rechtzeitige Vorsorge entlastet die Familie und gibt Sicherheit.“
Werner Panhauser, Vorstand Helvetia Versicherungen
Angst vor dem Tod
Warum viele keine Vorsorge treffen, hat oft mit Angst zu tun. Ein Drittel der Befragten, 32 Prozent, hat Angst vor dem Gedanken an den eigenen Tod. Bei Frauen ist diese Angst deutlich stärker: 42 Prozent geben an, sich davor zu fürchten, bei Männern sind es 24 Prozent. Besonders groß ist die Angst bei den 25- bis 34-Jährigen, wo sich jeder Zweite vor dem Tod fürchtet.
Fast die Hälfte, 42 Prozent, vermeidet es bewusst, über das eigene Begräbnis nachzudenken. Frauen tun das häufiger als Männer, 51 gegenüber 37 Prozent. Nur 39 Prozent der Frauen legen Geld für den Todesfall zurück, bei den Männern sind es 51 Prozent. Auch bei Begräbniskostenversicherungen zeigt sich ein Unterschied: 28 Prozent der Männer haben eine abgeschlossen, aber nur 17 Prozent der Frauen.
Wandel im Denken
Während der Wunsch nach Individualität steigt, bleibt die Umsetzung aus. Die Studie zeigt, dass sich immer mehr Menschen alternative Formen der Bestattung wünschen, aber kaum jemand aktiv vorsorgt. Besonders auffällig: Jüngere sprechen zwar offener über das Thema, schieben konkrete Entscheidungen aber auf später.
Die älteren Generationen wiederum reden kaum darüber. Nur 18 Prozent der über 66-Jährigen sprechen laut der Studie regelmäßig über den Tod. Psychologen sehen darin ein kulturelles Muster, das Verdrängen des Unausweichlichen. Doch genau diese Sprachlosigkeit kann im Ernstfall zu Belastungen für Angehörige führen, emotional wie finanziell. In Vorarlberg geben viele an, dass ihnen der persönliche Charakter wichtiger ist als die Form der Zeremonie. 65 Prozent wünschen sich einen würdevollen Abschied, unabhängig davon, ob dieser am Friedhof, im Wald oder auf einem Berg stattfindet. All das zeigt: Der Tod wird nicht mehr nur als Ende gesehen, sondern zunehmend als Teil des Lebens. Offen darüber zu sprechen, bleibt jedoch der schwierigste Schritt.