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Evangeliumkommentar: Was für ein König?

22.11.2025 • 10:00 Uhr
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Wilfried Blum

In unseren wöchentlichen Evangelienkommentaren geben Geistliche, Religionslehrerinnen, Theologinnen und andere ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium weiter. Heute mit Wilfried M. Blum, Caritas-Seelsorger.

Sonntagsevangelium

In jener Zeit stand das Volk dabei und schaute zu; die führenden Männer des Volkes verlachten Jesus und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte. Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst! Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden. Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Lukas 23,35-43

Was für ein König?

Heute ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Er heißt Christkönigsonntag und wurde vor genau 100 Jahren eingeführt. In schwierigen politischen Zeiten nach dem 1. Weltkrieg sollte das ewige Königtum Christi gefeiert werden, sozusagen als „frommer Fels“ in stürmischen Zeiten. Nach 100 Jahren sind die Zeiten auch nicht viel anders, Krisen um Krisen, Kriege an vielen Fronten und Katastrophen. So manche Königshäuser zeigen sich nicht als moralische Vorbilder, sondern glänzen durch Skandale und Verwerfungen – rund um den Globus. In Amerika „krönt“ sich einer selbst zum König. Mit immer autokratischeren Machenschaften zum eigenen Nutzen übt er „sein Königsamt“ aus. Wen wundert es, wenn z. B. die „NO KING“-Bewegung als Protest dagegen Zulauf bekommt. Gottseidank!

Wie von „einem anderen Stern“ wird im Evangelium ein Königsbild entworfen. Es ist schräg und doch aktuell. Jesus passt in kein übliches Schema. Darum hängt er am Kreuz: JNRJ – Jesus von Nazareth, König der Juden. Unschuldig und ungerecht verurteilt, in all seiner Würde verletzt und dem Spott der Leute ausgeliefert. Das ist das „Ergebnis“ seines Lebensweges in Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Gott allein ist (noch) sein letzter Halt. Was kann das bedeuten? Jesu Leben ist für mich eine einzige Solidarität mit den Menschen, vor allem aber mit den Kleinen und Armen. Darum ist Gott Mensch geworden, nicht nur schöne Worte, sondern durch ein authentisches Leben. Diese radikale Botschaft kennt nur der christliche Glaube und findet sich in keinen anderen Gottesbildern. Ein gekreuzigter Gott – unvorstellbar! Dann noch verlacht und verspottet werden: „Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen…“ Mehr als ein Skandal!

Jesus am Kreuz bringt in trister Situation eine Botschaft der Hoffnung. Einer der beiden Mitgekreuzigten schlägt sich auf die Seite Jesu. Obwohl er selbst wie Jesus in tragischer Lage ist, entdeckt er durch ihn seine eigene Würde neu. Der eine kommt mit sich nicht zu Rande, ist spürbar verbittert und verhöhnt die anderen. Dem anderen ist es geschenkt, von Jesus eine hoffnungsvolle Zusage zu hören. „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“. Selbst in diesem Stunden des Todeskampfes solidarisiert sich Jesus noch. Trostvoll!

Jesus passt in kein übliches Schema. Deshalb bleibt er stets aktuell. Er fordert heraus und verunsichert. Er nimmt uns in seine Lebens- und Glaubensschule mit. Sie schützt davor, falschen Königen dieser Welt auf den Leim zu gehen. Da bleibt für mich ein Wort des großen Theologen Karl Rahner SJ bedeutsam: »Gott sei Dank gibt es nicht, was 60 bis 80 Prozent der Zeitgenossen sich unter Gott vorstellen.« Wir gehören zu den 40 bis 20 Prozent, wenn wir uns durch die biblischen Texte unser Gottesbild mit Blick auf Christkönig korrigieren lassen.

Wilfried Blum
Wilfried M. Blum ist Seelsorger bei der Caritas. NEUE