Spendenrückgang wegen Verwechslung: Gmeiner-Vorwürfe treffen auch Vorarlberger Kinderdorf

Obwohl die Institution nichts mit dem SOS-Kinderdorf zu tun hat, bekommt sie die Konsequenzen der Missbrauchsvorwürfe zu spüren.
Die Vorwürfe gegen den 1986 verstorbenen SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner machten am Donnerstag österreichweit Schlagzeilen: Der Alberschwendner steht im Verdacht, an zumindest acht minderjährigen Burschen „sexuelle Gewalt und Misshandlungen“ ausgeübt zu haben, wie die Organisation der APA bestätigte.
![ABD0031_20251023 – WIEN –
STERREICH: ++ ARCHIVBILD ++ ZU APA0077 VOM 23.10.2025 – Gegen den 1986 verstorbenen Grnder der SOS-Kinderdrfer, Hermann Gmeiner, gibt es schwere Missbrauchsvorwrfe. Wie die Organisation der APA sagte, steht der Grnder im Verdacht, an zumindest acht minderjhrigen Burschen “sexuelle Gewalt und Misshandlungen” ausgebt zu haben. Im Bild: Undatiertes Archivbild von Hermann […]](/2025/10/ABD0031-20251023-1-768x1183.jpg)
Die Übergriffe, die zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren stattgefunden haben sollen, wurden in den Jahren 2013 bis 2023 über Opferschutzverfahren gemeldet. Die acht Betroffenen wurden mit bis zu 25.000 Euro entschädigt, zudem wurden ihnen Therapieeinheiten bezahlt. Das SOS-Kinderdorf kündigte gegenüber der APA eine rigorose Aufklärung der Vergangenheit und eine komplette Neuaufstellung der Organisation an. Die regionale Sprecherin des SOS-Kinderdorfs für Vorarlberg war am Donnerstagnachmittag nicht erreichbar, ihr Anrufbeantworter verwies an eine bundesweite Sprecherin.
Ähnliche Namen, unterschiedliche Institutionen
Das Vorarlberger Kinderdorf ist ebenfalls in der Kinder- und Jugendhilfe tätig. 1951 durch Kaplan Hugo Kleinbrod gegründet, hat es sich unabhängig vom parallel durch Hermann Gmeiner geschaffenen SOS-Kinderdorf entwickelt. Aufgrund der Namensähnlichkeit werden die Institutionen jedoch häufig verwechselt.
Geschäftsführer Simon Burtscher-Mathis reagiert auf NEUE-Anfrage zu den Vorwürfen gegen Gmeiner “zuallererst natürlich mit Betroffenheit über diese so schwerwiegenden massiven Misshandlungsvorwürfe, die jetzt ans Licht kommen, und mit sehr viel Mitgefühl für die Opfer, die eigentlich Schutz und Zuwendung erfahren sollten und genau das Gegenteil erlebt haben.” Gleichzeitig sei es wichtig zu betonen: “Das Vorarlberger Kinderdorf und das SOS-Kinderdorf haben nichts miteinander zu tun. Das Vorarlberger Kinderdorf wurde durch Hugo Kleinbrod gegründet, hat sich völlig eigenständig entwickelt und ist als Kinderschutzeinrichtung ausschließlich in Vorarlberg tätig.”

Dennoch gehen die inzwischen zahlreichen Vorwürfe rund um mutmaßlichen Missbrauch in mehreren SOS-Kinderdörfer nicht spurlos am Vorarlberger Kinderdorf vorbei. “Sie schweben wie eine große graue Wolke über uns. Es ist leider so, dass wir immer wieder verwechselt werden und nach wie vor viele Menschen nicht wissen, dass das Vorarlberger Kinderdorf kein SOS-Kinderdorf ist”, so Burtscher-Mathis. Die Folgen der Verwechslung sind drastisch: “Leider haben uns schon Spender und Sponsoren ihre Unterstützung aufgrund der Vorwürfe abgesagt. Wir müssen mit weiteren Rückgängen der Spendeneinnahmen rechnen, was uns natürlich sehr hart trifft.”
Zum Thema Schutz vor Missbrauch sagt der Geschäftsführer: “Gerade im Bereich der stationären Betreuung von Kindern und der Betreuung von Kindern in Pflegefamilien gilt es, besonderes Augenmerk auf Kinderschutzstandards zu legen, deren Qualität wir laufend überprüfen und weiterentwickeln. Es ist uns auch ein Anliegen, Kinder und Jugendliche zum Beispiel durch Kinderteams oder regelmäßige Befragungen zu beteiligen, ihre Stimme zu hören und sie zu stärken und zu ermutigen – damit sie sich trauen, etwas zu sagen, wenn sie Übergriffe oder Gewalt erleben.”
Gmeiner trägt Ehrenzeichen nicht mehr
Hermann Gmeiner erhielt zeitlebens 146 Auszeichnungen, darunter auch das Goldenen Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg, das ihm 1974 verliehen wurde. Die NEUE fragte beim Land Vorarlberg an, wie das Land mit den Vorwürfen umgeht und ob eine Aberkennung des Ehrenzeichens angedacht ist. Die Landespressestelle antwortete: “Der Status als Ehrenzeichenträger erlischt mit dem Tod. Hermann Gmeiner ist daher nicht mehr Träger dieser Auszeichnung.”
Ergänzung 23.10.2025, 18:22 Uhr: letzter Absatz hinzugefügt.
(NEUE Vorarlberger Tageszeitung)